Angst bestimmt ihr Leben – Sie merken es nur nicht!

Entdecken Sie, wie unbewusste Angst Ihr Leben beeinflusst und lernen Sie, sie als guten Freund zu betrachten

Entdecken Sie, wie unbewusste Angst Ihr Leben beeinflusst und lernen Sie, sie als guten Freund zu betrachten

Getty Images, MementoJpeg

Angst ist eine grundlegende Emotion, die unser Leben in vielerlei Hinsicht beeinflusst. Oftmals bemerken wir gar nicht, wie sehr sie unser Denken und Handeln bestimmt. In diesem Beitrag geht es darum, die persönlichen Angstmechanismen zu erkennen und Wege aufzuzeigen, wie der Mut größer wird und die Angst als Freund und Botschafter wahrgenommen werden kann.

Haben Sie sich jemals gefragt ... ?

  • Warum Sie bestimmte Entscheidungen treffen oder Situationen meiden?

  • Weshalb Sie in bestimmten Momenten unsicher oder unwohl fühlen?

  • Ob Ihre Reaktionen auf Herausforderungen von Angst geprägt sind?

Vielleicht ist es nicht nur Ihr Bauchgefühl, das Sie leitet, sondern eine tief verwurzelte Angst, die unbewusst Ihr Leben beeinflusst.

Warum nimmt Angst überhand?

Im Moment sind wir ständig mit Nachrichten über Kriege und großen gesellschaftlichen Veränderungen konfrontiert. Diese Flut negativer Informationen kann unser inneres Gleichgewicht stören und führt dazu, dass Angst ein dauerhafter Besucher in unserem Leben wird. Angst ist der größte Energie, Kreativität und Freiheitsräuber, sie hindert uns daran, unser volles Potenzial auszuschöpfen und neue Wege zu gehen. Und Angst signalisiert die Abwesenheit der Liebe.

Was ist Angst?

Angst ist eine Basisemotion, die tief in unserem Nervensystem verankert ist. Ursprünglich diente sie als Schutzmechanismus, um in wirklich gefährlichen Situationen schnell reagieren zu können. Heute ist es selten der Säbelzahntiger, der uns bedroht, aber die Mechanismen sind dieselben. Angst beeinflusst unser Denken, unser Fühlen und unser Handeln, oft unbewusst. Und das hat massiven Einfluss auf unser Leben – es bleibt in weiten Teilen ungelebt.

Welcher Angst-Typ sind Sie?

Finden Sie heraus, wie Sie mit Angst umgehen! Beantworten Sie die folgenden fünf Fragen ganz ehrlich:

Frage 1: Wie fühlen Sie sich, wenn eine große Veränderung bevorsteht?

  • (A) Panisch und möchten sie vermeiden.

  • (B) Wütend und kämpfen dagegen an.

  • (C) Gelähmt und überfordert.

  • (D) Anpassungsfähig und versuchen, es allen recht zu machen.

Frage 2: Wie reagieren Sie auf Kritik?

  • (A) Sie nehmen sie sich sehr zu Herzen und ziehen sich zurück.

  • (B) Sie verteidigen sich sofort oder werden wütend.

  • (C) Sie fühlen sich hilflos und blockiert.

  • (D) Sie versuchen, sich anzupassen und es in Zukunft besser zu machen.

Frage 3: Was hält Sie am meisten davon ab, Ihre Träume zu verfolgen?

  • (A) Angst vor dem Ungewissen.

  • (B) Angst vor Misserfolg oder Widerstand.

  • (C) Sie wissen gar nicht, wo Sie anfangen sollen.

  • (D) Angst davor, was andere denken könnten.

Frage 4: Wie gehen Sie mit unerwarteten Herausforderungen um?

  • (A) Sie vermeiden sie und suchen nach Auswegen.

  • (B) Sie stellen sich ihnen direkt und versuchen, sie zu überwinden.

  • (C) Sie fühlen sich überfordert und wissen nicht, was Sie tun sollen.

  • (D) Sie passen sich der Situation an und versuchen, es allen recht zu machen.

Frage 5: Wie reagieren Sie, wenn Sie in einer Gruppe eine Entscheidung treffen müssen?

  • (A) Sie halten sich zurück und lassen andere entscheiden.

  • (B) Sie übernehmen die Führung und setzen Ihren Standpunkt durch.

  • (C) Sie fühlen sich unsicher und warten ab, was passiert.

  • (D) Sie stimmen der Mehrheit zu, um Konflikte zu vermeiden.

Auswertung: Welche Antwort haben sie am meisten gewählt?

  • Überwiegend (A) = Flucht-Typ.

  • Überwiegend (B) = Kampf-Typ.

