Diese 9 Millennials erklären, warum sie sich gegen Kinder und eine Ehe entschieden haben

Die Vor- und Nachteile des Alleinewohnens anhand der Beispieler dieser Millenials (Symbolbild). - Copyright: RDNE Stock project
Die Vor- und Nachteile des Alleinewohnens anhand der Beispieler dieser Millenials (Symbolbild). - Copyright: RDNE Stock project

Nicht viele der Freunde von Jess Munday aus dem US-Bundesstaat San Francisco leben allein. Aber Munday, eine 29-Jährige, die im technischen Marketing arbeitet, hat es geschafft.

Während der Pandemie musste sie einige Monate bei ihren Eltern wohnen und konnte in dieser Zeit etwas Geld sparen. Dann schlug sie im Januar 2021 zu, als die Mietpreise in der Stadt so niedrig waren, wie sie es seit fünf Jahren nicht mehr gewesen sein sollen.

Für eine Ein-Zimmer-Wohnung in San Franciscos Mission-Viertel zahlt sie ihren Angaben zufolge etwa 2600 Dollar (ca. 2394 Euro) und verdient 175.000 Dollar (ca. 161.000 Euro) im Jahr. Verglichen mit der Durchschnittsmiete von etwa 2900 Dollar (ca. 2670 Euro) für eine Einzimmerwohnung in San Francisco sei das ein Schnäppchen.

"Ich kenne sogar Leute, die viel älter sind als ich, die in San Francisco mit Mitbewohnern leben", sagt Munday. "Ich bin zum Glück in einer finanziellen Situation, in der ich das nicht tun muss." Der amerikanische Traum der 30-Jährigen sah früher in etwa so aus: Sie ist verheiratet, hat zwei oder drei Kinder und besitzt ihr erstes eigenes Haus (weißer Lattenzaun optional).

Jess Munday. - Copyright: Dara Feller for BI
Jess Munday. - Copyright: Dara Feller for BI

Aber die Dinge haben sich verschoben. Millennials heiraten, wenn überhaupt, später. Sie bekommen später Kinder, wenn überhaupt. Und vergesst den Besitz eines großen Vorstadthauses. Millenials geben ihre Mitbewohner auf, ziehen aus dem Haus der Familie aus und leben am liebsten allein.

Hochzeiten haben an Stellenwert verloren

Bella DePaulo, eine Sozialwissenschaftlerin, die sich mit Alleinstehenden beschäftigt und das Buch "Single at Heart" geschrieben hat, meint, dass die Zunahme des Alleinlebens darauf zurückzuführen sein könnte, dass insbesondere US-Amerikaner die Heirat aufschieben würden.

"Die Ehe ist nicht mehr das Zeichen des Erwachsenseins, das sie einmal war. Heute fühlen sich jüngere Menschen eher als erwachsen, wenn sie andere Leistungen erbracht haben. Und manchmal ist das Alleinleben eine davon", so DePaulo. "Allein zu leben kann bedeuten, dass man es sich leisten kann, und das ist etwas, worauf man stolz sein kann."

Diese Millennials schwören auf das Alleinewohnen (Symbolbild). - Copyright: Pexels
Diese Millennials schwören auf das Alleinewohnen (Symbolbild). - Copyright: Pexels

Für diesen Artikel hat Business Insider mit neun Millennials gesprochen, die allein leben. Obwohl ihre Situationen unterschiedlich sind, sagten sie alle, dass das Alleinleben ein großes Opfer bedeute – aber eines, das es wert sei.

Die Single-Steuer

Aria Velasquez, 32, lebt allein in ihrer Ein-Zimmer-Wohnung im US-Bundesstaat Chicago und zahlt etwa 1.500 Dollar (ca. 1.382 Euro) an Miete und Nebenkosten. Sie wurde Anfang des Jahres aus ihrem Job als Journalistin entlassen.

Sie sagt, die größte Herausforderung sei es, die finanzielle Last allein zu tragen. "Jetzt, wo wir Anfang bis Mitte 30 sind, heiraten viele oder gehen eine Partnerschaft ein, sodass sie mit ihren Partnern zusammenziehen, auch wenn sie nicht verheiratet sind", so Velasquez. "Sie nennen das Zusammenleben mit jemandem, mit dem sie die Rechnungen teilen können, als einen Vorteil des Zusammenziehens."

Velasquez sagte des Weiteren, dass sie gerne allein lebe und dass dies immer ihr Ziel gewesen sei. Sie schätze die Privatsphäre und die Ruhe und liebe es, wenn sie nach Hause kommt und nur das "Summen des Kühlschranks" höre. Gleichzeitig räumte sie ein, dass die Kosten für viele Artikel, einschließlich Lebensmittel, gestiegen seien, und fügte hinzu, dass es "keinen Rabatt für den Einkauf von Alleinstehenden" gebe.

