Botox – was man laut einem Experten darüber wissen sollte

Hautarzt Dr. Timm Golüke im exklusiven Interview

Botox ist längst kein Tabuthema mehr und mehr als eine Wunderwaffe gegen Falten. Das sogenannte Botulinumtoxin wird auch im Kampf gegen chronische Migräne eingesetzt und kann übermäßiges Schwitzen lindern. Doch welche Nebenwirkungen gibt es und wann sollte man am besten mit Botox starten? Ein Dermatologe klärt auf.

Person mit Handschuhen spritzt Frau Botox in die Stirn
Botox eignet sich sehr gut zur Behandlung von Mimikfalten (Symbolbild: Getty Images)

Botox ist eigentlich nur der bekannteste Markenname für den Wirkstoff Botulinumtoxin und wird in der Schönheitsmedizin überwiegend eingesetzt, um Mimikfalten zu glätten. Es sorgt dafür, dass bestimmte Muskeln entspannt bleiben, wie zum Beispiel die Gesichtsmuskeln, die für die Entstehung der Mimikfalten verantwortlich sind. Wenn also die Muskeln gelähmt werden, die beispielsweise die Augenbrauen zusammenziehen und die sogenannte "Zornesfalte" verursachen, dann kann diese Falte geglättet werden und wird nicht weiter vertieft.

Laut des Informationsdienstes des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd) lassen sich immer mehr Menschen in Deutschland Botox spritzen. Während Mediziner im Jahr 2020 knapp 20.000 Botoxbehandlungen vornahmen, waren es im Jahr 2022 bereits rund 30.000. In der Liste der häufigsten Schönheitsoperationen bei Frauen im Jahr 2023 lagen Botoxbehandlungen Statista zufolge auf Rang 5. Beliebter sind nur Fettabsaugungen, Faltenunterspritzungen, Oberlidstraffungen und Brustvergrößerungen.

Botox wird allerdings längst nicht mehr nur in der Ästhetischen Medizin eingesetzt. Der Wirkstoff wird unter anderem auch in der Neurologie genutzt, um – insbesondere bei Kindern – krankhafte Muskelverkrampfungen, sogenannte Spasmen, zu behandeln. Außerdem kann es zur Behandlung von chronischer Migräne und übermäßigem Schwitzen eingesetzt werden.

Doch was sollte man bei Botox beachten und welche Risiken gibt es? Und wann ist eigentlich der beste Zeitpunkt, um mit einer Botoxbehandlung zu starten? Yahoo Life hat mit dem renommierten Hautarzt Dr. Timm Golüke aus München gesprochen.

Yahoo Life: Woraus besteht Botox?

Dr. Timm Golüke: Botox ist ein Protein, das aus dem Bakterium Clostridium botulinum gewonnen wird. Die Wissenschaft kennt bisher sieben Variationen des Botulinumtoxins, die sogenannten Serotypen A, B, C, D, E, F und G.

In der Medizin wird vor allem Botulinumtoxin Typ A, das biotechnologisch gewonnen wird, eingesetzt.

Wie wirkt Botox?

Abhängig von der Dosis schwächt oder lähmt Botulinumtoxin die Muskeln. Es stoppt die Übertragung des Botenstoffs Acetylcholin, mit dem Nerven bei Erregung den Muskel in Aktion setzen.

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Aber Botox kann noch mehr: Es unterbricht auch die Ausschüttung der Sekrete in vielen Drüsen des Menschen und trocknet sie damit aus. Das funktioniert zum Beispiel an den Schweißdrüsen, den Speichel- oder Tränendrüsen. Schließlich werden auch Botenstoffe gehemmt, die bei der Schmerzwahrnehmung eine Rolle spielen.

Wie hilft Botox bei chronischer Migräne und übermäßigem Schwitzen? Können Sie das in wenigen Worten erklären?

Migräne:

Bei Migräne geht man davon aus, dass Botox die Freisetzung von entzündlichen und erregenden Neurotransmittern reduziert. Einer dieser Protein-Neurotransmitter ist das Calcitonin-Gen-verwandte Peptid (CGRP), das bei Menschen, die unter Migräne leiden, erhöht sein kann.

Es wird angenommen, dass die sensorischen Nervenenden bei Migränepatienten überaktiv sind. Botox hilft, zu verhindern, dass Schmerzsignale von den peripheren Nerven an das Gehirn gesendet werden. Es wird zudem angenommen, dass es auch die Aktivität von CGRP verringert.

Schwitzen:

Botox hemmt die Impulsübertragung der Nervenfasern auf die Drüsen. So wird weniger Schweiß gebildet.

Dermatologist injecting botox in underarm to treat excessive sweating, close-up.
Botox wird auch gegen übermäßiges Schwitzen eingesetzt (Symbolbild: Getty Images)

Botox – wann sollte man damit anfangen?

