Zu viel Stress? Darum sollte man die Einladung zur Weihnachtsfeier vielleicht ablehnen

Wenn du in diesem Monat das Gefühl hast, dir wird alles zu viel, bist du nicht alleine. Etwa 89 % der Amerikaner klagen in diesem Jahr laut der American Psychological Association über Weihnachtsstress.

Warum und wie du eine Einladung zur Weihnachtsfeier ablehnen solltest, wenn es dir zu viel wird
Die meisten Menschen werden es dir laut einer aktuellen Studie nicht übelnehmen, wenn du ihre Einladung ablehnst. (Symbolbild: Getty Images)

Über 30 % geben die Schuld daran einer Überzahl an Verpflichtungen und einem Mangel an Zeit - zwischen Last-Minute-Einkäufen, Reiseplanung und den permanenten Weihnachtsfeiern.

Tatsächlich hat eine Umfrage ergebe, dass Amerikaner zu dieser Jahreszeit etwa eine Stunde weniger schlafen, was die Stimmung beeinträchtigen und zu Burnout führen kann. Für Menschen, die ohnehin schon an psychischen Erkrankungen leiden, können der Druck und die Erwartungen der Weihnachtszeit die Symptome verschlimmern und Rückfälle oder schädliche Bewältigungsmechanismen auslösen, wie den Missbrauch von Drogen oder Alkohol.

Es ist völlig in Ordnung, Nein zu sagen

Selfcare, Zeitmanagement und Schlaf sind der Schlüssel, um diesen Monat gesund zu überstehen, so Mediziner. Allerdings neigen wir während der Feiertage dazu, zu allen Ja zu sagen, nur nicht zu uns selbst.

Deshalb möchten wir dich heute daran erinnern, und das ist wissenschaftlich hinterlegt: Es ist völlig in Ordnung, Nein zu sagen. Wirklich. Neue Forschungsergebnisse, die im Journal of Personality and Social Psychology veröffentlicht wurden, zeigen, dass wir uns zu viele Gedanken über die Folgen machen, wenn wir eine Einladung ablehnen. Tatsächlich aber führt eine Absage zu einer Weihnachtsfeier, wenn man es einfach nicht mehr schafft, nicht zu verletzten Gefühlen oder bösem Blut.

In einer Reihe von Studien mit über 2.000 Teilnehmern verglichen Forscher die Bedenken, die Menschen hatten, wenn sie Einladungen ablehnten, mit den Gefühlen, die die Gastgeber tatsächlich hatten, wenn man ihre Einladungen höflich ablehnte.

"Wir haben sowohl persönliche Einladungen von Ehepartnern als auch Einladungen zu Weihnachtsfeiern von Freunden untersucht", erklärt Julian Givi, Assistenzprofessor für Marketing an der West Virginia University, der die Studie gemeinsam mit Colleen Kirk, außerordentlicher Professorin am New York Institute of Technology, verfasst hat, gegenüber Yahoo Life. "Wir haben immer wieder festgestellt, dass Menschen die negativen Folgen einer Absage von Einladungen überbewerten."

Angst vor Ablehnung ist natürlich

Trotz der Bedenken der "Eingeladenen", waren ein Großteil der "Einladenden" weder verärgert noch gekränkt, wenn jemand ihre Einladung ablehnte. Was wir daraus mitnehmen können: "Wir machen uns zu viele Sorgen darüber, möglicherweise Leute zu verärgern, wenn wir das gar nicht müssen", sagt Givi.

Das macht es noch lange nicht einfacher, Nein zu sagen. Trotz der Beweislage haben wir es mit einer natürlichen Angst zu tun, eine Chance abzulehnen. "Wir denken, dass wir beim nächsten Mal nicht mehr eingeladen werden, wenn wir eine Einladung ablehnen", so Vanessa Patrick, Autorin von The Power of Saying No: The New Science of How to Say No That Puts You in Charge of Your Life (auf Deutsch: "Die Kraft des Neinsagens: Die neue Wissenschaft des Neinsagens, mit der Sie die Kontrolle über Ihre Leben behalten"). Zum Glück gibt es einige erwiesene Strategien zum Neinsagen, damit du im nächsten Jahr nicht von der Gästeliste gestrichen wirst.