"Man kauft einen Laib Brot, aber man isst vielleicht nicht den ganzen Laib in kurzer Zeit, weil man vielleicht nicht jeden Tag ein Sandwich möchte", sagte Velasquez. Obwohl sie in der Lage sei, selbst zu mieten, fühle sich der Kauf einer eigenen Wohnung wie ein ferner Traum an: "Ich sehe das so, wie Leute über einen Lottogewinn denken."

Wer alleine wohnt, wird auch von Mitbewohnern und Familienmitgliedern nicht unterhalten (Symbolbild).  - Copyright: Pexels
Wer alleine wohnt, wird auch von Mitbewohnern und Familienmitgliedern nicht unterhalten (Symbolbild). - Copyright: Pexels

Bei Mama und Papa leben

Erica Charles, 28, Publizistin in Washington, D.C., sagte, dass sie und viele ihrer Altersgenossen zwar allein leben würden, andere aber in den letzten Jahren wieder bei der Familie eingezogen seien. Sie selbst habe das auch schon in Erwägung gezogen.

"Ich könnte 700 Dollar im Monat sparen", so Charles; und fügte hinzu, dass sie damit ihre Studiengebühren für die Graduiertenschule finanzieren könnte. „Ich denke darüber nach, wie ich viel einsparen kann. Ich denke über Jobs nach, die besser bezahlt werden, und darüber, wie ich als Freiberufler mehr Geld einnehmen kann.“

Charles sagte, dass sie vor der Pandemie gerne allein lebte: "Ich dachte, das sei ein Ritus des Erwachsenwerdens.“

In diesem Jahr hat Charles ihre Wohnsituation neu überdacht. Ihr Mietvertrag läuft im Juni aus. Sie sagt, sie sei seit 2020 dreimal entlassen worden. Aus finanziellen Gründen habe sie also ihre Pläne, in Medienkommunikation zu promovieren, auf Eis gelegt. Sie plane nicht, in nächster Zeit Kinder zu bekommen. Außerdem würde sie gerne in den nächsten drei Jahren ein Haus kaufen. Die Immobilienpreise in Florida, wo sie herkommt, seien in den letzten fünf Jahren jedoch erheblich gestiegen.

So habe sie darüber nachgedacht, ob sie mit ihrer Familie oder mit einer Mitbewohnerin zusammenziehen möchte. Sie habe ihre Ausgaben gekürzt und ihre Haushaltsplanung verbessert, sogar Teilzeitjobs als Lebensmittellieferantin und Freiberuflerin angenommen.

"Es ist wirklich ein Privileg, allein zu leben", so Charles, "und jetzt ist es sogar ein Luxus geworden.

Er war bereits obdachlos

Garak Clibborn. - Copyright: Sydney Krantz for BI
Garak Clibborn. - Copyright: Sydney Krantz for BI

Garak Clibborn, 39, ein Veteran in Kalifornien, war schon einmal obdachlos. Er habe mindestens acht Mitbewohner gehabt, als er ein Zimmer in einem Haus mietete und Wohngeld beantragte, damit er allein leben konnte. Nachdem er fast ein Jahr gewartet hatte, wurde sein Name für einen Wohngutschein aufgerufen, sagte er. Und man sagte ihm, er habe 60 Tage Zeit, eine Wohnung zu finden, bevor der Gutschein ablaufe.

Viele Wohnungen hatten jahrelange Wartelisten, und andere akzeptierten keine „Gutscheine“, also staatliche Miethilfe in den USA. Nachdem er bei über 350 Stellen angerufen hatte, fand er schließlich eine Wohnung. Seit dem Jahr 2012 wohnt er dort allein. Seine Miete sei gerade auf über 1.900 Dollar (etwa 1.751 Euro) gestiegen.

Garak Clibborn. - Copyright: Sydney Krantz for BI
Garak Clibborn. - Copyright: Sydney Krantz for BI

"Selbst mit einem Zuschuss ist es außerordentlich schwierig, allein zu leben", so Clibborn. Er fügte hinzu, dass er noch viele andere Ausgaben selbst bestreiten müsse. "Wenn mir das Geld ausgeht, bin ich am Ende. Ich habe nichts, was mir hilft", sagte er.

Er bleibt bei einer günstigen Miete

Dann ist da noch Chaz Zimmer, ein 28-Jähriger, der bei einem Subaru-Händler Autos verkauft. Er lebt seit Februar 2021 allein in seiner Wohnung im Bezirk Waverly in New York. Er zahlt 550 Dollar (507 Euro) im Monat an Miete. Letztes Jahr habe er versucht, ein Haus zu kaufen, aber die Zinssätze hätten es zu teuer gemacht. Er würde gerne in eine größere Wohnung umziehen, wie er erzählt, aber seine Miete sei so günstig, dass ein Umzug kaum zu rechtfertigen sei.

Chaz Zimmer. - Copyright: Adrianna Newell for BI
Chaz Zimmer. - Copyright: Adrianna Newell for BI

Zimmer habe die Hoffnung auf ein Eigenheim jedoch noch nicht aufgegeben: "Einiges davon ist eine Frage der Gelegenheit und des Timings.“ Er arbeitet auf Provisionsbasis, daher schwankte sein Gehalt in den letzten Jahren zwischen 62.000 (57.122 Euro) und 79.000 Dollar (72.785 Euro). Er sagte, er habe "das Glück, einen ziemlich guten Job zu haben, der ein ausreichendes Gehalt einbringt".