  • Überwiegend (C) = Erstarrungs-Typ.

  • Überwiegend (D) = Anpassungs-Typ.

Kurz erklärt: Die 4 Angst-Typen 

1. Der Flucht-Typ

In der Psychologie bezeichnet der Begriff Flucht-Typ eine Person, die in stressigen oder bedrohlichen Situationen dazu neigt, sich zurückzuziehen oder die Konfrontation zu vermeiden. Dieses Verhalten ist Teil der sogenannten "Kampf-oder-Flucht-Reaktion", einer natürlichen Stressantwort des Körpers auf wahrgenommene Gefahren.

Beispiel: Marina stammt aus einer Familie, in der niemand je Verantwortung übernommen hat. Ihre Eltern waren passiv und reagierten erst, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gab – sie praktizierten die sogenannte Vogel-Strauß-Methode. Dies führte dazu, dass Marina im Erwachsenenleben Angst hat, Verantwortung zu übernehmen. Immer wenn es ernst wird – sei es in Beziehungen, der Familie oder im Beruf – zieht sie sich zurück. Sie redet sich ein, dass sie noch nicht bereit ist oder dass es nicht der richtige Moment ist. In Wahrheit ist es die Angst vor Versagen, die sie lähmt.

Typische Merkmale des Flucht-Typs:

  1. Vermeidungsverhalten: Betroffene meiden konsequent Situationen, die potenziell unangenehm oder herausfordernd sein könnten.

  2. Prokrastination: Wichtige Aufgaben werden immer wieder aufgeschoben, oft mit der Begründung, noch nicht bereit zu sein.

  3. Selbstsabotage: Durch das Vermeiden von Verantwortung oder Herausforderungen verhindern sie unbewusst ihren eigenen Erfolg.

  4. Rationalisierung: Sie finden stets plausible Erklärungen dafür, warum sie bestimmte Dinge nicht tun können oder sollten.

  5. Rückzug bei Stress: In stressigen oder konfrontativen Situationen ziehen sie sich zurück, anstatt sich der Herausforderung zu stellen.

Diese Verhaltensweisen führen dazu, dass der Flucht-Typ oft Chancen verpasst und sein Potenzial nicht vollständig ausschöpft. Das ständige Vermeiden kann zudem zu einem Gefühl der Unzufriedenheit und des Stillstands im Leben führen.

2. Der Kampf-Typ

In der Psychologie wird der Kampf-Typ als eine Person beschrieben, die in stressigen oder bedrohlichen Situationen mit aktiver Konfrontation reagiert. Statt sich zurückzuziehen oder zu erstarren, geht dieser Persönlichkeitstyp in die Offensive, um die wahrgenommene Bedrohung zu bewältigen.

Beispiel: Melanie wuchs in einer streitlustigen Familie auf, in der Hinweise oder Kritik schnell zu eskalierenden Auseinandersetzungen führten. Heute reagiert sie auf ähnliche Weise. Wenn sie sich bedroht fühlt, wird sie laut, streitet oder lehnt Dinge grundsätzlich ab. Sie glaubt, dass Angriff die beste Verteidigung ist, doch in Wahrheit schützt sie sich nur davor, sich ihren eigenen Unsicherheiten zu stellen.

Typische Merkmale des Kampf-Typs:

  1. Aggressives Verhalten: Betroffene neigen dazu, in bedrohlichen oder unangenehmen Situationen schnell in die Offensive zu gehen, oft durch lautes Sprechen oder Streit.

  2. Dominanzstreben: Sie versuchen, die Kontrolle über Situationen zu behalten, indem sie andere dominieren oder deren Meinungen unterdrücken.

  3. Geringe Frustrationstoleranz: Bereits kleine Unannehmlichkeiten oder Kritik können starke Abwehrreaktionen auslösen.

  4. Schwarz-Weiß-Denken: Situationen oder Menschen werden oft als völlig gut oder schlecht eingestuft, ohne Grauzonen zuzulassen.

  5. Vermeidung von Verletzlichkeit: Durch ihr kämpferisches Verhalten vermeiden sie, ihre eigenen Ängste oder Unsicherheiten zu erkennen oder zu zeigen.

Diese Verhaltensweisen führen dazu, dass der Kampf-Typ oft Konflikte provoziert und Beziehungen belastet. Das ständige Kämpfen kann zudem zu einem Gefühl der Isolation und inneren Unruhe führen.

