Dirndl-Designerin Julia Trentini: „Ich besitze kein einziges Dirndl!”

Dass Julia Trentini wunderschöne Dirndl macht, hat sich bis nach Hollywood herumgesprochen. Sogar Schauspielerin und Stilikone Sarah Jessica Parker besitzt ein Trachtenkleid aus dem Atelier der Münchnerin. Wir haben die junge Designerin zum Interview getroffen und uns von ihr die Trends für das Oktoberfest 2012 verraten lassen.

Dirndl-Designerin Julia Trentini
Dirndl-Designerin Julia Trentini

Julia Trentini ist in der Welt der Trachten keine Unbekannte: Die 30-Jährige entwirft seit sechs Jahren wunderschöne Dirndl und hat sich damit mittlerweile einen Namen gemacht. Zuerst verkaufte sie ihre Schmuckstücke direkt aus dem Wohnzimmer heraus, jetzt ist pünktlich zum Oktoberfest 2012 ihr Laden im Glockenbachviertel fertig geworden. Dort haben wir die sympathische Designerin zwischen Couture-Dirndln und Eröffnungsstress zum Interview getroffen.

Wieso designst du Dirndl?
Weil ich selbst ein schönes Dirndl haben wollte. Ich war gerade mit meinem Modedesign-Studium fertig und konnte mir die ganzen tollen Sachen nicht leisten. So habe ich angefangen, für mich selbst Dirndl zu entwerfen. Meinen Freundinnen hat das so gut gefallen, dass ich irgendwann gesagt habe: „So, jetzt mach ich's halt mal gescheit!"

Ganz schön mutig!
Ich muss im Nachhinein ganz ehrlich sagen: Ja! Aber als ich das damals gemacht habe, war das für mich das Selbstverständlichste auf der Welt und ich habe mir auch nie Gedanken gemacht, dass es vielleicht nicht funktionieren könnte. Rückblickend gesehen war ich sehr blauäugig. Wenn ich mich jetzt in der Branche umschaue, denke ich: „Du hast so viel Dusel gehabt!" Ich habe zum Beispiel gar keinen Businessplan geschrieben, ich war damals so davon überzeugt, dass das schon irgendwie funktioniert. Vielleicht hatte ich einfach ein Händchen dafür, ich weiß es nicht.

Eines schöner als das andere: In ihrem neuen Shop verkauft Trentini ihre Trachten.
Eines schöner als das andere: In ihrem neuen Shop verkauft Trentini ihre Trachten.

Kannst du dich erinnern, wann du das erste Dirndl verkauft hast?
Die ersten Kunden hatte ich wirklich schon im ersten Jahr. Im Nachhinein war das echt Wahnsinn, ich habe quasi direkt aus meinem Wohnzimmer raus verkauft. Das war ein Raum, Wohn- und Esszimmer in einem, und da stand eine Kleiderstange drin mit sieben Dirndln, die ich alle selbst in meiner Wohnung genäht habe. Und so habe ich angefangen. Manchmal denke ich mir, dass das fast ein bisschen peinlich war (lacht).

Wie hast du damals auf dich aufmerksam gemacht?
Ich habe anfangs wirklich noch selbst in den Redaktionen angerufen und für mich geworben, dann kamen die ersten Veröffentlichungen. Außerdem gab's noch einen Brautladen in München, der ein paar meiner Dirndl reingehängt hat.

Kannst du deine Idee oder Vision von damals beschreiben?
Damals gab es noch nicht so viele Dirndl-Designer. Dadurch konnte man sich einfach total austoben, man musste sich nicht sofort festlegen. Mittlerweile ist das, glaube ich, schwerer, weil der Markt langsam voll ist.

Sogar Sarah Jessica Parker besitzt ein Dirndl von dir. Wir kam das?
Ja, das war ein Geschenk. Zuerst habe ich mich gefragt, ob sie überhaupt etwas damit anfangen kann. Aber sie hat erzählt, dass sie als kleines Mädchen in Amerika neben einer deutschen Familie aufgewachsen ist. Ihre Eltern hatten nicht viel Geld und die Nachbarn haben den Mädels dann immer ihre getragenen Dirndl gegeben. Das fand sie sehr schön.

