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Warum können Sonnencremes der Umwelt schaden?

Sonnencremes: Gut für die Haut, schlecht für die Umwelt? Eincremen ist ein Muss aber manche Mittel sind streitbar (Bild: Bymurat Denzi/ Getty Images)
Sonnencremes: Gut für die Haut, schlecht für die Umwelt? Eincremen ist ein Muss, aber manche Mittel sind streitbar. (Bild: Bymurat Denzi/ Getty Images)

UV-Schutz ist wichtig, keine Frage. Viele Sonnencremes stellen jedoch mit ihren kritischen Inhaltsstoffen ein konkretes oder potentielles Problem für die Umwelt und Gesundheit dar, allen voran Mikroplastik, Nanopartikel und Chemikalien. Gibt es gute Alternativen? Und was muss man bei Reiseländern beachten, die bestimmte Sonnencremes verbieten? Wir nehmen Sonnenschutz genauer unter die Lupe.

Etwa 14.000 Tonnen Sonnencreme gelangen jährlich ins Meer. In Hawaii ist der Schaden im Ozean besonders deutlich: Das Südseeparadies empfängt jedes Jahr rund neun Millionen Besucher. Täglich landen dort etwa 210 Liter Sonnencreme im Pazifik - und schaden damit nicht nur Korallenriffs. Sonnencremes können zudem ein Problem für unsere Gesundheit werden.

Ist es Zeit auf einen anderen Sonnenschutz umzusteigen?

Warum steckt Mikroplastik in Sonnencremes?

Mikroplastik sind Kunststoffteilchen, die einen Durchmesser kleiner als 5 Millimeter haben. Sie entstehen entweder durch Zerfall von Plastikmüll. Die Partikel können aber auch für bestimmte Zwecke absichtlich erzeugt werden, etwa für Kosmetikprodukte. Als Emulgator binden sie Inhaltsstoffe, als Schleifmittel in Peelings haben sie eine durchblutungsfördernde Wirkung - und in Sonnencremes? Machen sie die Textur weicher! Plastik ist billig und steckt in günstigen Produkten ebenso wie in Luxus-Kosmetik.

Mikroplastik entsteht nicht nur als Abfallprodukt, sondern wird für Kosmetik gezielt hergestellt. (Bild: Jakkapan Sapmuangphan/ Getty Images/ iStockphoto)
Mikroplastik entsteht nicht nur als Abfallprodukt, sondern wird für Kosmetik gezielt hergestellt. (Bild: Jakkapan Sapmuangphan/ Getty Images/ iStockphoto)

Mikroplastik kommt auch in die Nahrungskette

Das in Fabriken hergestellte sogenannte primäre Mikroplastik gelangt in die Abwässer, Flüsse, Seen und Meere. Es ist nicht biologisch abbaubar und zieht Giftstoffe und Erreger an. So schaden die winzigen Teilchen nicht nur Fischen und anderen Meerestieren, die diese Partikel schlucken. Das Mikroplastik kommt über die Nahrungskette zudem in die Lebensmittel, die wir konsumieren: Speisefisch, Muscheln, Flaschenwasser, Meersalz – in Produkte aus Meer- und Süßwasser eben. Hier muss man aber bedenken: Durch Abrieb ist Mikroplastik überall in unserer Umwelt vorhanden, und es gelangt über die Luft, Böden und Gewässer oder durch technische Anlagen und Packstoffe unvermeidlich in unsere Lebensmittel.

Welche Folgen die Aufnahme von Mikroplastik für Menschen und Tiere hat, wird noch untersucht. Es sind bereits zum Teil gravierende Auswirkungen auf das Verdauungssystem der Tiere bekannt. Beim Menschen soll das Plastik die Zellfunktionen stören. “Bislang kann niemand sagen, inwieweit diese winzigen Kunststoff-Teilchen den Meeresbewohnern Schaden zufügen oder am Ende sogar Menschen gefährden,” sagte die Biologin Ilka Peeken gegenüber tagesspiegel.de.

