Better Life: Atemwegserkrankung bei Hunden in den USA – was man wissen sollte

Von August bis Anfang Dezember 2023 gingen über 200 Berichte über infektiöse Atemwegserkrankungen bei Hunden im Landwirtschaftsministerium von Oregon (ODA) ein – Tierärzt*innen in anderen Bundesstaaten haben über Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen berichtet. Die rätselhafte Atemwegserkrankung im Überblick.

In den USA gingen 200 Berichte über eine infektiöse Atemwegserkrankung bei Hunden ein. Die Ursache(n) der Krankheit sind noch nicht klar. (Foto: Getty Images)
In den USA gingen 200 Berichte über eine infektiöse Atemwegserkrankung bei Hunden ein. Die Ursache(n) der Krankheit sind noch nicht klar. (Foto: Getty Images)

Deutschland ist verrückt nach Haustieren. Im Jahr 2022 hatten nach Angaben des "Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V. (ZZF)" fast die Hälfte (46 Prozent) aller Haushalte in Deutschland mindestens ein Heimtier.

Die berühmte Frage: "Hunde- oder Katzenmensch?" spaltet zum Teil die Nation und ist der beste Indikator beim ersten Date, ob die Beziehung überhaupt eine Zukunft hat. Also zumindest sehen einige Menschen das so.

Hunde belegen im Ranking der beliebtesten Haustiere Platz 2 – hinter Katzen. Insgesamt lebten im letzten Jahr 10,6 Millionen Hunde in Haushalten in Deutschland.

Gerade während der Pandemie haben sich viele Menschen einen Hund zugelegt. Laut einer Pressemitteilung des "Verbandes für das Deutsche Hundewesen (VHD)" und der "Tierschutzorganisation TASSO e.V." wurden im Juni 2020 mehr als 39.000 Hunde neu bei TASSO registriert.

Im Vergleich: 2019 waren es noch etwa 31.400 Hunde - ein Zuwachs von rund 25 Prozent. Während der Pandemie konnten viele Menschen ihre Arbeit von zuhause aus ausführen, was bedeutet, dass keine Tagesbetreuung für Hunde benötigt wurde. Und das könnte ein möglicher Grund für eine rätselhafte Erkrankung der Atemwege sein, die sich in den USA an einigen Hunden gezeigt hat.

Infografik: Heimtiere in Deutschland I ZZF
Infografik: Heimtiere in Deutschland I ZZF

Aber erst einmal von vorne: In mindestens vier Bundesstaaten sind Fälle dieser Erkrankung aufgetreten: Colorado, Massachusetts, Oregon und Rhode Island. Obwohl die landesweiten Zahlen der USA nicht bekannt sind, arbeiten unter anderem die Behörden von Colorado und Oregon mit staatlichen und bundesstaatlichen Veterinär-Diagnose-Laboren zusammen, um die Ursache(n) für die Krankheit zu ermitteln.

In einer Hundepopulation kann es zu regelmäßigen Ausbrüchen des "Canine Infectious Respiratory Disease Complex (CIRDC)" – besser bekannt als "Zwingerhusten" – kommen. Alle Rassen und Altersgruppen sind dafür empfänglich.

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Wie der Name "Zwingerhusten" bereits andeutet, sind vor allem Hunde gefährdet, die sich an Orten aufhalten, an denen mehrere Hunde zusammen kommen oder untergebracht sind. Laut der "Oregon Veterinary Medical Association" gibt es mindestens neun verschiedene bekannte Bakterien und Viren, die als Ursache für CIRDC in Verbindung gebracht werden.

Hunde können dabei auch mit zwei oder mehr dieser Organismen gleichzeitig infiziert sein. Zu den häufigsten Erregern gehören Bordetella bronchiseptica (ein Bakterium) sowie das canine Parainfluenza-Virus und das canine Adenovirus Typ 2. Übertragen wird die Krankheit per Tröpfchen-Infektion der Atemwege.

