Depressionen bei Männern: Wie man sie erkennt und behandelt

Die letzten Jahre waren weltweit unglaublich hart und so überrascht es vielleicht nicht, dass auch die Zahl der an Depressionen erkrankten Menschen steigt.

Depressionen
Klinische Depressionen sind eine echte Krankheit mit echten Symptomen – es ist wichtig, sich die richtige Art von Hilfe zu suchen. (Symbolbild: Getty Images)

Selbst diejenigen, die oberflächlich betrachtet das "perfekte" Leben zu haben scheinen, sind dagegen nicht immun. Aber natürlich ist es ein Unterschied, ob man vorübergehend ein wenig deprimiert ist oder an einer klinischen Depression leidet.

Immer mehr bekannte Gesichter sprechen öffentlich über ihre Probleme

Je mehr Männer über ihre psychische Gesundheit sprechen, desto besser. Dabei hilft es besonders, dass auch einige bekannte Gesichter offen über ihre Probleme sprechen. Dazu gehört auch der englische Fußballer Anton Ferdinand, der im August über seine Depressionen und Schlaflosigkeit sprach, während er um seine Mutter trauerte. Er ermutigte andere, über ihre Gefühle zu sprechen und Schlimmeres zu verhindern.

Auch Snooker-Weltmeister Mark Selby erklärte im Februar auf Twitter, dass er wegen Depressionen professionelle Hilfe in Anspruch nimmt, während der australische Tennisstar Nick Kyrgios zugab, dass es ihm so schlecht ging, dass er sich nicht nur selbst verletzte, sondern auch in Erwägung zog, sich das Leben zu nehmen.

"Ich hatte Suizidgedanken und wirklich Probleme, mein Bett zu verlassen, geschweige denn vor Millionen zu spielen", sagte er auf Instagram.

Von Eminem bis Jim Carrey, von Stephen Fry bis Jon Hamm – es gibt viele Stars, die offen mit Depressionen zu kämpfen haben. Während diese aufgrund ihres Status vielleicht leichten Zugang zu professioneller Hilfe haben, ist es für den Durchschnittsbürger nicht immer so einfach.

"Bei Frauen werden fast zweimal so häufig Depressionen diagnostiziert wie bei Männern"

Erschwerend kommt hinzu, dass Männer, obwohl viele versuchen, dies zu ändern, oft immer noch weniger über ihre Gefühle sprechen als Frauen, vielleicht aus Angst, "schwach" zu wirken, wie Simon Brittz, Beratungspsychologe bei "Roodlane Medical", einem Teil von HCA Healthcare UK, erklärt.

"Bei Frauen werden fast zweimal so häufig Depressionen diagnostiziert wie bei Männern. Oft werden Depressionen bei Männern nicht diagnostiziert, weil sie nicht als solche erkannt werden oder es Hemmungen gibt, sich die Symptome einzugestehen", erklärt er.

Ursachen von Depressionen

Depressionen können eine Reihe von Ursachen haben. Von Trauer bis Jobverlust, das Ende einer Beziehung, sie können durch einschneidende Ereignisse im Leben verursacht werden oder sogar in der Familie liegen.

Männer können in jedem Alter betroffen sein und obwohl sie häufig in den 20ern und 30ern vorkommen, sind vermehrt Männer in den 40ern und 50ern davon betroffen. "Meiner Erfahrung nach kommen Depressionen mittlerweile sehr häufig auch in der Altersklasse zwischen 50 und 60 Jahren vor", so Brittz.

Männer sollten nicht das Gefühl haben, dass sie Anzeichen von Depressionen für sich behalten sollten – es gibt Hilfe da draußen. (Getty Images)
Männer sollten nicht das Gefühl haben, dass sie Anzeichen von Depressionen für sich behalten sollten – es gibt Hilfe da draußen. (Symbolbild: Getty Images)

Wenn du dich sorgst, vielleicht ebenfalls unter Depressionen zu leiden, ist es hilfreich, dir die Frage zu stellen, wie lange du dich schon so fühlst. Wenn es nur ein oder zwei Tage sind, ist es wahrscheinlich nur ein vorübergehender Stimmungsumschwung, aber wenn diese Stimmung Wochen, Monate oder sogar Jahre andauert, ist es wichtig, dich mit deinen Symptomen zu befassen, damit du die richtige Hilfe bekommst.

Symptome von Depressionen

Was den Körper betrifft, so hast du vielleicht eine Gewichtsveränderung, Schlafstörungen oder übermäßige Müdigkeit und einen geringen Sexualtrieb festgestellt, während du in psychischer Hinsicht neben deinem anhaltenden Stimmungstief vielleicht Schwierigkeiten hast, dich an irgendetwas zu erfreuen, einen Mangel an Motivation sowie Schuldgefühle, Niedergeschlagenheit und in einigen Fällen sogar Selbstmordgedanken hast.

