Ich bin Flugbegleiterin für eine große Airline – diese Art Passagiere sind für mich am nervigsten

Symbolbild: Ihren Job als Flugbegleiterin liebt Helene Brunn, weil sie unterwegs viele Menschen und Kulturen kennenlernt. An Bord muss sie aber auch regelmäßig Konflikte zwischen Passagieren bewältigen. Brunn ist nicht auf diesem Bild abgebildet.  - Copyright: Getty | Mongkol Chuewong
Symbolbild: Ihren Job als Flugbegleiterin liebt Helene Brunn, weil sie unterwegs viele Menschen und Kulturen kennenlernt. An Bord muss sie aber auch regelmäßig Konflikte zwischen Passagieren bewältigen. Brunn ist nicht auf diesem Bild abgebildet. - Copyright: Getty | Mongkol Chuewong

Sie drängeln, schimpfen oder steigen im Vollrausch ins Flugzeug: Die schlimmsten Passagiere offenbaren sich zumeist schon im Boarding-Prozess, bevor ihr Flieger überhaupt abhebt.

„Es gibt immer spezielle Personen, die sich an keine Regeln halten möchten“, berichtet Helene Brunn* im Interview mit Business Insider. Die Mittzwanzigerin arbeitet seit sechs Jahren als Flugbegleiterin für eine große Airline. „Das ist natürlich ein No-Go“, sagt sie.

Denn Unruhestiftende fallen nicht nur anderen Reisenden auf die Nerven. Sie stellen auch das Bordpersonal vor erhebliche Probleme. Flugbegleitende verantworten immerhin die Sicherheit in der Kabine. Wenn sie sich nebenbei noch um Rüpel an Bord kümmern müssen, stört das ihren festen Arbeitsablauf. „Sobald viele Menschen an einem Ort versammelt sind, müssen alle mitziehen“, so Brunn.

Bei Konflikten setzt sie auf Lösungen, die alle Beteiligten zufrieden stellen. „Zum Glück hält die Crew gut zusammen, und wir können solche Situationen oft gemeinsam regeln.“

Immer wieder bewältigen Brunn und ihr Team dieselben Stress-Momente – und wissen daher stets genau, was zu tun ist.

Fluggäste betteln um Alkohol

Für Gäste mit Flugangst hält Brunn Schokolade und Gummibärchen als Nervennahrung bereit. Gerade bei Langstreckenflügen greifen Passagiere gegen die Anspannung aber auch gerne zum Alkohol. Kein Problem für Brunn, solange sie ihre Drinks in Maßen leeren. Oft aber schauen Passagiere schon im Wartebereich des Flugsteigs zu tief ins Glas, werden später an Bord aggressiv und halten sich nicht mehr an Regeln wie die Anschnallpflicht. „Das ist ein wichtiger Sicherheitsaspekt, sowohl für die anderen Passagiere als auch für sie selbst“, so Brunn. „Sie können sich verletzen, besonders wenn bei der Landung plötzlich starke Turbulenzen auftreten.“

Darum verbietet Brunns Airline in der Kabine den Konsum von Bier, Wein oder Hochprozentigem aus dem Duty-Free-Shop. Nur die Flugbegleitenden schenken an Bord aus – und können so besser einschätzen, wer genug hatte. Manche Passagiere beharren allerdings sehr hartnäckig auf ihre Getränke, wenn sie betrunken sind. „Ich habe oft erlebt, wie sie jeden einzelnen unserer Flugbegleitenden an Bord um Alkohol angefleht haben“, erzählt Brunn. Die Crew reagiert darauf abgestimmt und streicht den Alkohol kurzerhand für diese Passagiere.

Streithähne im engen Flieger

Ein großes Potenzial für Konflikte birgt zusätzlich die enge Flugzeugkabine, in der sich Menschen eng aneinander zwängen. Brunn hat als Flugbegleiterin schon viele Kämpfe um die Armlehne oder die Beinfreiheit geschlichtet.

Als oberstes Gebot gilt daher bei vollen Fliegern: Rücksicht nehmen und tief durchatmen, bevor der Streit eskaliert. „Es ist wichtig, ein wenig Mitgefühl zu zeigen und zu erkennen, dass die anderen Passagiere nicht schuld an der Situation sind“, so Brunn. „Jeder sollte versuchen, das Beste aus der Situation zu machen und den Frust nicht an anderen auszulassen.“

Reisende tragen zu viel Handgepäck an Bord – und verzögern damit den Start

Die Stimmung an Bord steht und fällt auch mit der Menge an Handgepäck, die Reisende mitführen. „Der Stauraum im Flugzeug ist sehr begrenzt“, sagt Brunn. „Wenn wir lange mit den Passagieren diskutieren müssen, weil sie ihre Koffer oder Taschen nicht unter den Sitzen verstauen wollen, ist das anstrengend – insbesondere, wenn wir dadurch eine Verspätung ansammeln.“

Das kostet Zeit, sowohl für die Flugbegleitenden als auch für alle Reisenden. Solange nicht alle persönlichen Gegenstände sicher verstaut und die Notausgänge freigeräumt sind, kann der Flieger nicht starten. Nehmen Einzelne zu viel Raum in Beschlag, stehen sie laut Brunn vor zwei Alternativen: „Entweder das Gepäck wird ausgeladen oder – im schlimmsten Fall – die Person entscheidet sich, auszusteigen.“

Vor dem Flug lohnt sich daher ein Blick in die Handgepäcksregeln auf der Airline-Website. Was zu groß ist, geben Passagiere vorab am Check-In-Schalter auf.

Passagiere beleidigen Flug-Kollegen: „Sie haben nie etwas Ordentliches gelernt“

Regelmäßig ist Brunn mit einem großen Missverständnis konfrontiert: „Ich höre oft von Kolleginnen und Kollegen, dass Passagiere ihnen an den Kopf werfen, als Flugbegleitende haben sie nie etwas Ordentliches gelernt.“

Eine solche Herabschätzung ihrer Arbeit trifft sie: „Diese Aussagen kommen von Menschen, die keinen Einblick haben, was Flugbegleitende wirklich auszeichnet.“ Denn während ihrer drei- bis viermonatigen Ausbildung lernte Brunn etwa, in Notsituationen einen kühlen Kopf zu bewahren, erste Hilfe zu leisten, notfalls das gesamte Flugzeug zu evakuieren und sogar, sich selbst zu verteidigen. Die Vorurteile machen sie traurig: „Manche Menschen verstehen einfach nicht, dass wir diesen Beruf lieben, weil er im Vergleich zu vielen anderen Jobs sehr abwechslungsreich und schön ist.“

Trotz des Ärgers, der sich hin und wieder einstellt, liebt Brunn ihren Job und die enge Arbeit mit den Fluggästen an Bord. „Man begegnet vielen unterschiedlichen Personen und lernt dabei allein schon auf kultureller Ebene viel. Sowohl mit Passagieren als auch mit Kolleginnen und Kollegen habe ich schon unglaublich schöne zwischenmenschliche Momente erlebt.“ Ihre Begeisterung für den Beruf bleibt ungebrochen.

*Aus Gründen der Privatsphäre haben wir den Namen unserer Protagonistin geändert. Business Insider kennt ihren Klarnamen und die Airline, für die sie arbeitet.