Tatort: Improvisationstheater und pfälzische Zombies

Der erste vollkommen improvisierte Tatort gleicht einem Trauerspiel. Wenigstens gibt es Zombies.

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Drama geht ja eigentlich so: Exposition – steigende Handlung – Höhepunkt – fallende Handlung – Katastrophe. Graphisch sieht das aus wie ein Alpengipfel im Abendlicht. Die Handlungskurve des Ludwigshafener Tatort erinnerte eher an Strandurlaub: horizontal. Keine Handlung, keine Spannung, kaum kluge Dialoge. Fast wirkte es, als hätte der neue Tatort-Regisseur Axel Ranisch (Alki Alki) das Drehbuch weggelassen. Das lag daran, dass Ranisch das Drehbuch weggelassen hat.

Improtheater im Ersten

Lena Odenthal erscheint die Tote Theater-Diva im Traum
Lena Odenthal erscheint die Tote Theater-Diva im Traum

Der Ludwigshafener Tatort Babbeldasch war der erste komplett improvisierte und in Mundart ausgestrahlte Tatort überhaupt. Improtheater zur Prime Time. An dieser Stelle ist ein Lob fällig. Das ist eine mutige Idee und mutige Ideen sind was Schönes. Es gab kein Skript, lediglich Szenen und Figuren wurden charakterisiert. Keine der Kommissarendarstellerinnen kannte den Mörder. Das führte vermutlich zu einem Heidenspaß am Set – für den Zuschauer bleibt der Spaßfaktor jedoch überschaubar.

Kommissarin Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) ermittelt im Fall der ermordeten Theater-Prinzipalin Sophie Fettèr (Malou Mott). Die Diva starb an einem herbeigeführten Mohn-Allergieschock, just am Tag einer großen Premiere. Die nächsten 90 Minuten beschuldigt jeder jeden, es wird gebabbelt und improvisiert wie der Schnabel gewachsen ist und wenn die Handlung stockt, hat Odenthal einen prophetischen Traum in der Hängematte.

Odenthal träumt von pfälzischen Zombies

Ob da wohl Pilze rumlagen am Set? Odenthals psychodelische Träume, in denen ihr immer wieder die tote Prinzipalin erscheint, agieren als Deus ex Machina. Ein vollkommen unglaubwürdiges Werkzeug zum künstlichen Vorantreiben eines Aktes, das grad noch so in Bollywood funktioniert – und selbst da nur, weil es durch wildes Tanzen vertuscht wird. Die Rolle von Kollegin Johanna Stern (Lisa Bitter) wurde als Rabenmutter entworfen, was dazu führt, dass die Kommissarin ständig jemandem die eigenen Kinder in die Hand drückt und geht – worauf andere Darsteller wiederum mit Krankheit reagieren. Verständlicherweise.

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Die Suche nach dem Mörder gleicht einer Partie Mord im Dunkeln – beliebter Schullandheim-Klassiker, bei dem 24 vorpubertäre Teenies detektivische Ermittlungen anstellen, wer die Annika aus der 5b auf der Tanzfläche gekillt hat. Nicht ohne Grund wurde dieses im wahren Leben durchaus heitere Spiel noch nie im Fernsehen ausgestrahlt.

Es folgen Schlussfolgerungen und Dialoge die so platt sind, dass man froh ist, dass Odenthal und Stern nicht im wirklichen Leben Kommissarinnen sind. Angereichert wird das Ganze mit Dreiecksbeziehungen, Spielschulden und dramatischem Piano.

Irritierendste Szene: Der Mörder scheint endlich gestellt. Es war der Liebhaber von Sophie Fettèr, der wiederum einen weiteren Mord an Fettèrs Exmann gesteht um dessen Tochter Sarah zu decken, die sich als seine eigene herausstellt. Odenthal: „Sie können doch Sarah nicht glauben lassen, dass sie ihren Vater umgebracht hat“ Nein. Besser wäre es in der Tat zu glauben, sie hätte lediglich einen willkürlichen Mann umgebracht, den sie versehentlich Vater nannte, die letzten vierzig Jahre.

Dieses Improvisationstheater hatte weder Netz noch doppelten Boden. Am Ende möchten wir uns gerne ein Mohnhörnchen geben (ah).

Foto: SWR/ Martin Furch