Sag nicht sofort zu

Frühere Studien zeigen, dass Menschen gern erst Ja sagen und sich dann später mit den Folgen auseinandersetzen. Und das führt zu mehr Problemen, zum Beispiel Absagen im letzten Moment oder sich Hinschleppen, wenn man eigentlich dringend einen ruhigen Abend für sich braucht. Patrick rät stattdessen, einen Moment innezuhalten, bevor man auf eine Einladung reagiert. "Wenn man sich Zeit nimmt, kann man sich Gedanken darüber machen, ob es gut für einen wäre oder nicht", sagt sie.

Eine Weihnachtsfeier kann lustig sein – wenn man auch wirklich hingehen will. (Symbolbild: Getty Images)
Eine Weihnachtsfeier kann lustig sein – wenn man auch wirklich hingehen will. (Symbolbild: Getty Images)

Es kann dir beim Priorisieren helfen, wenn du dir die Frage stellst: "Was habe ich zu verlieren, wenn ich Ja sage?". Vielleicht ist es nötiger Schlaf oder deine einzige Gelegenheit, noch schnell die letzten Geschenke zu besorgen, oder vielleicht einfach nur ein wenig Selfcare-Zeit in einem sonst sehr mit Terminen vollgepackten Monat. Wenn es hilft, nimm dir bewusst Zeit für persönliche Prioritäten, auch wenn sie noch so banal erscheinen. Je bewusster du die Entscheidung triffst, eine Einladung abzulehnen, desto weniger wahrscheinlich ist es, dass du dir deshalb Sorgen machst oder deine Entscheidung bereust.

Finanzielle Gründe sind immer eine gute Ausrede

Wenn du auf der Suche nach einer guten Entschuldigung bist, sind deine Ausgaben zur Weihnachtszeit immer gut. Eine Studie von 2021 hat ergeben, dass Menschen sehr viel mehr Verständnis für Entschuldigungen hatten, die mit Geld zu tun hatten ("Ich kann es mir nicht leisten") als für Entschuldigungen, die mit Zeit zusammenhängen ("Ich habe zu viel zu tun").

Ein Abendessen oder der Austausch von Geschenken in einer Gruppe mag vielleicht nicht übermäßig viel kosten, aber in einer Zeit mit Geschenkeshopping, Reisen und versteckten Kosten kann es sich schnell summieren. Und vergiss nicht, dass Zeit Geld ist. Wenn du von beidem nicht ausreichend hast, wirst du langfristig die Konsequenzen spüren. "Wir haben in unserer Forschung gesehen, dass man langfristig mehr für etwas bezahlt, wenn man es sich anschafft, obwohl man es sich eigentlich nicht leisten kann", so Patrick. Fazit: Wenn wir es uns nicht leisten können, sollten wir es nicht tun. Dein Gastgeber wird Verständnis dafür haben.

Erkläre dich nicht zu sehr

Egal, welchen Grund du nennst, fasse dich kurz und höflich. "Nein ist ein vollständiger Satz", so Patrick. "Wenn du versuchst, dich zu erklären, gibst du der anderen Person oftmals Munition in die Hand, um deine Meinung zu ändern". Außerdem kann das zu Missverständnissen führen. Oder, was noch schlimmer ist: ein vages "Vielleicht", wenn du es nicht so meinst. "Wenn du eine Weihnachtsfeier veranstaltest und jemand nur aus Höflichkeit 'vielleicht' sagt, kannst du schlecht planen, weil du nicht weißt, wie viele Leute wirklich erscheinen werden", so Givi. Tatsächlich kann ein Vielleicht, weil du deinen Gastgeber nicht verletzten willst, nach hinten losgehen, denn es kann sein, dass du die Partyplanung verzögerst.

Sei stattdessen bestimmt und fühl dich nicht verpflichtet, überhaupt einen Grund zu nennen. "Vergiss nicht, dass du nur die Einladung ablehnst und nicht die Person, die dich einlädt", so Patrick. "Wenn du das verstehst, hast du weniger das Gefühl, es der Person rechtmachen zu müssen."

Es muss nicht immer das Stößchen unter Kollegen sein. (Symbolbild: Getty Images)
Es muss nicht immer das Stößchen unter Kollegen sein. (Symbolbild: Getty Images)

Versuch's mit "Ich will nicht" anstatt "Ich kann nicht"

Forschung hat ergeben, dass ein Nein, das in einer persönlichen Politik verankert ist, eine seit langem bestehende Haltung zu einer Sache widerspiegelt, die von den Menschen eher akzeptiert wird. Eine im Journal of Consumer Research veröffentlichte Studie ergab, dass die Formulierung "Ich will nicht" bei der Ablehnung eines Angebots besser ankommt und letztlich auch effektiver ist als die Formulierung "Ich kann nicht".

