Ich machte Workation auf einem Kreuzfahrtschiff – diese Dinge störten mich beim Arbeiten

Ich habe Remote Work auf einem Kreuzfahrtschiff getestet. - Copyright: Noëlle Bölling
Ich habe Remote Work auf einem Kreuzfahrtschiff getestet. - Copyright: Noëlle Bölling

Ich arbeite schon seit vier Jahren komplett remote und liebe es, meinen Job mit einer meiner größten Leidenschaften zu verbinden – und das ist das Reisen. Bisher habe ich meine Workations immer auf dem Festland verbracht.

Diesen Sommer wollte ich allerdings etwas Neues ausprobieren und habe als Workation eine dreiwöchige Kreuzfahrt nach Island gemacht. Mein Ziel war es auch hier, während der Reise an Bord ganz normal weiterzuarbeiten. Ob das geklappt hat? Die diplomatische Antwort lautet: Na ja.

Gründe, die für eine Kreuzfahrt sprechen, gibt es viele

Meine erste Kreuzfahrt habe ich im zarten Alter von acht Jahren unternommen. Damals ging es für mich zusammen mit meiner Familie mit der Aida Cara durch das westliche Mittelmeer. Das Schiff, das im Vergleich zu den heutigen Riesendampfern eher wie eine Nussschale gewirkt hat, wurde von der Reederei inzwischen längst verkauft. Doch meine Liebe zu dieser Art des Reisens besteht bis heute.

In der Theorie bietet eine Kreuzfahrt viele Vorteile, die sie zur perfekten Workation machen könnten. Ich muss mich an Bord um nichts kümmern, meine Kabine wird geputzt und das Essen steht immer dann am Buffet bereit, wenn ich ins Restaurant komme. Und auch die Tatsache, ein voll ausgestattetes Fitnessstudio direkt vor der Nase zu haben, hilft meinem inneren Schweinehund ungemein, morgens vor dem Frühstück auf den Crosstrainer oder abends nochmal zu einem Kurs zu gehen.

Gleichzeitig bietet mir eine Kreuzfahrt die Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit viele verschiedene Orte zu sehen. Allein während meiner 19-tägigen Reise standen insgesamt zehn Häfen in Island, Norwegen und auf den Shetlandinseln auf dem Plan. Viel bequemer könnte eine Workation also kaum sein.

 - Copyright: Noëlle Bölling
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Eine stabile Internetverbindung sieht anders aus

Um von überall auf der Welt arbeiten zu können, braucht es aber natürlich mehr als Buffetrestaurants und schöne Ausblicke aufs Meer. Für mich persönlich dürfen drei Dinge nicht fehlen, damit ich in der Lage bin, wirklich produktiv zu sein: Das ist erstens mein Equipment bestehend aus meinem Laptop und Noise Cancelling-Kopfhörern, zweitens eine stabile Internetverbindung und drittens ein zumindest halbwegs bequemer Arbeitsplatz. Den ganzen Tag mit Laptop auf dem Schoß zu sitzen, geht für mich gar nicht!

Inzwischen werben zahlreiche Reedereien dank Starlink mit WLAN, das auch auf dem Meer zuverlässig funktionieren soll – und das zu deutlich günstigeren Tarifen. Dazu gehört auch die deutsche Kreuzfahrtgesellschaft Aida, mit der ich diesen Sommer meine Reise nach Island und ans Nordkap unternommen habe.

Für Reisende stehen hier vier verschiedene Internetpakete zur Auswahl: Neben einem Onboard-Chat, mit dem sich nur auf dem Schiff Nachrichten untereinander versenden lassen, gibt es noch eine Social Media Flatrate für soziale Netzwerke wie Whatsapp, Instagram und Linkedin. Beides reicht für einen Gast wie mich, der an Bord arbeiten möchte, nicht aus. Stattdessen hatte ich die Wahl zwischen dem „normalen“ und dem Premium-Internetpaket. Ich habe mich am Ende für die günstigere Variante entschieden, die das Surfen und Versenden von E-Mails ermöglichen soll. Kostenpunkt für 19 Tage: 160 Euro.

Trotz der, wie ich finde, nicht gerade geringen Kosten ist das Arbeiten an Bord nicht ohne Einschränkungen möglich. Mal dauert es einige Minuten, bis sich eine Website öffnet. Im nächsten Augenblick kann ich keine Verbindung mehr zu meinem Mailpostfach herstellen. Ich bin froh, dass ich dank meiner Selbstständigkeit inzwischen flexibler bin und mich in Momenten wie diesen in Geduld üben darf.

Eine andere junge Frau, die an Bord ihrem Angestelltenjob nachgehen wollte, musste allerdings bereits nach einem halben Vormittag entnervt das Handtuch werfen. Starlink allein reicht also offensichtlich nicht aus, um sein Home Office guten Gewissens aufs Schiff zu verlegen.

Arbeiten zwischen Frühschoppen und Hähnchenparade

Die mangelhafte Internetverbindung war während meiner Reise aber nicht der einzige Punkt, der für mich eine Herausforderung darstellte. Denn auf der Aida Luna, mit der ich unterwegs war, fehlt es leider auch an bequemen und vor allem ruhigen Plätzen, an denen man konzentriert seiner Arbeit nachgehen kann. Viele Tische sind zu niedrig, um rückenschonend über längere Zeit daran zu sitzen, und auch ein Barhocker reicht vielleicht aus, um einen Cocktail zu genießen – zum Arbeiten ist das aber keine wirklich gute Option.

Ich habe mich während meiner Reise für einen Fensterplatz in der Almhütte auf Deck 10 entschieden. Die Tische und Stühle sind verhältnismäßig bequem, zusätzlich hatte ich von hier aus einen tollen Blick aufs Meer – etwas, das meinem Office zuhause definitiv fehlt!

Doch der größte Negativpunkt jedoch an diesem Platz war definitiv die Lautstärke. Ab mittags liefen Hits wie „Anton aus Tirol“ in Dauerschleife. Außerdem fand des Öfteren ein Brunch inklusive Freibier statt. Da helfen leider auch die besten Noise Cancelling-Kopfhörer nicht mehr.

 - Copyright: Noëlle Bölling
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Für ein paar E-Mails zwischendurch reicht es

Selbst als ich noch fest angestellt war, hatte ich bereits die Möglichkeit, remote zu arbeiten. Dies von einem Kreuzfahrtschiff aus zu tun, wäre für mich allerdings keine Option gewesen. Das, was die Reedereien ihren Gästen bieten, reicht für eine angenehme und gleichzeitig produktive Workation schlichtweg noch nicht aus. Bleibt zu hoffen, dass Gesellschaften wie Aida oder Mein Schiff einlenken und im Rahmen von Umbaumaßnahmen mehr auf die Bedürfnisse von Menschen, die während ihrer Reise arbeiten möchten, eingehen.

Ich für meinen Teil möchte trotz der herausfordernden Voraussetzungen auch in Zukunft wieder versuchen, an Bord meinem Job nachzugehen – einfach, weil ich diese Art des Reisens so sehr liebe. Dabei werde ich es jedoch bewusst vermeiden, wichtige Projekte oder Video-Calls ausgerechnet in diese Zeit zu legen. So kann ich mir bereits im Vorfeld einiges an Frust ersparen. Immerhin: Für ein paar E-Mails oder das Schneiden meiner Reisevideos reicht es aus. Und wenn ich Glück habe, entdecke ich zwischendurch am Horizont vielleicht sogar ein paar Delfine.