Wundermittel Apfelessig: Mythos auf dem Prüfstand

Was Apfelessig kann – und was nicht

Apfelessig
Wohl kaum einem Hausmittel wird ein so vielfältiges Wirkspektrum zugeschrieben wie Apfelessig. (Bild: Getty Images)

Ob als Geheimtipp zum Abnehmen, für die Verdauung oder zur Hautpflege – Apfelessig wird oft als Allheilmittel angepriesen. Selbst bei Asthma, Warzen, Wetterfühligkeit, Kopfschmerzen, Tinnitus oder Hämorrhoiden soll er helfen. Doch während viele Menschen von den vermeintlichen Vorteilen schwärmen, stehen Wissenschaftler*innen dem Essig skeptisch gegenüber.

Studien deuten darauf hin, dass Apfelessig tatsächlich einige gesundheitliche Vorteile bieten kann. Für viele andere behauptete Wirkungen gibt es keine wissenschaftlichen Belege, denn die Studienlage ist bislang sehr dünn. Wir haben uns einige gängige Mythen über Apfelessig genauer angesehen und von Expert*innen der Verbraucherzentrale beurteilen lassen.

Was ist Apfelessig und welche Inhaltsstoffe enthält er?

Apfelessig entsteht durch Fermentation von zerkleinerten Äpfeln und Wasser. Zunächst wird Apfelwein durch Hefegärung hergestellt. Dann wird der Apfelwein mit Essigsäurebakterien fermentiert, wodurch Essig entsteht. Nach der Reifung wird der Essig gefiltert und abgefüllt. Nur ein Teil der im Apfel enthaltenen Vitamine und sekundären Pflanzenstoffe geht in den Essig über. Naturtrüber Essig enthält mehr davon als die klare Variante. Der Mineralstoffgehalt von 100 Gramm naturtrübem Apfelessig entspricht in etwa dem von 100 Gramm Äpfeln. Damit ist er laut Aussage der Verbraucherzentrale nicht so hoch, dass er besonders angepriesen werden dürfte.

Dafür müssen nämlich – so will es das Gesetz - mindestens 15 Prozent der sogenannten Referenzmenge (NRV) in 100 Gramm enthalten sein. Das wird weder für Kalium noch für Magnesium oder Calcium erreicht. Davon abgesehen: So große Mengen Apfelessig nimmt man in der Regel nicht zu sich.Verbraucherzentrale

Wirkt Apfelessig positiv auf den Blutzuckerspiegel?

Es gibt Hinweise darauf, dass Apfelessig helfen kann, den Blutzuckerspiegel zu regulieren, insbesondere nach einer kohlenhydratreichen Mahlzeit, indem er die Insulinempfindlichkeit verbessert. Dazu trinkt man vor dem Essen ein Glas Wasser mit einem Esslöffel Apfelessig. Schöner Nebeneffekt: Wer abnehmen will, profitiert von der füllenden Wirkung des Wassers.

Hilft Apfelessig beim Abnehmen?

Liegt es dann nicht nahe, dass Apfelessig auch beim Abnehmen helfen kann? Gerade im Frühling und Sommer haben Abnehmdrinks mit Apfelessig wie der "Switchel" Hochkonjunktur. Deren Wirkung ist jedoch wissenschaftlich nicht belegt. Laut der Verbraucherzentrale Sachsen konnte aber in einem Tierversuch an Ratten ein signifikanter Abnehmeffekt festgestellt werden. Um jedoch herauszufinden, ob die Ergebnisse der Studie auch auf Menschen anwendbar sind, sind weitere Untersuchungen nötig.

Kann Apfelessig den Cholesterinspiegel senken?

Mehrere Studien (nachzulesen hier, hier und hier) konnten sowohl bei Tieren als auch Menschen positive Effekte von Apfelessig-Konsum auf die Blutfettwerte feststellen. Dazu zählten unter anderem signifikant verringerte Gesamtcholesterinwerte im Serum.

Unterstützt Apfelessig eine gesunde Immunfunktion des Körpers?

In einer Studie mit Ratten wurde festgestellt, dass Apfelessig bei übergewichtigen Ratten zu antioxidativen Effekten führte. Weniger oxidativer Stress ist auch mit einer Unterstützung des Immunsystems verbunden. Allerdings ist auch in diesem Kontext bislang nicht geklärt, inwiefern diese Erkenntnisse auf den Menschen anwendbar sind.

Welche Wirkung kann man von Apfelessig in Kapselform zu erwarten?

Apfelessig enthält nur geringe Mengen an Mikronährstoffen. Ob diese in Apfelessigkapseln vorhanden sind, bleibt unklar. Denn Herstellerinformationen sind dazu nur selten verfügbar. Viele Apfelessig-Nahrungsergänzungsmittel enthalten stattdessen synthetische B-Vitamine wie B1, B2, B6, Vitamin C, Folsäure oder Biotin. Natürlichkeit ist damit Fehlanzeige.

Die meisten Kapseln enthalten etwa 500 Milligramm Apfelessigextrakt. Einige enthalten auch Apfelpektin und Apfelfasern. Die genaue Zusammensetzung des Extrakts kann je nach Herstellungsverfahren variieren. Apfelpektin und Apfelfasern können als Ballaststoffe eine leicht sättigende Wirkung haben, besonders wenn sie mit ausreichend Flüssigkeit eingenommen werden. Laut der Verbraucherzentrale gibt es keinen nachgewiesenen Nutzen durch den Verzehr von Apfelessig-Nahrungsergänzungsmitteln. Sie sind aber auch nicht schädlich.

Wichtig: Da Nahrungsergänzungsmittel im Gegensatz zu Arzneimitteln kaum Regularien unterliegen und kein Zulassungsverfahren durchlaufen, kommt es häufig zu Qualitäts- und Reinheitsproblemen. Das zeigt sich zum Beispiel an einer Studie, die verschiedene Apfelessig-Nahrungsergänzungsmittel untersuchte und dabei starke Mängel hinsichtlich der Angaben auf der Verpackung und der Qualität des Inhalts festgestellt hat. So wurde teilweise sogar angezweifelt, ob überhaupt Apfelessig enthalten ist.

Fazit:

Sie können Apfelessig als Salatzutat oder Gewürz ohne Bedenken verwenden. Es spricht auch nichts dagegen, ein bis zwei Teelöffel Obstessig einzunehmen – mit oder ohne Wasser. Bevor Sie jedoch versuchen, Beschwerden selbst zu behandeln, sollten Sie besser zunächst in der Arztpraxis nachfragen. Und: Sollten Sie regelmäßig puren Apfelessig einnehmen, spülen Sie den Mund mit Wasser nach und putzen Sie nicht unmittelbar danach die Zähne. Die Säuren des Essigs können den Zahnschmelz angreifen.Verbraucherzentrale