Wie du erkennst, ob dein Kind unter psychischen Problemen leidet

Fast zwei Drittel aller Eltern sorgen sich laut einer Studie aus dem letzten Jahr um die Psyche ihrer Kinder. Dieses Problem soll während der Children’s Mental Health Week (6. – 13. Februar 2023) beleuchtet werden.

Zwei Drittel aller Eltern sorgen sich laut einer Studie um die Psyche ihrer Kinder. (Getty Images)
Zwei Drittel aller Eltern sorgen sich laut einer Studie um die Psyche ihrer Kinder. (Getty Images)

Die von BBC Bitesize und Netmums in Auftrag gegebene Umfrage unter mehr als 2.000 britischen Eltern ergab, dass 74 % der Eltern um die psychische Gesundheit ihres Kindes besorgt sind und fast die Hälfte (44 %) angab, dass ihr Kind bereits psychische Probleme hatte.

Eine zweite Studie des britischen Gesundheitsdienstes NHS ergab, dass im Jahr 2022 18 % der Kinder im Alter von sieben bis 16 Jahren und 22 % der jungen Menschen im Alter von 17 bis 24 Jahren in Großbritannien wahrscheinlich ein psychisches Problem hatten.

Wie also können Eltern erkennen, dass ihr Kind Probleme hat? Wie erkennst du den Unterschied zwischen „normalen Launen“ während der Pubertät und etwas Ernsterem?

Social Media-Pause ‚verbessert psychische Gesundheit‘

Forscher der Universität Bath haben festgestellt, dass eine einwöchige Auszeit von den sozialen Medien das allgemeine Wohlbefinden verbessert und die Symptome von Depressionen und Angstzuständen verringert. „Wir wissen, dass die Nutzung sozialer Medien sehr große Ausmaße hat und dass es immer mehr Bedenken über die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit gibt. Mit dieser Studie wollten wir herausfinden, ob es sich positiv auf die psychische Gesundheit auswirkt, wenn man Leute bittet, eine Woche lang eine Pause einzulegen. Viele unserer Teilnehmer berichteten über positive Auswirkungen des Verzichts auf soziale Medien ...“

„Die meisten Erwachsenen halten ihre Kindheit für die glücklichste Zeit ihres Lebens. Aber wir vergessen schnell, dass es auch stressig sein kann, Kind zu sein“, so Kirsty Lilley, Expertin für psychische Gesundheit bei CABA.

Vermisst: Suche nach Mutter hält England in Atem

„Von Gruppenzwang bis zu schulischen Anforderungen, es gibt viele Aspekte des modernen Lebens, die ein Kind oder einen Teenager stressen, sorgen oder zu Ängsten führen können, die sich, wenn sie nicht beachtet werden, zu Depressionen entwickeln können.“

„Es überrascht nicht, dass Prüfungen, Schule und Hausaufgaben häufige Auslöser sind. Aber es gibt auch andere Gründe, die man beachten sollte.“

„Gruppenzwang, Ereignisse auf der Welt, Veränderungen in der Familie und sogar ein mangelndes Selbstbewusstsein wegen des eigenen Körpers können ebenfalls dazu führen, dass ein Kind sich gestresst oder depressiv fühlt.“

Anzeichen und Symptome, die auf psychische Probleme hinweisen können

Das Kind verbringt mehr Zeit allein

„Achte darauf, ob das Kind sich von Freunden und Familie isoliert, auf eine konstant niedrige Stimmung und einen Mangel an Energie, der sich darin äußern kann, dass das Kind sich schwertut, etwas anderes zu tun als das Minimum, das es jeden Tag tun muss“, erklärt Dr. Hayley van Zwanenberg, Kinder- und Jugendpsychiaterin im Priory's Wellbeing Centre in Oxford.

Das Kind ist unmotiviert

Dr. van Zwanenberg empfiehlt Eltern ebenfalls, auf eine schwindende Motivation des Kindes zu achten, zum Beispiel, wenn es Freizeitbeschäftigungen und Hobbys aufgibt. „Und negative Gedanken wie: ‚Ich bin langweilig und kann nichts‘.“

Veränderungen des (Ess-)Verhaltens

Laut Dr. van Zwanenberg können einige depressive Kinder auch Anzeichen von Selbstverletzung, verändertem Appetit (entweder kein Hunger oder zu viel essen) und Konzentrationsschwäche zeigen, was zu einer Verschlechterung der schulischen Leistungen führt.

„Der Gedanke ‚Ich bin ein Versager, ich verdiene es, zu leiden, ich halte das nicht mehr aus‘ oder ‚Ich werde eh alle im Stich lassen‘ ist weit verbreitet“, fährt sie fort.