3. Der Erstarrungs-Typ

Dieser Typus zeichnet sich durch eine starke Neigung aus, in stressigen oder angstauslösenden Situationen zu erstarren oder sich zurückzuziehen. Diese Personen können Schwierigkeiten haben, Entscheidungen zu treffen oder aktiv zu handeln, wenn sie mit Herausforderungen konfrontiert werden. Oft fühlen sie sich überwältigt und haben das Gefühl, dass sie die Kontrolle über ihre Emotionen oder die Situation verlieren. Es kann auch sein, dass sie in sozialen Interaktionen schüchtern oder gehemmt wirken.

Beispiel: Lisas Eltern waren mit den vielfältigen Herausforderungen des Lebens – sei es als Eltern, Partner oder Berufstätige – überfordert und fühlten sich oft von Schicksalsschlägen überwältigt und als Opfer. Diese Erfahrungen prägten Lisa nachhaltig. Heute fühlt sie sich bei auftretenden Unsicherheiten oder Herausforderungen schnell überfordert und innerlich blockiert. Anstatt aktiv zu handeln, verharrt sie in Passivität und meidet die Auseinandersetzung mit der Situation.

Typische Merkmale des Erstarrungs-Typs:

  1. Innere Blockade: Bei unerwarteten oder stressigen Ereignissen fühlen sich Betroffene wie gelähmt und sind unfähig, Entscheidungen zu treffen oder zu handeln.

  2. Passivität: Anstatt aktiv auf Herausforderungen zu reagieren, ziehen sie sich zurück und vermeiden Konfrontationen.

  3. Emotionale Taubheit: Gefühle werden unterdrückt oder nicht wahrgenommen, was zu einer inneren Leere führt.

  4. Vermeidung von Verantwortung: Sie scheuen davor zurück, Verantwortung zu übernehmen, aus Angst, den Anforderungen nicht gerecht zu werden.

  5. Rückzug aus sozialen Kontakten: Um möglichen Stressoren zu entgehen, isolieren sie sich zunehmend von ihrem sozialen Umfeld.

Diese Verhaltensweisen führen dazu, dass der Erstarrungs-Typ oft Chancen verpasst und sein Potenzial nicht ausschöpft. Das ständige Verharren in Passivität kann zudem zu Gefühlen der Unzufriedenheit und des Stillstands im Leben führen.

4. Der Anpassungs-Typ

Er zeichnet sich durch ein starkes Bedürfnis aus, anderen zu gefallen und sich an die Erwartungen und Normen der Umgebung anzupassen. Diese Personen neigen dazu, ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche zugunsten der Harmonie und Akzeptanz zurückzustellen. Sie haben oft Angst vor Ablehnung oder Konflikten und versuchen, durch Anpassung und Gefälligkeit negative Reaktionen zu vermeiden. Dies kann dazu führen, dass sie ihre eigenen Grenzen nicht klar kommunizieren und sich in ihrer Identität unsicher fühlen.

Beispiel: Sabine wurde als Kind mit hohen Erwartungen ihrer Eltern konfrontiert. Wenn sie sich so verhielt, wie sie es fühlte, signalisierten ihre Eltern: "Wir lieben dich, aber nur, wenn du brav bist und das machst, was wir uns von dir wünschen." Dies führte dazu, dass Sabine ihre eigenen Wünsche und Gefühle unterdrückte und sich anpasste. Heute setzt sie dieses Verhalten in allen Lebensbereichen fort – sei es im Beruf, in Freundschaften, Partnerschaften oder innerhalb der Familie. Sie stellt ihre eigenen Bedürfnisse zurück, um Anerkennung und Liebe zu erhalten.

Typische Merkmale des angepassten Typs:

  1. Starke Orientierung an den Erwartungen anderer: Betroffene richten ihr Verhalten und ihre Entscheidungen primär danach aus, was sie glauben, dass andere von ihnen erwarten.

  2. Schwierigkeiten, eigene Bedürfnisse zu erkennen oder zu äußern: Sie haben oft keinen klaren Zugang zu ihren eigenen Wünschen und Empfindungen oder zögern, diese mitzuteilen.

  3. Übermäßiges Harmoniebedürfnis: in starkes Verlangen nach Konfliktvermeidung führt dazu, dass sie ihre eigenen Standpunkte nicht vertreten und stattdessen nachgeben.

  4. Angst vor Ablehnung oder Konflikten: Die Furcht, von anderen nicht akzeptiert oder geliebt zu werden, hält sie davon ab, ihre eigene Meinung zu äußern oder gegen den Strom zu schwimmen.

  5. Tendenz, eigene Wünsche zu unterdrücken: Um die Erwartungen anderer zu erfüllen, neigen sie dazu, ihre eigenen Bedürfnisse dauerhaft hintanzustellen.

