Wetterfühligkeit: Wie Temperaturumschwünge & Co. unser Befinden beeinflussen können

Gerade im Frühjahr und Herbst klagen viele Menschen über Kopfschmerzen, Kreislaufprobleme und Antriebslosigkeit. Der vermeintliche Grund: Wetterfühligkeit. Doch haben Temperatur und Luftdruck wirklich Einfluss auf unsere Gesundheit?

Knapp die Hälfte der Deutschen gibt an, an Wetterfühligkeit zu leiden (Bild: Getty)
Knapp die Hälfte der Deutschen gibt an, an Wetterfühligkeit zu leiden (Bild: Getty)

Etwa 50 Prozent der Bevölkerung sind davon überzeugt, dass das Wetter einen Einfluss auf ihr Befinden hat. Das hat der Deutsche Wetterdienst (DWD) 2013 in einer repräsentativen Studie herausgefunden. Die 1623 Befragten gaben an, an Kopfschmerzen, Müdigkeit, Gelenkschmerzen und Schlafstörungen zu leiden, wenn das Wetter umschlägt.

Was versteht man unter Wetterfühligkeit?

Wenn das Wetter umschlägt von warm zu kalt oder umgekehrt, klagen viele Menschen häufig über Unwohlsein sowie Kopf- und Gelenkschmerzen. Besonders aprupte Wechsel oder das Aufziehen eines Gewitters machen manchen Menschen zu schaffen.

Diese sogenannte Wetterfühligkeit ist zwar keine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannte Krankheit, doch auch keine reine Einbildung. “Es ist eindeutig nachgewiesen, dass Wetterfühligkeit existiert”, betont Prof. Angela Schuh, Leiterin des Fachbereichs für Medizinische Klimatologie, Kurortmedizin und Prävention an der Ludwig-Maximilians-Universität München gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Knapp die Hälfte der Bevölkerung in Deutschland leide demnach darunter.

Das Zusammenspiel von Wetter mit anderen Faktoren wie Luftverschmutzung und Lärm sowie individuellen Einflüssen wie Stress, der Schlafqualität und Hormonen macht es jedoch schwierig, Wetterfühligkeit medizinisch nachzuweisen.

Je stärker und plötzlicher der Wetterwechsel, desto heftiger kann der Körper reagieren. (Bild: Getty)
Je stärker und plötzlicher der Wetterwechsel, desto heftiger kann der Körper reagieren. (Bild: Getty)

Was sind die häufigsten Symptome?

Welche Symptome bei wetterfühligen Menschen auftreten, ist individuell verschieden. Viele klagen über Kopfschmerzen, Kreislaufbeschwerden oder Gelenkschmerzen. Aber auch Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder Konzentrationsstörungen können auftreten. Je plötzlicher und heftiger das Wetter umschlägt, umso intensiver sind meist die Symptome. In der Studie des Deutschen Wetterdienstes wurden als häufigste Symptome Kopfschmerzen und Migräne (59 %) genannt. Aber auch Müdigkeit (55 %), Abgeschlagenheit (49 %), Gelenkschmerzen (42 %) und Schlafstörungen (40 %) waren häufig vertreten.

Wie kommt es zu Wetterfühligkeit?

Die Datenlage zur Wetterfühligkeit ist nicht eindeutig, viele Untersuchungen kommen jedoch zu dem Schluss, dass ein Anstieg der Temperatur mit gleichzeitiger Abnahme der Luftfeuchtigkeit häufig zu Kopfschmerzen führt, während Gewitter oder schnelle Wechsel von Hoch- zu Tiefdruckgebieten vermehrt Gliederschmerzen verursachen.

Laut Dr. Martin Rinio, ärztlicher Direktor der Gelenk-Klinik Gundelfingen, können sich Veränderungen von Luftdruck und -feuchtigkeit deutlich auf unser Wohlbefinden auswirken: "Sinken die Temperaturen innerhalb weniger Minuten, so verengen sich unsere Blutgefäße - der Blutdruck steigt folglich. Klettern die Temperaturen hingegen schnell nach oben, so weiten sie sich. Insbesondere Menschen mit niedrigem Blutdruck reagieren darauf manchmal mit Schwindel und Kopfschmerzen", erklärt er im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.

Verspüre man etwa bei einem Sommergewitter Beschwerden in den Gelenken, seien dafür wahrscheinlich die Luftdruckschwankungen in der Atmosphäre verantwortlich, vermutet Rinio. Denn bei schlechtem Wetter sinkt der Luftdruck und gleichzeitig erhöht sich der Druck auf die Gelenke.

Wer ist besonders anfällig?

 Die körperlichen Reaktionen auf Hitze, Kälte, Schwüle oder Wind wirken sich bei vielen direkt auf das Wohlbefinden aus (Bild: Getty).
Die körperlichen Reaktionen auf Hitze, Kälte, Schwüle oder Wind wirken sich bei vielen direkt auf das Wohlbefinden aus (Bild: Getty).

Laut Dr. Rinio sind Menschen mit Gelenkerkrankungen wie z.B. Arthrose besonders anfällig für Wetterfühligkeit: Nicht selten verschlechtern sich ihre Beschwerden z.B. bei einem Sommergewitter. Aber auch Menschen mit hohem oder niedrigem Blutdruck haben oftmals Beschwerden, wenn sich Temperatur, Luftdruck und -feuchtigkeit ändern: Durch ihre Erkrankung ist nämlich die Regulationsfähigkeit ihres Körpers beeinträchtigt, so dass die Anpassung an Wetterumschwünge Schwierigkeiten bereiten kann. Auch wer bereits unter Schlafmangel oder Stress leidet, tendiert eher dazu, auf Änderungen des Wetters zu reagieren.

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Was hilft bei Wetterfühligkeit?

Experten empfehlen vor allem eins: Raus an die frische Luft – und zwar möglichst bei jedem Wetter, denn das härtet ab. Besonders empfehlenswert ist laut Dr. Rinio Ausdauersport wie Radfahren, Joggen oder Wandern.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rät Betroffenen außerdem, ein Wettertagebuch zu führen, um die eigene Wetterreaktion zu untersuchen. Wie viele andere Wetterdienste bieten auch der DWD einen “Biowetter”-Service an, der die Wetterlage anhand von verschiedenen Gefahrenindizes bewertet.

Das Wetter ist natürlich nur ein Faktor, der unser Wohlbefinden beeinflusst. Während man das Wetter nicht ändern kann, kann man jedoch probieren, das Stresslevel in kritischen Wetterphasen gering zu halten, genügend zu schlafen und generell sein Immunsystem zu stärken.

Die AOK Sachsen rät Betroffenen außerdem, regelmäßig Sport zu treiben, genug zu trinken und auf eine ausgewogene Ernährung zu achten.

Wann ist ein Arzt erforderlich?

Extreme Wetterveränderungen bedeuten für unseren Körper Stress und belasten ihn. Wer besonders stark unter Wetterumschwüngen leidet, sollte sich damit auf jeden Fall an seinen Hausarzt wenden. Kreislaufprobleme, Schwindelattacken und ähnliche Beschwerden seien bei Wetterumschwüngen nicht ungewöhnlich, "halten diese jedoch an oder nehmen sie zu, so ist eine ärztliche Klärung erforderlich", rät Dr. Rinio.

Video: Was man gegen Wetterfühligkeit tun kann