Sparkassen erteilen Bitcoin eine Absage - ‘Schneeballsystem’

(Bloomberg) -- Der Präsident des Sparkassenverbands Bayern spricht sich dagegen aus, den Kauf von Bitcoin aktiv übers Girokonto anzubieten. Viel hält Ulrich Reuter dagegen von den jüngsten Bestrebungen der Landesbanken, Teile ihrer Geschäfte zu bündeln. Das sei ein guter Zwischenschritt hin zu einem Zentralinstitut, auch wenn es zu diesem keine expliziten Gespräche gebe.

„Kryptowährungen sind keine Geldanlagen, die die Sparkassen ihren Kunden anbieten wollen. Wir wollen das nicht über unsere Beratung oder mittels eines aktiven Angebots im Online-Girokonto zu unseren Kunden bringen”, erklärte Reuter in in einem Interview mit Bloomberg News. Er reagierte damit auch auf Medienberichte, denen zufolge es im deutschen Sparkassen-Sektor gerade Überlegungen zu einem solchen Angebot geben soll.

Laut Reuter will die ganz überwiegende Zahl der Sparkassen zum Schutz der eigenen Kunden keine Bitcoin oder ähnliches anbieten. „Kryptowährungen sind hochspekulativ und erinnern eher an ein Schneeballsystem”, sagte er. Er sehe das nicht im Massengeschäft der Sparkassen.

Gleichwohl räumte Reuter ein, dass die Sparkassen die aktuellen Entwicklungen im Krypto-Bereich sehr genau beobachten. Dabei gehe es allerdings weniger um Kryptowährungen an sich als viel mehr um die Technologie, die dahinter stehe. Als Beispiel nannte Reuter die Blockchain, die ja bereits für digitale Schuldscheine genutzt werde.

Der ehemalige Landrat führt einen der mächtigsten Sparkassenverbände in Deutschland. Angeschlossen sind 63 Institute mit einer Bilanzsumme von 240 Milliarden Euro und 36.000 Mitarbeitern. Der Verband hält unter anderem Anteile an der BayernLB und an der DekaBank.

Zentralinstitut ‘nicht ad acta’

Bedarf sieht Reuter indes für ein Sparkassen-Zentralinstitut. “Die Pläne dafür haben die Sparkassen nicht ad acta gelegt”, sagte er. „Wenn Sparkassen-Vorstände aufeinandertreffen, wird immer über das Thema gesprochen. Es gibt aber keine systematische, explizite Initiative bei den Sparkassen, jetzt konkret an der Schaffung eines Zentralinstituts zu arbeiten.”

Reuter zufolge gebe es zwar Handlungsbedarf, aber keinen dringenden. Das sei nichts, was die Gruppe von heute auf morgen umsetzen müsse.

Derzeit machen sich Landesbanken und DekaBank teilweise Konkurrenz. Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, hat deshalb lange für Konsolidierung unter den Spitzeninstituten geworben. Erste Gespräche zwischen Helaba und Deka waren jedoch im Sande verlaufen.

Auch wenn der ganz große Sprung zunächst also nicht gelungen ist, haben die Landesbanken damit begonnen, einzelne Geschäftsbereiche zu bündeln. So übernahm etwa die LBBW das Zins-, Währungs- und Rohstoffmanagement für Sparkassen von der BayernLB, der Halaba und der Ex-HSH Nordbank. “Es ist gut, wenn wir Wettbewerb innerhalb der Gruppe reduzieren. Ich kann mir weitere Vereinbarungen in diese Richtung vorstellen”, sagte Reuter.

Zudem unterstützt er den geplanten Verkauf der Berlin Hyp, die derzeit noch ganz den Sparkassen gehört, an die LBBW. Die Sparkassen hätten sich auch für diese Lösung entschieden, weil sie am einfachsten umzusetzen gewesen sei. Helaba und DekaBank waren ebenfalls als Käufer im Rennen gewesen.

Dass die zur BayernLB gehörende Direktbank DKB bald auf den Markt kommt, glaubt Reuter eher nicht. „Der Verkauf der DKB steht aus Sicht der bayerischen Sparkassen nicht auf der Prioritätenliste. In den nächsten zwei oder drei Jahren sehe ich keinen Verkauf der DKB”, erklärte er. Bloomberg News hatte erfahren, dass die BayernLB Optionen für die DKB prüft.

Aktion gegen Finanzinvestoren

In seinem Bloomberg-Interview äußerte sich Reuter auch noch zu einer Reihe weiterer Themen. Hier sind die wichtigsten Aussagen:

  • SCHUFA: “Die bayerischen Sparkassen unterstützen Bestrebungen von Sparkassen und Genossenschaftsbanken, sich die Mehrheit an der Schufa zu sichern und sie nicht in die Hände von Finanzinvestoren fallen zu lassen. Es geht um sensible Kundendaten, die nicht zweckentfremdet werden sollten. Die bayerischen Sparkassen sind bereit, sich an einer Aufstockung der Anteile durch Sparkassen finanziell zu beteiligen.”

  • EUROPEAN PAYMENT INITIATIVE (EPI): “Die Sparkassen stehen aus Überzeugung zu diesem Projekt. Wir brauchen ein europäisches Bezahlsystem. Das Projekt kann nach wie vor gelingen. Ich appelliere an den Genossenschaftssektor, sich zu beteiligen.”

  • UMBAU DER INSTITUTSSICHERUNG: “Bisher hat es kein negatives Feedback zu dem gegeben, was die Sparkassen der Bafin und der EZB vorgeschlagen haben. Die Detail-Arbeit beginnt aber erst noch. Die Gespräche laufen.”

  • ANHEBUNG DER KAPITALPUFFER: “Die Entscheidung kam überraschend. Das schlägt durch. Eine mittelgroße Sparkasse muss mit jährlichen Extra-Belastungen im Kapitalbedarf von 10 bis 15 Millionen Euro rechnen. Es ist schon beachtlich, dass wir in Deutschland dringend Wohnraum benötigen und dass ausgerechnet hier die Aufsicht bremst. Ich hoffe wirklich, dass die Bafin hier auf das Feedback der Branche hören wird und hier keine Pro Forma-Anhörung läuft.”

  • BGH-GEBÜHRENURTEIL: “Die deutschen Sparkassen haben inzwischen von über 50% der Kunden eine Zustimmung zu den AGBs erhalten. Ich gehe davon aus, dass wir das in den nächsten Monaten abschließen werden. Wenn ein Kunde den AGBs nicht zustimmt, dann fehlt die vertragliche Grundlage für das Verhältnis von Kunde und Sparkasse. In letzter Konsequenz muss das Verhältnis beendet werden. Das ist ein unerwünschtes, aber nicht auszuschließendes Ergebnis.”

  • FILIALSCHIESSUNGEN: “Der Trend der Filialschließungen dürfte sich in den nächsten Jahren fortsetzen, wenn auch nicht mehr ganz so stark wie in den vergangenen zehn Jahren.”

(Neu: Filialschließungen im letzten Aufzählpunkt)

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