Wie wird der Brexit die Modewelt verändern?

Manche in London ansässigen Designer orientieren sich wegen des Brexit bereits anderweitig. [Bild: Reuters]
Manche in London ansässigen Designer orientieren sich wegen des Brexit bereits anderweitig. [Bild: Reuters]

Für viele ist die Modebranche nichts weiter als ein oberflächliches Geschäft, aber sie schafft fast 900.000 Jobs in Großbritannien und trägt jährlich über 32 Mrd. Euro zur Wirtschaft des Landes bei.

Da 90 % der britischen Designer angeblich für den Verbleib in der EU gestimmt haben, ist es kein Wunder, dass der Brexit das Schlimmste ist, das der britischen Modebranche passieren konnte.

Und da Theresa May keinen Zweifel daran lässt, den EU-Austritt umzusetzen, fragt sich die Modewelt nun, was dieser enorme Umbruch für sie bedeuten wird.

Unmittelbar nach dem Referendum gab es einige kurzfristige Vorteile. Da der Wert des Pfund Sterling auf ein historisches Tief gesunken war, machte ASOS den größten Umsatz seit dem Black Friday Sale 2015 und auch Burberry verzeichnete dank der Touristen, die wegen der niedrigen Preise nach London kamen, ein Verkaufsplus von 30 %.

Allerdings könnte sich auf lange Sicht ein signifikanter Einbruch bei den Verkaufszahlen abzeichnen. Der British Fashion Council sieht gleich mehrere Problembereiche: Handel und Investitionen, Talente und Expertise sowie EU-Fördermittel.

Die Kunden werden jedoch vor allem die steigenden Preise wahrnehmen. Luxusgüter sind derzeit in GB zwar billiger als anderswo, aber die Unternehmen könnten gezwungen sein, ihre Preise anzuheben, um das schwache Pfund Sterling zu kompensieren.

Designergeschäfte wie Next, M&S und New Look wurden vom Wertverlust der Währung am schwersten getroffen, da der Großteil ihrer Aktien in Dollar gehandelt wird.

Next hat bereits angekündigt, dass die Preise im nächsten Jahr um bis zu fünf Prozent steigen werden und Experten sagen voraus, dass weitere Marken folgen werden.

Burberrys Verkäufe sind zwar nach dem EU-Referendum gestiegen, aber andere Modemarken haben zu kämpfen. [Bild: PA]
Burberrys Verkäufe sind zwar nach dem EU-Referendum gestiegen, aber andere Modemarken haben zu kämpfen. [Bild: PA]

Die ökonomische Ungewissheit könnte auch für die Hersteller ein Desaster sein. Die Kosten für die Produktion und die Importe von Kleidung könnten um ein Fünftel ansteigen, falls ein harter Brexit durchgesetzt wird.

Modelabels könnten auch gezwungen sein, exorbitante Handelszölle zu zahlen, falls GB es nicht schafft, ein geeignetes Handelsabkommen abzuschließen. Und das würde erneut zu steigenden Preisen führen.

Einige kleinere Designer haben die Auswirkungen des Referendums bereits zu spüren bekommen. Steigende Kosten zwangen diesen Monat das Londoner Strickwaren-Label Sibling, dicht zu machen.

Eine der Mitbegründerinnen der Marke, Cozette McCreery, erklärte die Situation, mit der kleinere Labels aufgrund des Brexit konfrontiert sind: „Wir arbeiten in einer Branche mit sehr engen Verbindungen und Kontakten in Europa. Viele unserer Zulieferer sitzen in Europa, wir verkaufen in Paris, wir verschicken Waren an Geschäfte in der EU und darüber hinaus, wir holen uns Muster aus dem Ausland. Für uns machte es überhaupt keinen Sinn, für einen Austritt zu stimmen.“

„Das macht alles teurer für uns mit den Fabriken und Showrooms. Ein Fabrikbesitzer sagte mir, dass sie besorgt sind, dass [das schwache Pfund] Designer in die Verschuldung treiben könnte und auch zu Schließungen führen könnte.“

Der Herrenmoden-Designer Patrick Grant sieht das genauso und sagte gegenüber der „Financial Times“: „Die meisten unserer Waren werden in GB hergestellt, aber fast alle haben eine Komponente, die von außerhalb Großbritanniens stammt. Der Stoff für unsere Baumwollkleidung kommt aus Italien. Diese Kosten sind gestiegen. Technische Textilien und Reißverschlüsse kommen aus Italien. Die Druckknöpfe und Knöpfe kommen aus Deutschland. Wir verkaufen zwar etwas mehr, weil das Pfund schwach ist, aber tatsächlich wird die Herstellung jedes einzelnen Kleidungsstücks teurer.“

Berichte prognostizieren, dass die Herstellung nach GB zurückkehren könnte, aber da es derzeit nur wenig bis keine Fabriken gibt, würde es einfach zu lange dauern, um die britische Produktion in Gang zu setzen.

ASOS ist nur einer der großen Modehändler, die ihren Hauptsitz in London haben. [Bild: Reuters]
ASOS ist nur einer der großen Modehändler, die ihren Hauptsitz in London haben. [Bild: Reuters]

In einem recht mutigen Schritt kündigte ASOS Pläne an, seine Herstellungskapazitäten in GB bis Dezember zu verdoppeln. Der Online-Händler tat genau das Gegenteil des britischen Modegiganten Burberry, der den Bau einer neuen Fabrik im Norden vorerst auf Eis legte.

Es ist verständlich, warum Modehersteller nicht in Großbritannien produzieren wollen (oder es nicht einmal versuchen). Derzeit wird der Großteil der Rohmaterialien importiert. Wesentliche Elemente wie Reißverschlüsse und Jeansstoff werden nicht in Großbritannien hergestellt und auch die Herstellung von Hemden und Anzügen ist so gut wie nicht existent.

Abgesehen von den Finanzen könnte auch Londons internationaler Ruf als globale Modemetropole leiden. Das geht so weit, dass es Ängste gibt, dass es mit der London Fashion Week vorbei sein könnte. Das wiederum macht anderen Einrichtungen (wie dem British Fashion Council und der University of Arts London) Sorgen, dass Millionen an EU-Fördergeldern verlorengehen könnten.

Der Bürgermeister von London, Sadiq Khan, startete die #LondonIsOpen-Kampagne, um der Skepsis der Welt entgegenzutreten und zu vermitteln, dass die Hauptstadt weiterhin ein attraktiver Standort für Unternehmen ist und dass jeder willkommen ist. Laut den Organisatoren der London Fashion Week konnte die Veranstaltung in der vergangenen Saison mehr internationales Interesse wecken als alle anderen.

Die genauen Auswirkungen, die der Brexit auf die Modebranche haben wird, sind noch nicht absehbar. Großbritannien braucht auch weiterhin das Vertrauen der Welt, um eine Rezession abwenden zu können, während junge Talente weiterhin Unterstützung benötigen, um die nächsten großen Namen der Branche zu werden.

Hoffen wir, dass Theresa May bei ihren künftigen Entscheidungen auch an die Modebranche denkt.

Lauren Sharkey
Yahoo Style UK