Der Verzicht auf Mikroplastik ist in Deutschland nur freiwillig

Zwar konnten Umweltschützer viele Kosmetikhersteller dazu bringen, sich zu einem Verzicht auf Mikroplastik in ihren Produkten, auch in Sonnencremes, durchzuringen. Jedoch ist dieser in Deutschland freiwillig, und es gibt nur eine Absichtserklärung, dies bis 2020 zu tun.

Andere europäische Länder sind da weiter. In USA, Kanada und Neuseeland etwa dürfen sogenannte Microbeads, also Kunststoffteilchen mit einem Durchmesser von weniger als einem Millimeter, seit ein bis zwei Jahren nicht mehr in Kosmetik verwendet werden. England war das erste europäische Land, das 2018 Mikroplastik in abwaschbaren Beautyprodukten wie Shampoos, Duschgels, Peelings und Zahnpasta verboten hat. Auch in Schweden gilt seit 1. Juli 2018 das Verbot. In Italien soll ein entsprechendes Gesetz 2020 in Kraft treten.

Gibt es Alternativen?

Die deutschen Verbraucher müssen sich selbst fragen, wie sie mit dem Thema Mikroplastik umgehen wollen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland hat im Internet eine Liste veröffentlicht, aus der hervorgeht, welche Sonnencremes (und andere Beautyprodukte) Mikroplastik enthalten. Dem BUND-Einkaufsratgeber ist auch zu entnehmen, welche Namen die kritischen Inhaltsstoffe haben, zum Beispiel Acrylates Copolymer. Wer keine konventionelle Sonnencreme mit Mikroplastik verwenden möchte oder im Zweifel ist, kann auch zu Produkten von zertifizierten Naturkosmetik-Herstellern greifen.

Was steckt in der Sonnencreme? Es empfiehlt sich ein Blick auf die Inhaltsstoffe. (Bild: Punsayaporn/ Getty Images/ iStockphoto)
Was steckt in der Sonnencreme? Es empfiehlt sich ein Blick auf die Inhaltsstoffe. (Bild: Punsayaporn/ Getty Images/ iStockphoto)

Wie schädlich sind Nanopartikel?

In Sonnencremes werden oft winzige Mengen, sogenannte Nanopartikel, von Zinkoxid und Titandioxid als mineralische UV-Filter eingesetzt. Sie blockieren die UV-Strahlen auf der Hautoberfläche durch Reflexion. In Nanogröße hinterlassen die Teilchen keinen weißen Film auf der Haut, und mit mineralischen Nanoteilchen kann auch ohne Einsatz von chemischen Filtern ein hoher Lichtschutzfaktor (über 30) erreicht werden. Deshalb werden sie gerne für Sonnencremes verwendet.

Wie Nanopartikel auf die Umwelt wirken, ist noch nicht ausreichend erforscht. Bei der Herstellung, dem Gebrauch und der Entsorgung von Sonnencremes gelangen sie natürlich in die Abwässer und Gewässer sowie Luft und Böden.

Über Nanomaterial wird aber auch aus gesundheitlichen Gründen kontrovers diskutiert. Die Haut stellt mit ihren bis zu 12 Schichten toter Hornzellen zwar eine sehr gute Barrierefunktion dar. Es ist jedoch trotzdem umstritten, ob die Nanopartikel nicht über diesen Weg in den Körper gelangen können – was sie auf keinen Fall sollen. Denn die Nanopartikel könnten sich überall im Körper anlagern und bergen gesundheitliche Risiken. Die winzigen Moleküle könnten krebserregend, organ-, hirn- und nervensystemschädigend sein. Es gibt viele und immer neue Nanomaterialien mit unterschiedlichen Kristallstrukturen, Größen und Beschichtungen. Langzeitstudien liegen nicht vor, und nicht alle Vorkommen werden gemessen.