Woran erkennt man ein Trentini-Dirndl, wenn man über die Wiesn geht?
Das kann man nur beantworten, wenn man objektiv ist. Aber ich kann meine Dirndl nicht objektiv betrachten. Vielleicht die Borte oder die Rüschen — aber andere haben ja auch Borten und Rüschen. Das ist total schwierig zu sagen, da muss man echt jemand anderen fragen.

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Welche Materialien verwendest du am liebsten?
Seiden- und Taftstoffe und sehr hochwertige, bestickte Materialien, hinter denen auch ein bisschen Handwerk steckt.

Wie lang brauchst du, um ein Dirndl zu nähen?
Ich habe schon lange keines mehr selbst genäht, aber in meinen besten Zeiten habe ich an einem Tag ein komplettes Dirndl genäht!

Wie werden sie mittlerweile produziert?
Wir lassen von Schneiderinnen in Niederbayern und München unsere Couture-Dirndl machen und die anderen Sachen im ungarischen Raum.

Was ist dieses Jahr Trend?
Alles wird wieder traditioneller, die Farben sind gedeckter, die Stoffe klassischer. Taupe- und Schlamm- und Grüntöne sind in — insgesamt ist einfach alles nicht gar so auffällig bunt.

Bei Julia Trentini steckt in jedem Detail viel Liebe.
Bei Julia Trentini steckt in jedem Detail viel Liebe.

Wie findet man als Neuling das richtige Dirndl?
Lustigerweise sollte man von Farben Abstand nehmen, die man im Alltag immer trägt. Viele Leute sagen, dass ihnen diese und jene Farben nicht stehen, aber bei einem Dirndl ist das nicht so. Oft sage ich zu Kunden zum Beispiel, dass ihnen Bordeaux-Rot total gut stehen würde. Dann sagt die Kundin, dass sie diese Farbe nie trägt. Schließlich schlüpft sie in das Dirndl rein und sieht einfach nur toll aus. Und dann muss das Dirndl natürlich eng sitzen. Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn ein Dirndl hier oben rum zu weit sitzt. Lieber zu eng, als zu weit, denn der Brustkorb gibt nach etwa einer halben Stunde etwas nach.

Was sind die No-Gos beim Dirndl?
Wenn es sexistisch aussieht. Ein Dirndl ist so ein feines, traditionelles Kleidungsstück und so sollte man es auch tragen. Der Rock sollte übers Knie gehen, aber ich finde, wenn ein junges Mädel mit 16 Jahren etwas Kürzeres tragen will, ist das auch nicht schlimm. Aber sobald man über 20 ist, sollte das Dirndl übers Knie gehen. Wenn der Rock zu kurz ist, passt das auch von den Proportionen her nicht zum Oberteil.

Welche Schuhe und welchen Schmuck trägt man zum Dirndl?
Ich mag's eher klassisch, dezent und traditionell. Klar, wenn man ein einfaches Baumwolldirndl anhat, verträgt das ein bisschen mehr. Wenn an einem Taftdirndl aber sowieso schon ein Charivari dranhängt, ist beim Schmuck weniger mehr. Bei den Schuhen kommt das auch auf den Typ an. Hauptsache, die Frau fühlt sich drin wohl. Ich finde bei einem jungen Mädel auch Chucks total schön! Man kann durch Schuhe und Accessoires seinen eigenen Stil verwirklichen. Ich habe immer zwei Paar Schuhe dabei, ein paar flache und ein Paar hohe (lacht).

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Wie viele Dirndl hast du selbst im Schrank?
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich in dem Sinne kein eigenes Dirndl besitze. Ich ziehe immer Ausstattungsdirndl an (lacht). Wenn alle versorgt sind, nehme ich das, was übrig bleibt. Ich mag sie ja eh alle so gerne.