Seit Corona fühlen sich mehr Menschen einsam: das Risiko wächst, je geringer das Einkommen ist – laut einer DIW-Studie

 - Copyright: Westend / Getty Images
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Die Zahl der Menschen, die sich einsam fühlen, hat in Deutschland mit der Corona-Pandemie deutlich zugenommen. Bei der Einsamkeit gibt es große Unterschiede nach den Einkommen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

Im Jahr 2017 gaben rund 14 Prozent der Menschen in Deutschland an, manchmal oder häufiger einsam zu sein. Dann veränderte die Corona-Pandemie mit ihren Einschränkungen das soziale Leben. Die Folgen blieben. In den Monaten nach dem Ende der Pandemie lag der Anteil der einsamen Menschen mit 19 Prozent auf einem erhöhten Niveau.

Der Studie des DIW liegt eine Befragung von rund 15 000 Haushalten zwischen Mai 2021 und Februar 2022 zugrunde. „Der starke Anstieg an einsamen Menschen ist zwar sicherlich noch den Nachwirkungen der strikten Kontaktbeschränkungen geschuldet, aber dennoch besorgniserregend", sagte DIW-Ökonomin Theresa Entringer. „Einsamkeit ist die Ursache für viele Krankheiten und psychische Leiden.“ Sie erstellte die Studie gemeinsam mit Barbara Stacherl und Linda Kumrow. Einsamkeit müsse „Ziel muss analog zu Stress als ein Gesundheitsrisiko wahrgenommen werden.

Einsamkeit: Das Einkommen beeinflusst das Risiko

Die Ökonominnen suchten auch nach besonderen Risikofaktoren, sich einsam zu fühlen. Sie fanden einen deutlichen Zusammenhang zwischen Einsamkeit und Einkommen. „Die Analysen zeigen, dass vor allem Personen mit einem Einkommen unterhalb des Medians von Einsamkeit betroffen sind“, schrieb das DIW. Das Medianeinkommen ist das Einkommen, das genau in der Mitte aller Einkommen liegt. Besonders stark seien dabei Männer mit Migrationshintergrund und geringem Einkommen betroffen.

Für Einsamkeit spielten neben persönlichen Merkmalen auch soziale und wirtschaftliche Merkmale eine Rolle. „Einsamkeit kann jeden treffen“, sagt Barbara Stacherl. „Um Einsamkeit effektiv zu bekämpfen, bedarf es eines umfassenden Ansatzes, der das Gesundheitsrisiko von Einsamkeit verdeutlicht und zur Entstigmatisierung des Themas beiträgt.“ Aufklärung sei genauso wichtig wie gezielte Ansprache von Risikogruppen, insbesondere Menschen mit geringen Einkommen und Migrationshintergrund. Helfen würden Angebote für Risiko-Zielgruppen. Die Gefahren der Einsamkeit sollten bei politischen Entscheidungen berücksichtit werdenn, die die Teilhabe am sozialen Leben betreffen

Die Forscherinnen unterschieden drei verschiedenen Facetten der Einsamkeit: Alleinsein, soziale Isolation und Ausgeschlossenheit. Daraus errechneten sie einen Einsamkeitsindex. Am weitesten verbreitet ist das Gefühl, allein zu sein. Mehr als die Hälfte der in Deutschland lebenden Menschen gab dies für sich an (56 Prozent). Weniger verbreitet waren dagegen Gefühle von Ausgeschlossenheit (28 prozent) oder sozialer Isolation (20 Prozent).

Bei dem gesamten Empfinden von Einsamkeit gebe „entgegen früherer Studien kein Ost-West-Gefälle mehr“. Das Gefühl der Einsamkeit sei aktuell regional ähnlich verteilt. Dabei gebe es aber Unterschiede in der Facette des Alleinseins. Im Westen und Süden Deutschlands komme dies häufiger vor als im Osten“, sagte Co-Autorin Barbara Stacherl.