Studie: Sexuelle Belästigung ein vorherrschendes Problem in der Musikbranche

Zwei neue Studien zeichnen ein düsteres Bild von der Musikindustrie. Vor allem für Frauen hat sich die Situation in den vergangenen Jahren kaum verbessert, und sexuelle Belästigung bleibt ein großes Problem in der Branche.

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Für Frauen in der Musikbranche hat sich die Situation in den vergangenen Jahren kaum verbessert (Symbolbild: Getty Images)

Zunächst hatte sich die University of Southern California mit der Entwicklung der Musikbranche befasst und in ihrer Studie im Rahmen der Annenberg Inclusion Initiative festgestellt, dass sich die Situation für Frauen in den vergangenen neun Jahren so gut wie gar nicht verbessert hat.

Ein Armutszeugnis in einer Zeit, in der im Fahrtwind der Metoo-Bewegung vielerorts nach mehr Inklusion und Schutz vor sexuellen Übergriffen gestrebt wird. Doch warum hat sich ausgerechnet in der Musikbranche nichts gebessert? Dieser Frage ging eine weitere Studie des Marktforschungsunternehmens Midia in Zusammenarbeit mit dem Musikvertreiber Tunecore auf den Grund.

Sexuelle Belästigung, Vorurteile und fehlende Anerkennung gehören zum Beruf

401 Künstlerinnen weltweit wurden hierfür befragt. Der "mit Abstand meistzitierte Punkt" sei demnach sexuelle Belästigung oder Objektifizierung, die zwei Drittel der Befragten als großes Problem identifizierten. Der am Donnerstag auf der Website von Tunecore veröffentlichten Studie zufolge ist diese Sexualisierung von weiblichen Musikern "eine Folge (oder ein Symptom) von unausgewogenen Machtverhältnissen". Sie steht im direkten Zusammenhang mit Altersdiskriminierung (von 38 Prozent der Befragten erwähnt), einem unzureichenden Zugang zu den Hilfsmitteln, die männlichen Kollegen zur Verfügung stehen (36 Prozent) und geringerer Bezahlung (27 Prozent).

Studie belegt: Fast jede deutsche Frau erlebte bereits sexuelle Belästigung

Als weiteres Kernproblem identifizierte die Studie die Tatsache, dass "geschlechtsbezogene Erwartungen Anerkennung und Belohnung in der Musikbranche verzerrt hätten". Insgesamt gaben 81 Prozent der Frauen an, dass es für sie schwerer sei, anerkannt zu werden, als für männliche Künstler. Fast alle Befragten (90 Prozent) seien im beruflichen Umfeld schon einmal Vorurteile entgegengebracht worden.

Was könnte die Lösung sein?

Diese Herausforderungen seien "symptomatisch für tiefgreifende, systembedingte Vorherrschaft von Männern, die Einstellung und Verhalten der Industrie durchdringen" würden. Dass gerade junge Frauen priorisiert würden zeige einerseits die Besessenheit der Branche mit Jugend, andererseits das Bestreben, Frauen erfolgreich sein zu lassen, bevor sie vermeintlich in der Mutterrolle verschwinden.

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Eine Lösung müsste aus dem Kern der Branche und von Entscheidungsträgern kommen, wie die Befragten angaben, und zwar durch ein Streben nach "Vielfalt, Richtlinien und einer neuen Kultur". Auch ein Mentorenprogramm von Frauen für Frauen wünschen sich viele (35 Prozent).

"Wir haben immer noch einen weiten Weg vor uns, bis es keinen Anlass mehr für einen Bericht wie diesen gibt", heißt es in der Einleitung der Studienergebnisse. "Es gibt viele unglaublich talentierte Menschen in der Branche, die vielfältige Herkünfte haben und dennoch weiterhin in der Unterzahl sind."

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