Es ist schwer dies an einem bestimmten Alter festzumachen. Was man ungefähr sagen kann: Der Patient sollte nicht jünger als 25 Jahre alt sein.

Man kann selber testen, ob eine präventive Behandlung mit Botox begonnen werden kann: Wenn Sie lächeln, zeichnen sich um Mund und Augenwinkel kleine Linien ab. Wenn sie das Gesicht wieder entspannen, gehen die Falten bei junger Haut nach wenigen Sekunden zurück, die Haut ist wieder glatt. Passiert das nicht, beginnen die Linien, sich in das Gesicht einzugraben. Dann ist der Moment gekommen, um über erste Botoxbehandlungen nachzudenken und ein erstes Beratungsgespräch zu suchen.

Kann man mit Botox auch schon Falten vorbeugen?

Es ist in jedem Fall zu empfehlen, Botox bei ersten Anzeichen präventiv zu nutzen. Botox entspannt die Muskeln, was sich dann logischerweise auch auf die Haut über diesem Muskel überträgt. So können die Falten erst gar nicht entstehen.

Wie lange hält eine Botoxbehandlung an bzw. wann ist die nächste fällig?

Botox hält durchschnittlich zwischen drei und sechs Monaten an. Die genaue Dauer der Ergebnisse hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. der Dosierung, der Anwendung, der Anatomie des Patienten und dem Bereich, der mit Botox behandelt wurde.

Eine nächste Behandlung ist dann nötig, wenn man merkt, das die Wirkung nachlässt. Das kann ca. nach drei bis vier Monaten der Fall sein. Am effektivsten ist es, die Injektionen zu wiederholen, bevor der Muskel sich vollständig regeneriert hat.

Statistik: Anteil der häufigsten Schönheitsoperationen bei Frauen in Deutschland im Jahr 2023 | Statista
Statistik: Anteil der häufigsten Schönheitsoperationen bei Frauen in Deutschland im Jahr 2023 | Statista

Ab wann wirkt Botox? Wie lange dauert es, bis sich tiefe Falten nach einer Behandlung regeneriert haben?

In den meisten Fällen tritt der Behandlungseffekt nach 48 bis 72 Stunden ein, der maximale Effekt wird nach ein bis zwei Wochen erreicht.

Nach etwa zehn Tagen sind keine dynamischen Falten mehr sichtbar. Nach den ersten zehn Tagen werden Sie auch eine weitere, stetige Verbesserung des Hautzustands feststellen: aufgrund der kontinuierlichen Regeneration entlang statischer Falten. Die Falten verschwinden allmählich.

Was sind die Risiken bei Botox?

Generell sind die Risiken eher gering, können aber auftreten.

Dazu kann es unter anderem kommen:

  • Rötung und Schwellung der behandelten Stelle

  • Kopfschmerzen

  • trockene Augen oder veränderter Tränenfluss

  • Schielen oder Doppelsehen

  • hängende Augenlider

  • Stimmstörungen

Es heißt, es gehen immer mehr Männer zu einer Botoxbehandlung. Können Sie das bestätigen? Und weshalb hat es so lange gedauert, bis auch Männer den Trend für sich entdeckt haben?

Ja, das stimmt. Immer mehr Männer haben Botox für sich entdeckt. Ich würde sagen, dass Social Media dies für Männer gesellschaftsfähig gemacht hat. TikTok ist voll mit Behandlungsvideos und Männer entdecken immer mehr die Vorzüge der nichtinvasiven Behandlung.

Was sollte man nach einer Botoxbehandlung auf keinen Fall tun?

Nach der Injektion sollten Sie für zwölf Stunden schwere körperliche Belastung sowie Fingerkontakte an den Injektionsstellen vermeiden. Für eine Woche sollten Sie außerdem möglichst alle Aktivitäten meiden, die zu einer erhöhten Durchblutung führen (z.B. Sauna, Sonne, Solarium, Sport).

Warum sollte man nach einer Botoxbehandlung nicht ins Solarium oder in die Sonne?

Falls man ein Hämatom hat, könnte dieses zu einer Hautpigmentierung führen.

Dr. Timm Golüke aus München ist ein renommierter Facharzt für Dermatologie und Venerologie (Foto: Benjamin Herchet)
Dr. Timm Golüke aus München ist ein renommierter Facharzt für Dermatologie und Venerologie (Foto: Benjamin Herchet)

Unser Experte: Dr. Timm Golüke

Hautarzt Dr. Timm Golüke ist promovierter, international erfahrener Facharzt für Dermatologie und in den Medien ein gefragter Ansprechpartner für alle Fragen rund um das Thema Haut. In seiner Praxis in der Maximilianstraße in München, die bereits seit 2004 existiert, betreut er Patienten aus der ganzen Welt. Dort bietet er Leistungen der klassischen, operativen und ästhetischen Dermatologie an, darunter auch Botoxbehandlungen, Hyaluronunterspritzungen oder Mesotherapie.

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