Das Kind schläft zu viel oder zu wenig

„Veränderungen des Schlafverhaltens können ebenfalls Anzeichen dafür sein, dass dein Kind Probleme mit der Psyche hat“, erklärt Dr. van Zwanenberg.

Hör auf dein Bauchgefühl

Lynn Crilly, Beraterin für psychische Gesundheit, rät Eltern, auf ihr Bauchgefühl zu hören, wenn sie das Gefühl haben, mit ihrem Kind stimmt etwas nicht. „Es gibt wirklich keinen Ersatz für Intuition“, erklärt sie. „Wenn du das Gefühl hast, dass bei einem jungen Menschen ‚etwas nicht stimmt‘, dann gibt es wahrscheinlich einen guten Grund für dieses Gefühl. Es gibt Gründe dafür, dass wir ein Bauchgefühl haben.“

Das Kind hat kein Interesse mehr an Dingen, die ihm früher einmal wichtig waren

„Das wichtigste Anzeichen, auf das man achten sollte, ist, dass Kinder das Interesse an Aktivitäten verlieren, die sie früher gerne gemacht haben“, erklärt Lynn Crilly.

„Das kann eine Sportart sein, eine Fernsehsendung, die ihm immer gefallen hat, das Spielen eines Musikinstruments oder sogar das Zusammensein mit Freunden – dieses sehr häufige Anzeichen ist in der Regel eines der ersten, das auftritt, und man sollte es gemeinsam mit dem geliebten Menschen ruhig, fürsorglich und vor allem schnell angehen.“

Andere Anzeichen und Symptome, auf die du achten solltest, umfassen:

  • Das Kind wird in allen Dingen langsamer und spricht sogar langsamer

  • Das Kind äußert irrationale oder sogar wahnhafte Gedanken

  • Das Kind bricht ohne erkennbaren Grund oder in unerwarteten Situationen in Tränen aus

  • Das Kind zweifelt ständig an sich und hat kaum Selbstbewusstsein

Drei Viertel aller Eltern machen sich Sorgen um die Psyche ihrer Kinder. (Foto: Getty)
Drei Viertel aller Eltern machen sich Sorgen um die Psyche ihrer Kinder. (Foto: Getty)

Wie du mit deinen Kindern über psychische Gesundheit sprichst

Ermutige sie dazu, sich zu öffnen

„Wenn du das Gefühl hast, dass dein Kind unter sehr viel Druck steht oder unter Stress leidet, ist es wichtig, dass du dir die Zeit nimmst, um zuzuhören, und mehr Zeit als sonst mit ihm verbringst“, sagt Lilley.

„Sei für lustige Aktivitäten zu haben oder einfach nur im selben Raum mit dem Kind. Frage nach dem Tag deines Kindes und zeige Interesse an den Dingen, die dir wichtig sind. Versuche aber, das Kind nicht dazu zu zwingen, über seine Sorgen zu sprechen. Es wird sich öffnen, wenn es sich wohl dabei fühlt, darüber zu sprechen.“

Tchibo bietet Kinderwagen und -fahrräder zum Ausleihen an

Und es ist wichtig, das Kind zu bitten, sich auf eine Weise zu öffnen, mit der es sich wohlfühlt. „Es kann dir seine Gedanken per SMS mitteilen, sie aufschreiben oder mit dir darüber sprechen, wenn es sich entspannt fühlt“, sagt Dr. van Zwanenberg.

Frage erneut nach

Indem du es wiederholt fragst, wie es ihm geht, zeigst du deinem Kind, dass du ehrlich bereit dazu bist, zu reden und zuzuhören. „Unsere Forschung zeigt, dass die Frage ‚Geht’s dir gut?‘ oftmals nicht ausreicht“, erklärt Jo Loughran, Leiterin von Time to Change. „Zweimal nachfragen ist eine einfache, effektive Art zu zeigen, dass du wirklich nachfragst und bereit dazu bist, zu sprechen und zuzuhören.“

Unterhaltet euch Seite an Seite anstatt von Angesicht zu Angesicht

„Es kann den Druck nehmen, wenn ihr euch beim Einkaufen, Kochen oder Autofahren unterhaltet – ihr müsst euch nicht hinsetzen und eine förmliche Unterhaltung führen“, rät Jo Loughran.

Sprich über deine eigene psychische Gesundheit

Sprich offen über deine eigenen psychischen Probleme und Kämpfe. „Wenn du offen über deine eigene psychische Gesundheit sprichst, zeigst du deinem Kind, dass es okay ist, auch offen zu sein“, sagt Jo Loughran.

