„Boysober“ im Trend: Frauen schwören aus Protest Männern ab
Wenn Frauen streiken, steht alles still. Die ganze Care-Arbeit bleibt liegen, die Wohnung wird nicht geputzt, das Erziehung- und Pflegesystem bricht zusammen. Aber was geschieht, wenn Frauen nicht die Arbeit bestreiken, sondern Männer? Kein Sex mit Männern. Kein Dating mit Männern. Keine Hetero-Ehe. Keine Kinder. Das klingt radikal.
Aber es ist verständlich, dass Frauen momentan sauer auf Männer sind und keine Lust mehr haben, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken. Schließlich haben sie mehrheitlich Trump gewählt und damit in Kauf genommen, dass Frauen schon bald in einem Land leben werden, das von einem Sexisten regiert wird – und in dem grundlegende Frauenrechte wie das Recht auf Abtreibung immer mehr eingeschränkt werden.
Seit Donald Trump die US-Wahl gewonnen hat, schließen sich immer mehr Frauen in den USA der 4B-Bewegung an. In den sozialen Medien wurden bereits tausende Videos mit dem Hashtag #4bmovement geteilt. In ihren Videos erklären die Anhängerinnen, dass sie sich komplett von Hetero-Männern abwenden wollen: Sie nicht mehr anschauen, nicht mehr mit ihnen reden, nicht mehr über ihre Witze lachen.
Manche Frauen denken sogar darüber nach, sich die Gebärmutter aus Protest entfernen zu lassen. Ihr erklärtes Ziel: Durch den „Entzug“ wollen sie Männer dazu bringen, Frauen und ihre Rechte ernst zu nehmen.
Woher kommt die 4B-Bewegung?
Das 4B-Movement hat seinen Ursprung in Südkorea. Auslöser war ein Vorfall im Jahr 2016, als ein Mann in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul eine fremde Frau ermordete. Als Grund gab er an, dass er sich von Frauen ignoriert fühle und deshalb die erstbeste Frau getötet habe. Dieser Fall hat eine Debatte über Frauenverachtung ausgelöst. Denn auch in der südkoreanischen Gesellschaft werden Frauen benachteiligt und erfahren Gewalt.
Auch wenn das Land technologisch sehr fortschrittlich ist, steht die gesellschaftliche Rolle der Frau in Südkorea ungefähr auf dem gleichen Stand wie im Deutschland der 60er-Jahre. So liegt der Gender-Pay-Gap in Südkorea beispielsweise bei etwa 30 Prozent und acht von zehn Frauen wurden bei der Arbeit schon einmal sexuell belästigt. Das wollten sich die Frauen in Südkorea nicht weiter gefallen lassen. Sie wollten durch ihren Protest Männer dazu bringen, ihre Rolle im Patriarchat zu überdenken. Die 4B-Bewegung war geboren.
Laut Schätzungen gehören der Bewegung zwischen 5000 und 50.000 Frauen an. Auf koreanisch beginnen alle der geplanten Maßnahmen mit b: „bihon“ bedeutet „Nein zur Hetero-Ehe“, „bichulsan“ steht für „Nein zur Geburt“, „biyeonae“ heißt „Nein zum Dating von Heteromännern“ und „bisekseu“ ist koreanisch für „Nein zu Sex mit Hetero-Männern“.
In den letzten Jahren hat die 4B-Bewegung keine große Rolle mehr in Südkorea gespielt. Doch nach der Trump-Wahl schwappte die Bewegung in die Vereinigten Staaten. Eine Woche nachdem Donald Trump zum neuen Präsidenten der USA gewählt wurde, sagte eine TikTok-Createrin namens Maria B. (@girl_dumphim) auf der Plattform: „Lösche die (Dating-)Apps, sag deine Hochzeit ab, lass dich sterilisieren.“ Ihr Video wurde mehr als vier Millionen Mal angeschaut.
Ist die 4B-Bewegung sinnvoll?
Wer sagt, Männer haben Trump zur Macht verholfen und gehören deshalb ignoriert, macht es sich ziemlich einfach. Es stimmt zwar, dass mit 55 Prozent die Mehrheit der Männer bei der US-Wahl am 5. November 2024 für Donald Trump gestimmt hat. Bei den Frauen waren es allerdings auch 45 Prozent. Und da sind wir beim Problem: Sexismus und Misogynie geht nicht nur von Männern aus, sondern zieht sich durch unsere gesamte Gesellschaft.
Natürlich ist es verständlich, dass Frauen keine Trump-Unterstützer daten wollen – und wenn man die ausschließt, ist die Auswahl ziemlich eingeschränkt. Klar ist es außerdem verlockend, nicht mehr nach den Regeln zu spielen, die uns Männer jahrhundertelang auferlegt haben, sondern nach unseren eigenen. Die Frage ist aber auch: Ist es wirklich der richtige Weg, wenn wir das Patriarchat nicht mehr bekämpfen, sondern einfach ignorieren?