"Wenn du sagst 'Ich gehe unter der Woche nicht aus' oder 'Ich versuche gerade, mehr auf mein Geld zu achten', gibst du eine persönliche Politik statt einer Entschuldigung wieder", erklärt Patrick, die Co-Autorin des Papers ist. Wenn du deine eigenen, bestehenden Grenzen kommunizierst, wirst du eher bei deiner Entscheidung bleiben. Außerdem zeigst du damit, dass die Abfuhr nicht persönlich ist, es ist einfach eine generelle Regel in deinem Leben.

Gib eine Dosis Bestätigung hinzu

Wenn du dich immer noch um verletzte Gefühle sorgst, empfiehlt Givi die patentierte "Nein... aber"-Strategie. Zum Beispiel: "Diesen Monat ist wahnsinnig viel los, aber ich würde gerne etwas nach den Feiertagen planen." Jede kleine Beruhigung mildert den Schlag. Und wenn du wirklich besorgt bist, melde dich nach den Feiertagen und schlage selbst einen Plan vor.

Fühl dich gut bei deinem bewussten Nein

Seien wir ehrlich: Manche Leute akzeptieren kein Nein. Besonders manche enge Verwandte können einen sehr gut durch Schuldgefühle manipulieren. In manchen Fällen ist es einfacher, die Zähne zusammenzubeißen und an einem emotional aufgeladenen, logistisch fürchterlichen Familientreffen teilzunehmen, anstatt mit den Folgen einer Absage zu leben. Aber wenn es wirklich nicht anders geht, ist es Zeit für etwas, was Patrick als "entschlossene Ablehnung" bezeichnet.

"Die entschlossene Ablehnung ist eine Art des Neinsagens, die mit deiner Identität zusammenhängt und deren Basis deine eigenen Prioritäten sind", erklärt sie. "Je sicherer du dir in deinen eigenen Prioritäten bist, auf desto weniger Widerstand wirst du stoßen, wenn du eine Entscheidung triffst oder eine Einladung ablehnst."

Der Schlüssel liegt darin, dir deine idealen Pläne vorzustellen, einschließlich der zugrunde liegenden Werte, die sie prägen. Vielleicht ist es dein Ziel, vor dem neuen Jahr mehr Zeit zu Hause zu verbringen. Wenn du mit psychischen Problemen zu kämpfen hast, solltest du vielleicht bestimmte Ereignisse vermeiden, die schädliche Bewältigungsmechanismen oder Rückfälle auslösen könnten. Notieren dir deine selbst auferlegten Prioritäten für diesen Monat und bereite dich darauf vor dich sich zu behaupten. "Schränke deine Entschuldigung so weit wie möglich ein", rät Patrick. "Entschuldigungen sind nur vorübergehend, und du solltest dein 'Nein' auf persönlichen Grenzen und Identität basieren".

Du kannst außerdem deine Lieben daran erinnern, dass das Setzen von Grenzen eurer Beziehung guttun wird. "Es ist oft so, dass wir, wenn wir Ja sagen, die Person, die uns dazu treibt, dafür hassen", so Patrick. "Du willst aber nicht schlecht gelaunt oder streitsüchtig zum Weihnachtsessen erscheinen." Du kannst sogar sagen, dass du dich von deiner besten Seite am Tisch zeigen willst, aber diese Seite erst wieder im nächsten Monat verfügbar ist.

"Mein Rat ist, darüber nachzudenken, was du dir in der Weihnachtszeit wünschst", so Patrick. "Frag dich, ob jede der Optionen mit deinen Zielen für den Monat und dem großen Ganzen in Einklang stehen." Das soll aber nicht heißen, dass du auf jede Art von Feierlichkeit verzichten musst.

"Das ultimative Fazit ist nicht, dass du Veranstaltungen auslassen musst", so Givi. "Aber wenn du dich bereits ausgebrannt fühlst, bedeutet ein Nein wirklich nicht das Ende der Welt."

Im Video: Festliche Weltrekorde