Ein aktueller Bericht zu Suizidstatistiken der Samariter zeigte, dass Männer in Großbritannien dreimal so häufig an Suizid sterben als Frauen. Bei Männern zwischen 45 und 49 Jahren sind es sogar fast viermal so viele wie Frauen desselben Alters – es ist also wichtig, sich möglichst früh Hilfe zu holen.

Es kann auch sein, dass dir kognitive Probleme auffallen. Vielleicht fällt deine Leistung bei der Arbeit ab oder du beginnst bewusst, soziale Veranstaltungen zu meiden. Vielleicht triffst du zudem schlechte Entscheidungen: "Männer, die an Depressionen leiden, neigen oftmals zu selbstzerstörerischem Verhalten wie Drogen- und Alkoholmissbrauch oder riskanten Verhaltensweisen wie leichtsinnigem Fahren", fügt Brittz hinzu.

Behandlung von Depressionen

Es kann sein, dass man dir zur Behandlung klinischer Depressionen Antidepressiva verschreibt. Es gibt zwar kein Patentrezept, aber Medikamente können dabei helfen, mittlere bis schwere Depressionen in den Griff zu bekommen.

Die gängigsten sind Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Fluoxetin, Citalopram und Sertralin. Sie wirken, indem sie den Spiegel des Neurotransmitters Serotonin im Gehirn erhöhen, was zur Verbesserung der Stimmung beiträgt.

Du solltest dich niemals dafür schämen, Medikamente gegen Depressionen zu nehmen, wenn es das Richtige für dich ist. (Getty Images)
Du solltest dich niemals dafür schämen, Medikamente gegen Depressionen zu nehmen, wenn es das Richtige für dich ist. (Bild: Getty Images)

Sie helfen allerdings nicht sofort. In der Regel dauert es zwischen zwei Wochen und einem Monat, bis man wirklich eine Veränderung spürt. Es kann sein, dass du sie sechs bis neun Monate lang nimmst, bevor du sie vorsichtig mithilfe eines Arztes wieder absetzen kannst.

Leichtere Fälle behandelt man währenddessen oft mit Gesprächstherapie, wie zum Beispiel kognitive Verhaltenstherapie (CBT) und Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT), die beide nachweislich dazu beitragen, das Befinden zu verbessern.

"Nach meiner Erfahrung aus der Arbeit mit an Depressionen leidenden Männern, empfehle ich, einen Therapeuten zu finden, der direkt und zielorientiert ist", so Psychologe Simon Brittz. "Klare, realistische Ziele zu setzen, kann Menschen helfen, ihre negativen Gefühle zu bewältigen und die mit Depressionen verbundenen Verhaltensmuster zu ändern. Denk daran, dass viele Therapeuten kostenlose Erstgespräche anbieten, in denen du ein Gefühl dafür bekommst, ob ihr Ansatz für dich geeignet ist, oder dass es kostenlose Organisationen wie die Samariter gibt, die immer ein offenes Ohr haben."

Gesprächstherapie kann bei Depressionen eine gute Behandlungsmöglichkeit sein. (Getty Images)
Gesprächstherapie kann bei Depressionen eine gute Behandlungsmöglichkeit sein. (Symbolbild: Getty Images)

"Ich sage dir jetzt, dass es okay ist, du bist nicht allein"

Egal welche Behandlung du wählst, man kann auf keinen Fall bestreiten, dass es eine Herausforderung ist, Depressionen zu behandeln, und zwar selbst mit professioneller Hilfe. Aber es allein zu versuchen, ist sehr viel schwerer, wie Tennisprofi Nick Kyrgios erklärt.

"Ich weiß, dass einem der Alltag manchmal sehr erschöpfend, wenn nicht sogar unmöglich erscheinen kann. Ich verstehe, dass du das Gefühl von Angst und Schwäche haben kannst, wenn du offen darüber sprichst", sagt er. Aber er fügt hinzu: "Ich sage dir jetzt, dass es okay ist, du bist nicht allein."

Brittz stimmt dem von ganzem Herzen zu: "Ich möchte Männer, die das Gefühl haben, dass sie depressiv sein könnten, wirklich ermutigen, sich Hilfe zu holen und mit ihrem Arzt oder einem Therapeuten zu sprechen". Denn: "Je schwerer eine Depression wird, desto schwerer kann es werden, sie zu besiegen."

Anmerkung der Redaktion: Psychische Erkrankungen können mit professioneller Hilfe gelindert und sogar geheilt werden. Wer Hilfe sucht, auch als Angehöriger, findet sie etwa bei der Telefonseelsorge unter der Rufnummer 0800 – 1110111 und 0800 – 1110222. Die Berater sind rund um die Uhr erreichbar, jeder Anruf ist anonym und kostenlos. Unter therapie.de findest du außerdem Therapeuten in deiner Nähe.

Im Video: Diese Lebensmittel können gegen Depressionen helfen