Hör dem Kind aufmerksam zu

Wenn dein Kind beginnt, über seine Gefühle zu sprechen, bemühe dich, wirklich zuzuhören, ohne es mit deinen Sorgen zu überwältigen. „Wenn man sich als Elternteil um einen jungen Menschen sorgt, ist es am besten, sich in Ruhe mit ihm hinzusetzen und zu erklären, dass man sich Sorgen macht, weil das Kind verändert wirkt“, sagt Dr. van Zwanenberg.

Frag das Kind, was helfen könnte

Oftmals ist es am hilfreichsten, wenn du dein Kind fragst, was seiner Meinung nach dazu beitragen könnte, dass es ihm besser geht, schlägt Dr. van Zwanenberg vor. „Frag es, wie du es unterstützen kannst“, sagt sie. „Vielleicht möchte es nur umarmt werden oder es wünscht sich Ablenkung, z. B. indem es mit dir einen Film ansieht oder nachts nicht allein gelassen wird. Vielleicht findet es auch nützliche Achtsamkeits-Apps wie Headspace hilfreich.“

Setze die Dinge in Relation

Laut Dr. van Zwanenberg ist es wichtig, das Problem für das Kind zu kontextualisieren, da es seine Gefühle vielleicht nicht als das versteht, was sie wirklich sind, oder das Gefühl hat, dass es „verrückt“ wird, weil es kein Hintergrundwissen zu Depressionen hat.

„Wenn dein Kind Probleme hat, erkläre ihm ruhig, dass es möglicherweise depressiv ist und dass das Problem behandelbar ist, aber dass du verstehst, dass es furchtbar ist, wenn man darunter leidet“, sagt sie.

„Beruhige durch Statistiken, z. B. der Tatsache, dass bei einem von zehn jungen Menschen eine diagnostizierbare psychische Erkrankung vorliegt und Depressionen sehr häufig sind“, so Dr. van Zwanenberg weiter.

Das Wichtigste ist, dein Kind dazu zu ermutigen, offen über seine Psyche zu sprechen (Foto: Getty)
Das Wichtigste ist, dein Kind dazu zu ermutigen, offen über seine Psyche zu sprechen (Foto: Getty)

Versuche, ruhig zu bleiben

Laut Dr. van Zwanenberg ist eines der wichtigsten Dinge, die du als Elternteil tun kannst, ruhig zu bleiben. „Wenn du das, was es dir erzählt, mit einem anderen Familienmitglied oder Freund besprechen musst, um dich selbst zu unterstützen, stelle sicher, dass der junge Mensch nicht das Gefühl hat, dass sein Vertrauen gebrochen wird“, sagt sie.

Versuche es mit Ablenkung

Wenn dein Kind unter extremem Stress leidet, kann Ablenkung helfen. „Es gibt Dinge, die Eltern tun können, damit sich die Emotionen schnell ändern“, so Dr. van Zwanenberg.

Sie rät, zusammen einen Gruselfilm anzusehen, ein witziges Buch zu lesen, lustige Videos im Internet anzuschauen oder alte Fotos von dir oder dem Kind als Baby anzusehen.

Ermutige dein Kind „seine rasenden Gedanken anzuhalten und auszusteigen“

Dr. van Zwanenberg schlägt vor, die Kinder zu ermutigen, metaphorisch eine Mauer zwischen sich und ihren stressigen Gedanken zu errichten. „Fordere es auf, nur für kurze Zeit, z. B. 10 Minuten morgens und abends, an seinePrüfungsängste zu denken. (Damit ist nicht gemeint, dass es nicht lernt, sondern dass es die Sorgen verdrängt)“, sagt sie.

„Bringe dein Kind dazu, sich eine entspannende Erinnerung als sicheren Ort in seinem Kopf vorzustellen“, fährt sie fort. „Bitte es, dir diesen Ort detailliert zu beschreiben, einschließlich der Geräusche, Gerüche, Lichter, Texturen, Gespräche und Gefühle, an die es sich erinnert. Das kann ihm helfen, sich zu entspannen und von seinen Sorgen abzulenken, und mit etwas Übung kann es sich in Stresssituationen mentaldorthin zurückversetzen.“

Nimm frühzeitig Hilfe in Anspruch

„Das Wichtigste ist, professionelle Hilfe für dein Kind in Anspruch zu nehmen“, rät Dr. van Zwanenberg. „Eine Depression ist eine sehr schwierige Krankheit, die ein Risiko für junge Menschen darstellt, aber die Krankheit ist behandelbar und je eher man sie behandelt, umso besser.“

Marie Claire Dorking

VIDEO: Bushido: Familienplanung noch nicht abgeschlossen