Chaz' Zimmer.  - Copyright: Adrianna Newell for BI
Chaz' Zimmer. - Copyright: Adrianna Newell for BI

Miete statt Hypothek

James Paniagua, 30, lebt in Oakland im US-Bundesstaat Kalifornien. Während des Studiums lebte er zu Hause und blieb dort bis kurz vor der Pandemie. Kurzzeitig lebte er mit einem Mitbewohner in Los Angeles, aber die Pandemie schickte ihn zurück nach Hause.

"Ich habe die meiste Zeit meiner Zwanzigerjahre zuhause gelebt", sagt er. Letztes Jahr habe er beschlossen, aus beruflichen Gründen in den Norden zu ziehen, und hatte das Glück, in Oakland eine eigene Wohnung zu finden. Vor dem Umzug hätten jedoch einige finanzielle Aspekte geklärt werden müssen: Er musste seine Kreditwürdigkeit in Ordnung bringen und einen Job finden, der ihm genug Geld einbrachte, um auszuziehen.

Heute verdient er etwa 125.000 Dollar (ca. 115.166 Euro), und seine 700-Quadratmeter-Wohnung mit einem Parkplatz kostet ihn monatlich etwa 2.100 Dollar (ca. 1.935 Euro) Miete. Seine Miete sei mehr als die Hypotheken mancher seiner Verwandten, so Paniagua.

Dafür sei er nicht mehr wöchentlich ins Einkaufszentrum gefahren und esse jetzt regelmäßiger zuhause. Er sagt, dass er gerne zuhause bleibt und seine Wohnung so gemütlich wie möglich gestalten möchte.

"Die größte Umstellung war der Beginn der Mietzahlungen, was natürlich eine große Umstellung ist, aber ich habe mir die Zeit genommen, das so gut wie möglich zu planen und einige Dinge umzustellen, um allein leben zu können – und dennoch den Lebensstil zu führen, den ich vorher hatte", sagte er.

Alleinleben als eine Art Ermutigung

Für diejenigen, die in der Lage sind zu kaufen, ist der Erwerb einer eigenen Immobilie ein entscheidendes Lebensereignis, das inmitten der Ungewissheit Trost spenden kann.

Nach ihrem Studium in London zog so zum Beispiel die heute 30-jährige Julia Mazur für zwei Jahre zurück zu ihren Eltern. Sie arbeitete in einem Tech-Job, der ein sechsstelliges Gehalt und ein großzügiges Aktienpaket bot, wie sie sagt. Im Alter von 25 Jahren habe sie genug gespart, um sich eine eigene Wohnung in Los Angeles kaufen zu können.

Während der Pandemie refinanzierte sie ihre Hypothek und erhielt einen niedrigeren Zinssatz. Sie sagte, ihre monatlichen Kosten beliefen sich auf etwa 3.000 Dollar (2.760 Euro). Jetzt tauscht sie die Wohnung mit einem Paar in Austin, das eine ähnlich hohe Hypothek hat.

Für sie sei das Alleinleben eine Ermutigung. "Mir gefällt die Möglichkeit, umherzuziehen und zu reisen, die Erfahrung zu machen, wie es ist, allein zu leben, und die Verantwortung, die damit einhergeht. Das erfüllt mich sehr", sagt sie. "Uich glaube auch, dass man, wenn man allein lebt, das Bedürfnis hat, mit Menschen in Kontakt zu treten. Und so zwinge ich mich dazu, Dinge zu tun, die mir helfen, Kontakte zu knüpfen. Ich gehe zu Tenniskursen, sitze allein in Bars, gehe zu Treffen und Verabredungen mit Freunden."

Für viele lohnt es sich, allein zu leben – trotz der Herausforderungen

Kathy Pierre, 31, zahlt für eine Zweizimmerwohnung in Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina 1280 Dollar (1177,60 Euro) Grundmiete im Monat. Als sie nach Charlotte zog, kannte sie dort niemanden und wollte nach früheren Erfahrungen mit Mitbewohnern nicht das Risiko eingehen, mit einem Fremden zusammenzuleben: "Ich musste es mir leisten können", sagt sie.

Gleichzeitig räumt sie ein, dass sie natürlich Geld sparen und dem Kauf eines Hauses näher kommen könnte, würde sie bei einer Familie oder einem Mitbewohner wohnen. Da sie alleine wohnt, müsse sie natürlich alle Rechnungen, einschließlich Lebensmittel, Nebenkosten und Miete, selbst bezahlen.

"Doch ist es einfach sehr schön, alleine zu leben und meinen eigenen Raum zu haben", so Pierre. „Ich muss nicht mit anderen Leuten darüber verhandeln, was hier passiert. Ich finde das wirklich großartig.“

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