Ausstellungstipp in Düsseldorf: „Yoko Ono. Music of the mind“ in der Kunstsammlung NRW
Yoko Ono ist nicht nur Kunstkenner*innen ein Begriff: Yoko Ono, die Friedensaktivistin, Yoko Ono, eine Ikone der Sixties, Yoko Ono, die große Liebe von John Lennon – ihre gemeinsame „Bed-In for Peace“-Performance während ihrer Flitterwochen im Jahr 1969 sollte in die Kulturgeschichte eingehen. Der friedliche Protest gegen den Vietnamkrieg war simpel wie effektvoll: „Make love, not war“ – die legendäre Aussage könnte gar direkt als Headline für Onos gesamtes Schaffen dienen.
Doch wer tiefer in Yoko Onos Œuvre eintaucht, erkennt, dass neben ihrem Engagement für humanitäre Ziele, der Bedeutung ihrer Kunst für die zeitgenössische Kultur eine mindestens genauso große Gewichtung zufällt: Sie gilt als Pionierin der frühen konzeptuellen und partizipativen Kunst, der Fluxus-Bewegung, des Films und der Performance, nicht zuletzt ist sie begnadete Musikerin. Die K20 Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen präsentiert aktuell in Kooperation mit der Tate Modern das einflussreiche Werk der 1933 in Tokio geborenen Künstlerin und setzt mit der monografischen Ausstellung „Yoko Ono. Music of the Mind“ und deren umfassender inhaltlicher Fülle ein Zeichen für den Frieden.
Partizipation, das Kernmotiv der Ausstellung
Der Titel der Ausstellung geht auf das Bestreben Yoko Onos zurück, unsere Vorstellungskraft zu stimulieren. Sie erklärt: „Der einzige Klang, der für mich existiert, ist der Klang des Geistes. Meine Arbeiten sind nur dazu da, den Menschen eine Musik des Geistes einzugeben“. „Music of the Mind“ liegt dieser Leitgedanken zugrunde, der die Besuchenden an jeder Stelle einlädt, selbst zu fühlen, zu erfahren, gar zu vollenden. Nahezu alle Sektionen des K20 folgen Onos Aufruf zur Interaktivität und ihrem Glauben an das Ideal von kollektiver Kreativität.
So werden Besucher*innen bereits nahe des Ausstellungseingangs dazu angeregt, ihre individuellen Friedenswünsche an Onos Installation, dem „Wunschbaum“ (1996), zu hinterlassen. Die Ausstellung eröffnet dann mit der Darlegung ihrer Rolle in den Avantgarde-Kreisen in NewYork und Tokio, einschließlich der Entwicklung ihrer „Instruktionen“ – schriftliche Anleitungen, welche die Leser*innen auffordern, sich ein Werk vorzustellen und es damit selbst zu erleben. Einige dieser Instruktionen bestehen aus einem einzigen Wort wie „fly“ oder „touch“. Andere reichen von kurzen Sätzen wie „Listen to a heartbeat“ oder „Step in all the puddles in the city“. Jedes Wort, jeder Satz soll dabei den eigenen Geist aktivieren, ja horizonterweiternd wirken, zu Taten inspirieren. So werden Besucher*innen bei „Painting to shake hands“ (1961) angehalten, fremden Menschen die Hand zu schütteln, sich bei „Bag piece“ (1964) in einem Sack zu verstecken oder bei „Shadow piece“ (1963), ihre Schatten zusammenzuführen. Das „White chess set“, ein Schachspiel mit ausschließlich weißen Figuren und weißen Feldern, das Ono 1966 erstmals realisierte, um ihre Antikriegshaltung auszudrücken, leitet Besuchende mit dem Satz an: „Spiele, solange du dich daran erinnern kannst, wo alle deine Figuren sind“.
70 Jahre konzeptionelle Kreativität – Yoko Onos Botschaften halten an zu Reflexion des eigenen Mindsets
„Yoko Ono. Music of the Mind“ steckt voller Botschaften und Aufrufe zur Partizipation, ein zentraler Ansatzpunkt ihres Schaffens. Die Ausstellung untersucht umfassend die Themen, die Onos Werk bereits seit den 1950er Jahren prägen. Dazu gehört beispielsweise auch der Himmel, der sich leitmotivisch als Metapher für Frieden, Freiheit und Grenzenlosigkeit durch ihr Œuvre zieht. Als Kind, das während des Zweiten Weltkriegs aus Tokio fliehen musste, fand Ono Trost in der andauernden Präsenz des Himmels. So zeigt das K20 nicht nur ihr Gemälde „Painting to see the skies“ (1961), sondern installiert auf sehr gefühlige Art Yoko Onos „Sky TV“ (1966), das eine Live-Videoübertragung des Himmels über dem K20 zeigt.
Mit mehr als 200 Arbeiten, die sieben Jahrzehnte ihrer multidisziplinären Praxis bis ins Hier und Jetzt umfassen, darunter Anleitungen und Partituren, Installationen, Filme, Musik und Fotografien, bieten die Ausstellungssektionen umfassende Inhalte, die Themen sind so wirkungsmächtig wie tiefgründig – vom Weltfrieden, über Feminismus, bis hin zu ihrer Musik – dass keine Möglichkeit besteht, sich dem Reflektieren zu entziehen. Für seinen Besuch sollte man unbedingt einen ausgedehnten Tag einplanen, im besten Fall sogar inklusive ein paar Stunden im direkten Anschluss, um die Ausstellung wirken zu lassen. Denn sie legt auch die Perspektive auf das eigene Denken und Handeln frei, zeichnet Wege auf, dies neu zu justieren und daraus mitzunehmen, dass es nie zu spät ist, sich – auch im Kleinen – für die Welt und deren Menschen einzusetzen. „Yoko Ono. Music of the Mind“ lässt niemanden kalt.
Die Ausstellung „Yoko Ono. Music of the Mind“ ist noch bis zum 16. März 2025 im K20 der Kunsthalle Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf zu sehen.