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Zurücklehnen im Flugzeug: Darf man das um jeden Preis?

Die verstellbaren Rückenlehnen sind ein häufiger Grund für Konflikte in der Luft. (Bild: Getty Images/Jason Hetherington)
Die verstellbaren Rückenlehnen sind ein häufiger Grund für Konflikte in der Luft. (Bild: Getty Images/Jason Hetherington)

Sitzplätze in Flugzeugen haben verstellbare Rückenlehnen, die den ohnehin schon knappen Platz in der Reihe dahinter zusätzlich einschränken. Muss man deswegen darauf verzichten, sie zu verwenden?

Fliegen ist innerhalb des letzten Jahrzehnts stark vergünstigt, aber auch zunehmend unbequem geworden. Das liegt daran, dass Fluglinien versuchen, so viele Passagiere wie möglich in den Maschinen unterzubringen, wodurch der Platz zwischen den Reihen geschrumpft ist. 1949 lag er noch bei über 100 Zentimeter, heute sind es auf Langstrecken meist nur noch 79 Zentimeter. Auf Kurzstrecken wird es noch enger: Da liegt er meist zwischen 74 und 76 Zentimetern. Bei Billigfliegern ist er bisweilen sogar auf 71 Zentimeter geschrumpft.

Gesetzliche Mindestmaße für die Beinfreiheit gibt es nicht: Solange Fluglinien beweisen können, dass sie in der Lage sind, ein Flugzeug im Notfall innerhalb von 90 Sekunden zu evakuieren, ist ihnen überlassen, über wie viele Sitzplätze ein Flugzeug verfügt und wie eng es dabei für die Passagiere wird. Wer mehr Platz will, muss Business Class fliegen.

Dementsprechend erbittert wird deswegen selbst um wenige Zentimeter gerungen: Nämlich jene, die entstehen, wenn man die Rückenlehne des Sitzes verstellt. Das ist grundsätzlich Sache der Passagiere: Abseits von Start und Landung darf man im Normalfall die Rückenlehne des eigenen Sitzes so einstellen, wie man möchte. Dennoch ist es alles andere als unumstritten: In einer Umfrage des „Telegraph Travel“ aus dem Jahr 2014 waren ganze 70 Prozent von 18.000 Personen der Meinung, dass die verstellbaren Rückenlehnen aus Flugzeugen verbannt werden sollten. Bei einer Befragung des Reiseportals Skyscanner sprachen sich sogar 91 Prozent von 1.000 Personen dafür aus, dass das Verstellen der Rückenlehne auf Kurzstrecken nur eingeschränkt erlaubt sein sollte.

Es gibt sogar ein Gerät, das an dem Klapptisch vor einem befestigt werden kann und die Person in der Reihe davor daran hindert, ihren Sitz zu verstellen. Die Verwendung dieses „Knee Defender“, was übersetzt „Knie-Verteidiger“ bedeutet, hat vor einigen Jahren einen Konflikt an Bord verursacht, der so außer Kontrolle geriet, dass der Pilot eine Notlandung vornehmen musste.

Die Stewardess und Autorin des Buches „‚Wir haben soeben unsere Reiseflughöhe vergessen‘: Eine Stewardess erzählt“, Heather Poole, sagt zu dem Thema: „Jeder Passagier hat das Recht, seine Rückenlehne nach hinten zu klappen. Ja, auch während der Mahlzeiten (wobei sie bei einigen ausländischen Airlines angeblich aufrecht stehen müssen).“ Im Idealfall lässt man dabei Vorsicht walten oder kündigt das Verstellen der Lehne vorab an, bestätigt Poole. „Natürlich sollten die Passagiere ihre Sitze immer vorsichtig nach hinten klappen.“ Zur Freundlichkeit an Bord ist aber niemand verpflichtet.

Einige Fluglinien sind bereits dazu übergegangen, Sitze ohne verstellbare Rückenlehne zu installieren. Dazu zählen neben den Billigfliegern Ryanair auch Norwegian Air und British Airways. Letztere löst das Problem auf Kurzstrecken mit neuen Sitzen, deren Lehne bereits vorab in eine angenehme Lehnposition eingestellt ist. Denn die einfachste Lösung für das Problem mit den Rückenlehnen folgt dem Domino-Prinzip: Wenn alle ihre Sitze zurückstellen, hat jeder Passagier exakt gleich viel Platz – und eine angenehme Sitzposition.