Warum wir uns an Flughäfen so häufig in Fremde verlieben

Airport Crush
Drei, die den Airport Crush offenbar kennen: Matt Damon, George Clooney und Brad Pitt in Ocean's 13 ddp/Melinda Sue Gordon,

Flughäfen sind das Tor zur Welt. Es gibt keinen anderen Ort, von dem aus man schneller an andere Ecken der Erde kommt und von jetzt auf gleich in eine neue Kultur, eine Gesellschaft, ja vielleicht sogar ein neues Leben eintauchen kann. Dass Flughäfen deshalb eine gewisse Faszination auf uns Menschen ausüben, ist nur logisch. Weniger logisch erscheint uns allerdings der wissenschaftlich belegte Fakt, dass wir uns an Flughäfen viel häufiger in fremde Menschen verlieben als im Alltag. Wobei, schaut man sich die Erklärversuche des Phänomens "Airport Crush" an, klingt das alles doch irgendwie plausibel.

Airport Crush ist eine neumodische Bezeichnung für ein Phänomen, das es eigentlich schon gibt, seitdem Flughäfen existieren. Es beschreibt die erhöhte Wahrscheinlichkeit, an Flughäfen auf Menschen zu treffen, in die man sich direkt verknallt, ohne die Person, ihren Charakter oder die ganzen Hintergründe überhaupt zu kennen. Kommt Ihnen dieses Gefühl bekannt vor? Man sitzt in der Wartehalle, lässt den Blick schweifen und bleibt bei einer attraktiven Person hängen, die einen direkt in ihren Bann zieht. Ohne ein Wort mit der Person gewechselt zu haben, beginnt sich das Gedankenkarussell zu drehen und man malt sich eine gemeinsame Zukunft aus. Irgendwie paradox, weil wir diese plötzliche Faszination im Alltag weitaus seltener erleben. Aber irgendwie auch nicht.

Wie bei vielen anderen Beobachtungen auch haben wir TikTok zu verdanken, dass dieses Phänomen mit dem Airport Crush nun einen Namen kennt. Auf der Social Media Plattform gibt es mittlerweile Tausende Videos zu dem Hashtag, in denen User von ihren Gefühlsausbrüchen am Flughafen berichten. Sie begegnen Menschen, die sie sofort attraktiv finden und in ihr Herz schließen. Eigentlich wissen sie gar nichts übereinander, noch nicht mal, ob sie von der anderen Person überhaupt wahrgenommen wurden. Und trotzdem gibt es auf TikTok die absurdesten Lovestories von Menschen, die sich am Flughafen plötzlich schockverlieben. Einseitiger Natur, versteht sich. Würde das in jeder Lebenslage passieren, würden wir darüber keinen Artikel schreiben. Aber weil dieses Phänomen vor allem an Flughäfen auftritt und uns, wenn wir mal ganz ehrlich zu uns sind, gar nicht so fremd ist, wollen wir es genauer wissen. Immerhin steht die Wissenschaft hinter dem Airport Crush.

Wer an Menschen denkt, die regelmäßig an Flughäfen verkehren, hat Anzüge und schicke Business-Kostüme im Kopf. Meistens sieht die Realität aber eher nach gestressten Urlaubenden und Menschen mit Jogginghose und Nackenkissen aus. Wobei, auch das kann sexy sein. Vorlieben sind unterschiedlich, Menschen sowieso. So richtig trennen kann man den Durchschnittstypen am Flughafen nicht vom Alltag. Attraktiver sind die Menschen dort, so weit würden wir uns jetzt mal aus dem Fenster lehnen, also nicht. Aber sie werden laut Wissenschaft immerhin als attraktiver wahrgenommen. Dafür gibt es verschiedene Gründe.

Es gibt nicht den einen Grund, warum sich Menschen an Flughäfen häufiger verlieben als im Alltag und einen Airport Crush haben. In den meisten Fällen handelt es sich um ein Zusammenspiel aus verschiedenen Gründen, die es laut Wissenschaft wahrscheinlicher macht, dass selbst wildfremde Menschen attraktiver auf uns wirken – und wir uns auch mehr nach anderen Menschen umschauen. Liest man sich diese Gründe durch, kommt einem der Airport Crush auch gar nicht mehr so paradox vor. Also, bitteschön:

1. Abenteuerlust: In unserem Kopf verbinden wir Flughäfen häufig mit Reisen, Abenteuer und neuen Erfahrungen. Diese Assoziationen wecken in uns ein gewisses Freiheitsgefühl, das automatisch zu einem verstärkten romantischen Interesse führt. Vor allem gegenüber Menschen, die sich in der vermeintlich selben Situation befinden. Wir wollen einfach etwas Aufregendes erleben.

2. Anonymität: Die anonyme und unverbindliche Natur, die Begegnungen an Flughäfen nun mal so an sich haben, bringt Menschen zu einer – gedanklichen – Offenheit. Plötzlich sind sie bereit, neue Verbindungen einzugehen, neue Gedankenexperimente zuzulassen und dabei auch Risiken in Kauf zu nehmen. Es geht nicht darum, diesem Verlangen wirklich nachzugehen, es zumindest aber mal durchzuspielen.

3. Gemeinsame Erfahrungen: Flughäfen können ziemlich stressig sein. Gemeinsame Herausforderungen, die man beispielsweise bei Flugverspätungen durchstehen muss, können zusammen schweißen, im besten Fall ja sogar ein Gesprächsopener sein,

4. Langeweile: Klingt banal, ist aber ein gar nicht zu unterschätzender Grund. Wann sonst sitzen wir im Alltag mit vielen fremden Menschen zusammen und langweilen uns. Richtig: so gut wie nie. Und was tun wir, wenn wir rein gar nichts zu tun haben? Wir schauen durch die Gegend, lassen unseren Gedanken freien Lauf und spielen mitunter romantische Szenarien durch.

Und am aller wichtigsten:

5. Das Geheimnisvolle: Menschen, denen wir am Flughafen begegnen, haben etwas Geheimnisvolles und Interessantes an sich. Woher kommen sie, wohin fliegen sie, was sind das wohl für Menschen? Immer, wenn es um Dinge geht, die wir nicht einfach so erklären können, hilft uns unsere Fantasie auf die Sprünge. Und zwar genauso, wie wir es gerne hätten. So werden wildfremde Menschen, die wir optisch anziehend finden, plötzlich zu unseren absoluten Traumpersonen beschönigt. Schwups, schon sind wir verliebt. Die Magie des Flughafens eben.

Eben noch am Flughafen verliebt, und dann? Wer schon mal einen Airport Crush hatte, weiß: Sobald man an seinem Ziel angekommen ist, ist die Faszination für die Person ebenso schnell vergessen wie der Stress der gesamten Hinreise. Schließlich wird man mit neuen, je nach Reiseziel unbekannten Impulsen konfrontiert, die die Schmetterlinge im Bauch schnell ersetzen. Man hat also zwei Möglichkeiten: Entweder man fasst seinen Mut zusammen und spricht die Person, in die man sich am Flughafen verguckt hat, direkt an, oder man folgt doch dem bekannten Modell "catching flights not feelings". Auch okay.