Das ständige Anpassen kann zu einem Verlust der eigenen Identität und innerer Unzufriedenheit führen, da persönliche Bedürfnisse unterdrückt werden. Zudem wird das Selbstwertgefühl stark von externer Bestätigung abhängig, was emotionale Instabilität und Schwierigkeiten in Beziehungen zur Folge haben kann. Langfristig erhöht dies das Risiko für Burn-out, weshalb es wichtig ist, dass Betroffene lernen, ihre eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und zu kommunizieren, um ein erfüllteres Leben zu führen.

Angst ist ein natürlicher Bestandteil des menschlichen Lebens und dient als Schutzmechanismus vor potenziellen Gefahren. Doch wenn sie überhandnimmt, kann sie unser Wohlbefinden und unsere Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Es ist daher essenziell, Wege zu finden, um Ängste zu erkennen und konstruktiv mit ihnen umzugehen.

Wie Sie Ihre Ängste erkennen und überwinden können

  1. Nehmen Sie Ihre Angst wahr: Angst kann in vielfältigen Formen auftreten und uns täuschen. Es ist wichtig, sie zu erkennen und sich nicht von ihren Geschichten in die Irre führen zu lassen. Reflektieren Sie darüber, welche Situationen oder Gedanken bei Ihnen Angst auslösen. Das Führen eines Tagebuchs kann hilfreich sein, um Muster zu identifizieren.

  2. Beobachten Sie Ihre Reaktion: Analysieren Sie, wie Sie typischerweise auf Angst reagieren. Neigen Sie dazu, Situationen zu vermeiden (Flucht), werden Sie konfrontativ (Kampf), fühlen Sie sich gelähmt (Erstarrung) oder passen Sie sich übermäßig an (Anpassung)?

  3. Stellen Sie sich Ihrer Angst: Fragen Sie sich, was im schlimmsten Fall passieren könnte. Oftmals sind die befürchteten Szenarien weniger bedrohlich, als sie zunächst erscheinen. Angst können wir nur überwinden, wenn wir ihr auf Augenhöhe begegnen. Unser Atem ist die Brücke zu einem entspannten Leben.

  4. Atmen Sie bewusst: Tiefes und bewusstes Atmen kann helfen, die körperlichen Symptome der Angst zu lindern und einen klaren Kopf zu bewahren.

  5. Finden Sie Ihren Mut: Mut bedeutet nicht, keine Angst zu haben, sondern trotz der Angst zu handeln. Erinnern Sie sich daran, dass Sie bereits viele Herausforderungen gemeistert haben.

  6. Schreiben Sie Ihre Ängste auf: Das Aufschreiben kann dazu beitragen, die Kontrolle über Ihre Ängste zu gewinnen und sie aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

  7. Verlassen Sie regelmäßig Ihre Komfortzone: Unternehmen Sie täglich kleine Schritte außerhalb Ihrer gewohnten Routinen. Dies stärkt Ihr Selbstvertrauen und reduziert langfristig Angstgefühle.

Reflektionsfragen

  • Welche Ängste treten in meinem Alltag immer wieder auf?

  • Welche Verhaltensweisen habe ich entwickelt, um mit meiner Angst umzugehen?

  • In welchen Bereichen schränkt mich meine Angst am meisten ein?

  • Wie könnte ich meine Angst als Chance für persönliches Wachstum betrachten?

Sie haben die Wahl: Lassen Sie die Angst Ihr Leben bestimmen, oder entscheiden Sie sich für den Weg des Mutes? Jedes Gefühl ist eigentlich ein Freund, der uns auf etwas aufmerksam machen möchte. Jede Angst kann in Wachstum, Stärke und Selbstvertrauen transformiert werden. Ihre Freiheit beginnt in dem Moment, in dem Sie erkennen, dass Sie nicht die Angst sind, und ihr begegnen können.

Ein Zitat von Mark Aurel besagt: "Heute bin ich der Angst entkommen. Oder nein, ich habe sie verworfen, denn sie war in mir, in meinen eigenen Wahrnehmungen – nicht außerhalb." Dieses Zitat erinnert uns daran, dass Angst oft in unseren eigenen Gedanken entsteht und wir die Macht haben, sie zu verändern. Sind Sie bereit, den ersten Schritt zu gehen?

Diese Kolumne ist geschrieben von Sozialpädagogin Tatjana Strobel. Als Trainerin, Speakerin, Bestsellerautorin und Therapeutin begleitet sie ihre Kund*innen auf ihrer Reise zu sich selbst und öffnet liebevoll Türen zu neuen Möglichkeiten und, Gefühlsräumen. Sie unterstützt dabei, das eigene Licht zu entzünden, authentisch zu sein, verschüttete Potenziale zum Leben zu erwecken.