Drei klinische Symptome: Tracheobronchitis, chronische Lungenentzündung, akute Lugenentzündung

Laut des ODA weist die rätselhafte Krankheit drei klinische Symptome auf. Erstens: eine chronische leichte bis mittelschwere Tracheobronchitis, die mit einer Dauer von 6-8 Wochen oder länger auftritt. Dabei spricht sie kaum oder gar nicht auf Antibiotika an.

Zweitens: eine chronische Lungenentzündung, die nur minimal bis gar nicht auf Antibiotika anspricht. Und drittens: eine akute Lungenentzündung, die sich laut des Landwirtschaftsministeriums von Oregon oft schon nach 24-36 Stunden signifikant verschlimmert.

Zu den Symptomen gehören unter anderem Husten, Niesen und Lethargie. Bei sehr jungen oder alten Hunde, Hunden mit Grunderkrankungen oder brachycephalen Rassen kann die Atemwegserkrankung größere Auswirkungen haben. (Foto: Getty Images)
Zu den Symptomen gehören unter anderem Husten, Niesen und Lethargie. Bei sehr jungen oder alten Hunde, Hunden mit Grunderkrankungen oder brachycephalen Rassen kann die Atemwegserkrankung größere Auswirkungen haben. (Foto: Getty Images)

Zu den allgemeinen Symptomen der Erkrankung gehören Husten, Niesen, Nasen- und/oder Augenausfluss und Lethargie. Bei den meisten Hunden, insbesondere denen, die gegen Atemwegserkrankungen geimpft sind, verläuft die Krankheit mild.

Bei sehr jungen oder alten Hunden, Hunden mit Grunderkrankungen oder brachycephalen Rassen wie der Französischen Bulldogge, kann eine Atemwegserkrankung eine größere Herausforderung darstellen. Sollte dein Hund unter anhaltendem Husten, Schwäche, Appetitlosigkeit, Atembeschwerden, einer Verschlimmerung der Krankheit oder/und einem Husten leiden, der deinen Hund zum Erbrechen bringt oder das Atmen erschwert, sollten Tierärzt*innen aufgesucht werden.

Es empfiehlt sich – aber das sollte klar sein – die Hunde bei Symptomen nicht in einer Pension unterzubringen.

Mögliche Gründe für jüngste CIRDC-Fälle

Die große Frage, die sich laut Dr. Scott Weese, Professor für Pathobiologie am Ontario Veterinary College der Universität Guelph, derzeit stellt, ist: Sind die CIRDC-Fälle auf Veränderungen in der Pflege und Behandlung der Hunde zurückzuführen?

Gegenüber der "American Veterinary Medical Association (AVMA)" erklärt der Experte, dass sich während der COVID-Phase vieles in Bezug auf die Hundehaltung geändert hat. So ist die Zahl der Hundebesitzer*innen laut des Experten gestiegen, die tierärztliche Versorgung wurde durch COVID unterbrochen und als Konsequenz davon besteht die Möglichkeit, dass die Zahl der Hundeimpfungen gesunken ist.

Eine Ursache für die Erkrankung konnte noch nicht gefunden werden, aber eine Expertin hat eine Gemeinsamkeit festgestellt: Alle erkrankten Hunde haben sich zuvor an Orten aufgehalten, an denen viele Hunde zusammentreffen, wie Parks oder Hundepensionen. (Foto: Getty Images)
Eine Ursache für die Erkrankung konnte noch nicht gefunden werden, aber eine Expertin hat eine Gemeinsamkeit festgestellt: Alle erkrankten Hunde haben sich zuvor an Orten aufgehalten, an denen viele Hunde zusammentreffen, wie Parks oder Hundepensionen. (Foto: Getty Images)

Das Ergebnis könnte laut Dr. Weese sein, dass Hunde eine geringere Resistenz aufweisen, weil sie eben weniger in Kontakt mit anderen Hunden gekommen sind. Dr. Lindey Ganzer, Tierärztin und Geschäftsführerin des "North Springs Veterinary Referral Center" in Colorado Springs, Colorado, hat laut eigenen Aussagen seit Ende Oktober 2023 etwa 35 Hunde mit der mysteriösen Krankheit behandelt.