Vorsicht bei Babys, Sprays und Hautschäden

Wenn die Haut nicht intakt ist, etwa durch Wunden, Neurodermitis oder Sonnenbrand, erfüllt sie nicht ihre Schutzfunktion. Das bedeutet, die Nanopartikel können leichter in die Blutbahn geraten und sollten auf jeden Fall gemieden werden. Auch bei zarter Baby-Haut heißt es: auf flüssige Produkte mit Nanopartikeln unbedingt verzichten. Von Sonnen-Sprays mit Nanopartikeln wird ebenfalls dringend abgeraten. Durch sie können Zinkoxid- und Titaniumdioxid-Partikel eingeatmet werden, was der Lunge und dem Organismus schadet, warnen Wissenschaftler.

Was tun?

Wer vorsorglich auf Sonnencreme mit Nanopartikeln verzichten möchte, muss genau auf die Verpackung schauen. Inhaltsstoffe mit Partikelgrößen unter 100 Nanometer müssen seit 2013 mit dem Begriff “nano” gekennzeichnet werden. Im Zweifelsfall einfach beim Hersteller nachfragen. Am schnellsten wird man im Biomarkt, Reformhaus oder im Drogeriemarkt in der Naturkosmetik-Ecke fündig, zum Beispiel bei Marken wie Eubiona, Lavera und Annemarie Börlind, die Sonnenschutz ohne Nanopartikel und Mikroplastik anbieten.

Korallenriffs sterben durch den Anstieg der Wassertemperaturen infolge des Klimawandels - aber auch durch Chemikalien in Sonnencremes. (Bild: Westend61/ Getty Images)
Korallenriffs sterben durch den Anstieg der Wassertemperaturen infolge des Klimawandels - aber auch durch Chemikalien in Sonnencremes. (Bild: Westend61/ Getty Images)

Ocean-Safe Sunscreen: Ohne Mikroplastik in den Urlaub

Um den Ozean und die Riffe zu schützen, verbietet Hawaii als erster amerikanischer Bundesstaat ab 1. Januar 2021 den Verkauf von Sonnencremes, die bestimmte Chemikalien enthalten: Octinoxat und Oxybenzon. Sie stecken als UV-Filter in vielen Sonnenschutzmitteln – und inzwischen auch im Meer. Die Substanzen wurden in der ganzen Region von der Arktis bis zum Südpazifik in Tieren und der Natur nachgewiesen, in Delfinen, Wildvögeln, Fischen und Korallenriffen zum Beispiel.

Forscher weisen darauf hin, dass auch andere Chemikalien in Sonnencremes Schäden wie Korallenbleiche oder Veränderungen am Erbgut von Fischen und Korallen verursachen können. Studien dazu laufen, und das Sonnencremeverbot ist ein Schritt, die Meere zu retten.

Im Inselstaat Palau in Ozeaninen tritt ein solches Gesetz ab 1. Januar 2020 in Kraft. Für die Einfuhr oder den Verkauf der verbotenen Sonnencremes droht eine Geldstrafe von bis zu 875 Euro.

Auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán ist umweltschädliche Sonnencreme bereits verboten. Und auch andere Riffregionen kämpfen gegen Sonnenschutz, der Giftstoffe und Mikroplastik enthält, darunter Ägypten, die Malediven, Indonesien und Thailand.

Wer in solche Gebiete reist, achtet also lieber auf das Prädikat “biodegradable and reef-friendly” bei seiner Sonnencreme.

Fazit

Sonnencreme sollte heutzutage nicht mehr nur die Haut schützen, sondern auch die Umwelt. Biologisch abbaubar und rifffreundlich ist sie idealerweise – und in manchen Regionen verpflichtend –, um dem Lebensraum Meer nicht unnötig zu schaden. Bei der Wahl des Sonnenschutzes ist wegen der umstrittenen Inhaltsstoffe aber auch an die eigene Gesundheit zu denken. Es geht jedenfalls auch ohne Mikroplastik, Nanoteilchen & Co.