Autorin Tanja Kinkel über Klaus Kinkel: Erinnerungen an einen großen Versöhner

Die Schriftstellerin war seit den 90er-Jahren mit verstorbenen Politiker befreundet.

Das letzte Mal sah ich ihn im November. Ich hatte eine Lesung in Siegburg, und da er im nahe gelegenen St. Augustin wohnte, nutzte ich die Gelegenheit zu einem Besuch bei ihm und seiner Frau Uschi. Es war ein herzhaftes Frühstück, mit Debatten über alles von der wahrscheinlichen CDU-Nachfolge bis zum längeren Reisen als Hundebesitzer (Jago war sein Ein und Alles). Anschließend brachte er mich zum Zug und wartete, bis ich tatsächlich darin saß; seitdem ich einmal erkältet bei ihm aufgekreuzt war und er besorgt meine Eltern angerufen hatte, noch während ich mich auf dem Rückweg befand, schien er sich verantwortlich für mich zu fühlen. Dabei, und wir hatten immer Spaß daran, es dementieren zu müssen, waren wir wirklich nicht miteinander verwandt. Hans-Dietrich Genscher wurde zu Klaus Kinkels Mentor Klaus Kinkel war Schwabe aus Metzingen – sein Vater und der Vater seines späteren Gegenspielers Markus „Mischa“ Wolf waren zur gleichen Zeit in Hechingen tätig, was die Romanschreiberin in mir faszinierte. Rudolf Augstein, erzählte er mir amüsiert, hätte ihm einst einen Deutschkurs angeboten, um den Akzent loszuwerden: „Sonst werden Sie nie etwas.“ Er brachte es bis zum Außenminister und Vizekanzler, wobei ich immer den Eindruck hatte, dass er, wenigstens im Rückblick, im Justizministerium am glücklichsten gewesen war. Angefangen hatte seine politische Karriere, als ihn Genscher 1970 zu sich ins Innenministerium holte und ihn zum Chef des Ministerbüros machte. Damals war er 34, Jurist, und einer, für den Loyalität zum Berufsethos gehörte – und zur Freundschaft. Genscher wurde ein lebenslanger Mentor; nach dessen Tod mit der Witwe befreundet zu bleiben, statt, wie das nicht nur nach dem Ableben prominenter Männer geschieht, sich nicht mehr zu rühren, das war für einen wie Klaus Kinkel selbstverständlich. „Kinkel-Initiative“ war seine riskanteste politische Handlung Dabei legte er gleichzeitig durchaus auf die Formalität wert, die einem die deutsche Sprache gewährt. Im Kabinett Kohl hätten sich zum Schluss fast alle Minister...Lesen Sie den ganzen Artikel bei berliner-zeitung