Auch wenn sie die Ursache für die Erkrankung ebenso wenig definieren kann, wie andere Expert*innen, kann sie dennoch eine Gemeinsamkeit feststellen: Alle Hunde haben sich an Orten aufgehalten, an denen viele andere Hunde zusammengekommen sind, wie z.B. Tierpensionen oder Hundeparks.

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Deshalb befürchtet die Expertin, dass die Zahl der Fälle vor allem an den Feiertagen zunehmen könnte, da laut Dr. Ganzer immer mehr Besitzer*innen ihre Hunde während dieser Tage in Pensionen oder Tagespflegestellen unterbringen.

Kein Anstieg der Atemwegserkrankungen über das normale Maß hinaus

In einem gesonderten Blog-Eintrag auf dem Worms & Germs Blog stellt Dr. Weese fest, dass es wahrscheinlicher sei, dass es sich bei der Krankheitsursache der gemeldeten Fälle in USA eher um eine seit langem bestehende Ursache handelt, als um einen neuen Erreger, der noch nie zuvor diagnostiziert wurde.

"Die derzeitigen Krankheitsmuster passen nicht wirklich zum Auftauchen eines neuen, hoch übertragbaren Erregers." Dr. Stephen Kochis, medizinischer Leiter der "Oregon Humane Society" erklärt gegenüber der New York Times, dass es keinen Grund zur Panik gäbe – denn die der ODA gemeldeten Fälle machen nur einen kleinen Teil aller Hunde in diesen Bundesstaaten aus.

"Wir sehen keinen Anstieg der Atemwegserkrankungen, der über das normale Maß hinausgeht, das bei Haustieren mit Atemwegserkrankungen zu erwarten wäre", sagte er. Dr. Kelly Cairns, Tierärztin für Innere Medizin bei Kleintieren, erklärt gegenüber The Huffington Post, der Erreger könne "mit den verfügbaren Tests nicht identifiziert werden."

Was Hunde-Besitzer*innen in Deutschland tun können: Sicherstellen, dass der Hund alle aktuellen Impfungen besitzt - insbesondere gegen Parainfluenza und Bordetella bronchiseptica. (Foto: Getty Images)
Was Hunde-Besitzer*innen in Deutschland tun können: Sicherstellen, dass der Hund alle aktuellen Impfungen besitzt - insbesondere gegen Parainfluenza und Bordetella bronchiseptica. (Foto: Getty Images)

Dass die betroffenen Hunde nicht auf die üblicherweise bei bakteriell bedingten Atemwegserkrankungen verschriebenen Antibiotika anspringen, deutet auf eine Infektion durch einen Virus hin, so Cairns.

Fazit: Überprüfung des Impfschutzes als Präventionsmaßnahme

Bisher sind ausschließlich Fälle in den USA bekannt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Krankheit auch nach Deutschland kommt, ist laut Dr. Marco Antonio Fragoso, Tierarzt an der Pathologie an der Nationalen Autonomen Universität von Mexiko und an der Freien Universität von Berlin, gering – schließlich ist die Erkrankung "auf wenige Fälle beschränkt". Ausschließen lassen sich eventuelle Auswirkungen auf Deutschland aber natürlich nicht.

Unabhängig von der Situation in USA wird Hundebesitzer*innen geraten sicherzustellen, dass die Hunde alle aktuellen Impfungen besitzen, falls die Krankheit doch nach Europa kommen sollte. Insbesondere die Impfungen gegen Parainfluenza und Bordetella bronchiseptica sind ratsam.

Parainfluenza ist häufig bei der Standardimmunisierung enthalten – Aufschluss gibt das Pi auf dem Aufkleber im Impfpass des Hundes. Eine gesteigerte Vorsicht und die Überprüfung des Impfstatus des Hundes genügen laut Expert*innen als Präventionsmaßnahme.

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