Der wahre Grund, warum wir immer übers Wetter jammern
… und warum es sogar unser Leben verändern kann
Zu heiß, zu kalt, zu nass, zu trocken – das Wetter ist immer Tagesthema und meist auch ein Grund, sich zu beschweren. Doch hinter der Meckerei über schlechtes Wetter steckt mehr als mancher denkt.
Der April zeigt, was er kann. Schließlich macht er ja bekanntermaßen was er will. In 2024 wollte er viel. Er bescherte uns Temperatur-Achterbahnfahrten mit Unterschieden von 20 Grad von einem Tag auf den anderen. Mal konnten wir schon entspannt, sogar barfuß, in der Sonne sitzen. Schon wenige Tage später musste die Winterjacke wieder raus.
Experten empfahlen Autofahrern, die Sommerreifen noch nicht aufzuziehen. Damit lagen sie richtig, in den letzten Tagen gab's Schneechaos und Eisglätte in weiten Teilen Deutschlands.
Und während sich der April über seine Kapriolen wahrscheinlich ins Fäustchen lacht, stöhnen wir Menschen übers Wetter. "Man weiß überhaupt nicht mehr, was man anziehen soll!", "Kann es nicht wenigstens mal ein paar Tage am Stück schön bleiben?" und "Ich kann keinen Regen und Schnee mehr sehen!", schimpfen viele. Andere klagen über Kopf-, Knochen- und Gliederschmerzen, an denen das Wetter schuld ist. Gar nicht zu reden von der ewigen Frühjahrsmüdigkeit!
"Wetter ist das, was man erlebt, wenn man rausgeht"
Auch für den Diplompsychologen und TV-Moderator Michael Thiel ist Wetter ein Thema, oder besser gesagt die Vorhersage. Auf den Wetterbericht könne man sich ja auch nicht so richtig verlassen, erklärt er in einem Video-Post auf seiner Facebook-Seite.
"Wetter ist das, was man erlebt, wenn man rausgeht…", schreibt er dazu und erklärt, dass ihm der Wetterbericht ja eigentlich Sonne versprochen habe und nun sei schöner, kühler Landregen angesagt.
Thiel nimmt die falsche Vorhersage mit Humor, weiß aber auch, dass Menschen viel, oft und schon immer übers Wetter schimpfen. Als Psychologe erklärt er, dass hinter dem Jammern über zu viel Regen oder Hitze mehr stecken kann als nur Wetter. "Indem wir uns gemeinsam über das Wetter beschweren, bauen wir Stress und Druck ab", sagte er kürzlich in einem Interview mit Geo.
Zudem stärke gemeinsam zu jammern das Wir-Gefühl. "Wenn ich mit einem Freund über das schlechte Wetter rede, fühle ich mich gleich von ihm verstanden. Denn er hat ja dasselbe Problem wie ich. Gemeinsam zu jammern gibt einem ein gutes Gefühl. Denn ich bin nicht allein mit dem Problem, ich kann es teilen. Wir erfahren also einen Solidaritätseffekt", so Thiel.
Smalltalk als Ventil für andere Themen
Beim Meckern übers Wetter kann man sich auch über Themen Luft machen, über die man gar nicht spricht – quasi stellvertretend für andere Probleme. "Heutzutage gibt es auf der Welt viele Probleme, die einem Angst machen können. Der Klimawandel oder der Krieg in der Ukraine zum Beispiel.
Darüber zu sprechen, würde die Leute wahrscheinlich zu sehr stressen. Hinzu kommt, dass man mit Freunden vielleicht politisch nicht einer Meinung ist. "Aber über das Wetter schimpfen kann man mit jedem. Das geht immer."
Alles in allem ist die Schimpferei übers Wetter also sogar gut für unsere Psyche. Damit werde nicht nur Druck abgebaut, so Thiel, sondern man könne auch Emotionen mit anderen teilen, was uns zusätzlich gut tut.
Jammern kann positive Veränderungen bringen
Thiel meint auch, dass Jammern der erste Schritt für eine Veränderung sein kann. Denn neben dem Spannungsabbau könne es ein Zeichen sein, dass man Dinge im Leben verändern muss. Dann sollte man in sich selbst hinein hören und sich fragen, worum es konkret geht und was man ändern muss. Danach kann es laut Thiel an die Planung und Umsetzung gehen – hin zur positiven Veränderung. So erlange man wieder Kontrolle über sein Leben und könne in Bereichen, in denen etwas nicht passt, etwas ändern – egal ob Beziehung, Job, Freunde oder was auch immer.
"Wer das Gefühl hat, die Kontrolle über sein Leben zu haben und es selbst so bestimmen zu können, dass es gut passt, der ist auch fröhlich", so Thiel.
Und apropos Wetter – zum Schluss noch eine gute Nachricht: Die Prognosen stehen laut Wetterexperten für Ende April sehr gut: Zum Ende der Woche kommt der Frühling! Na, dann bleibt wohl nur noch zu hoffen, dass es nicht gleich wieder zu warm wird!
