Experten( )Wissen: Das passiert mit dem Körper bei großer Hitze

Dr. Gerd Herold im exklusiven Interview

Wenn im Sommer angenehme Wärme in extreme Hitze kippt, kann es schnell gefährlich werden. Was passiert mit unserem Körper, wenn wir dehydrieren? Was ist der Unterschied zwischen einem Hitzekollaps und einem Hitzschlag? Wie hängen Sonnenbrand und Sonnenstich zusammen? Das erklärt Dr. Gerd Herold, Gesundheitsberater und Beratungsarzt der Krankenkasse Pronova BKK, im Interview mit Yahoo Life.

Yahoo Life: Dass man bei Hitze viel Flüssigkeit verliert, dürfte jedem bewusst sein. Was passiert genau in unserem Körper, wenn wir dehydrieren?

Dr. Gerd Herold: Jeden Tag verliert unser Körper rund zwei Liter Wasser. Das ist unbedenklich und geschieht automatisch über Urin, Schweiß und auch die Atmung. Sind wir körperlichen Anstrengungen ausgesetzt, zum Beispiel beim Sport oder wie derzeit den extremen Temperaturen, steigt auch der Wasserverlust. Gleichen wir diesen nicht durchs Trinken aus - also verliert der Körper mehr Flüssigkeit als er aufnimmt - kommt es zu einem Flüssigkeitsmangel, medizinisch auch Dehydratation genannt. Deswegen ist es wichtig, über den Tag verteilt ausreichend Wasser zu trinken, damit es gar nicht erst soweit kommt.

Wie viel sollte man trinken?

An heißen Sommertagen am besten zwei bis drei Liter. Besonders gefährdet sind Kinder, aber auch ältere Menschen, da sie oft weniger trinken und Medikamente nehmen, die die Wasserausscheidung verstärken. Bitte achten Sie daher auf die Menschen in Ihrer Umgebung.

Wie wirkt sich starkes Schwitzen auf den Körper aus?

Schwitzen ist die Klimaanlage des Körpers. Ebenso wie Klimageräte muss aber auch diese regelmäßig gewartet werden, nämlich über die Flüssigkeitszufuhr. Schwitzen wir viel mehr als wir über Getränke aufnehmen, macht der Körper schnell auf sich aufmerksam. Kopfschmerzen, ein trockener Mund und trockene Haut sind im Falle einer Dehydratation leider oft von vielen Betroffenen verharmloste, aber unbedingt ernstzunehmende Alarmsignale.

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Weitere Folgen, die starkes Schwitzen haben kann, sind Konzentrationsstörungen, Schwindel, Verwirrung, ein schneller Puls, niedriger Blutdruck, eventuell sogar Muskelkrämpfe und dunkler Urin. Wer diese Symptome bei sich oder anderen feststellt, sollte sich Ruhe gönnen, die Trinkmenge anpassen und bei Bedarf ärztlichen Rat einholen.

Übrigens: Wer auch ohne erkennbaren Grund viel schwitzt und ständig nasse Achseln, Hände oder Füße hat, sollte dies unbedingt ärztlich abklären lassen, um zum Beispiel Stoffwechsel-Erkrankungen auszuschließen.

Ab wann spricht man medizinisch von einem Hitzschlag?

Der Begriff Hitzschlag beschreibt einen Hitzestau mit Körperkerntemperaturen bis über 40 °C. Die Haut ist gerötet und trocken, die Betroffenen klagen über Schwindel, Schwäche, Benommenheit und Übelkeit. Es kann zusätzlich zu Krämpfen und Bewusstlosigkeit kommen. Ein Hitzschlag ist ein lebensgefährlicher Notfall, schnelles Handeln ist jetzt das A und O: die Person in den Schatten legen, die Haut mit feuchten Tüchern oder nasser Kleidung kühlen und sofort den Rettungsdienst über die 112 rufen.

Was passiert bei Hitzekollaps? Was ist der Unterschied zum Hitzschlag?

Gerade an heißen Tagen oder bei starker körperlicher Anstrengung kann es zu einem Blutdruckabfall und Kollaps kommen. Hier sind Erste-Hilfe-Maßnahmen unverzichtbar, um den Gesundheitszustand der Betroffenen zügig zu stabilisieren: Die Person aus der Sonne holen und ihren Körper flach und die Beine erhöht lagern. Auch an einen Flüssigkeitsausgleich durch viel Trinken denken und notfalls eine Ärztin oder einen Arzt hinzuziehen, wenn sich der Zustand verschlechtert.

Sowohl Hitzekollaps als auch Hitzschlag können sich unter anderem durch starken Durst, Kopfschmerzen und Schwindel bemerkbar machen. Typisches Anzeichen eines Kollapses ist eine gerötete und verschwitzte Haut. Beim lebensbedrohlichen Hitzeschlag ist die Haut hingegen trocken und heiß, dazu kommt noch ein schneller Puls, eine sehr hohe Körpertemperatur, gegebenenfalls sogar Erbrechen und drohende Bewusstlosigkeit. Für beide Hitze-Notfälle gilt: Betroffene bitte nicht alleine lassen und Hilfe leisten!

Wie gefährlich ist ein starker Sonnenbrand?

Grundsätzlich gilt: Jedes Sonnenbad und jeder Sonnenbrand ist schädlich für die Zellen und Gesundheit. Wer sich zu lange ungeschützt der UV-Strahlung aussetzt, riskiert kurzfristig Symptome wie gerötete Haut (Sonnenbrand 1. Grades), Bläschen-Bildung (Grad 2) oder sogar Verbrennungen der Haut mit Zerstörung der obersten Hautschicht (Grad 3).

Sonnenbrand bedeutet nicht nur knallrote Haut, sondern ist oftmals auch über mehrere Tage hinweg ziemlich schmerzhaft. Je nach Schwere können auch Fieber, Kopfschmerzen und Schüttelfrost dazukommen. In jedem Fall sollte man sofort die Sonne verlassen, die betroffenen Stellen kühlen und ggf. beruhigende Cremes auftragen. Sehr starke Verbrennungen gehören in ärztliche Behandlung.

Kann ein Sonnenbrand andere Erkrankungen nach sich ziehen?

Auch ein Sonnenstich kann eine direkte Folge eines Sonnenbrands sein: ohne Kopfbedeckung kann intensive Sonneneinstrahlung zu einer Reizung der Hirnhäute führen, inklusive Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Übelkeit. Als Notfallmaßnahme sollten sich Betroffene umgehend mit erhöhtem Kopf in den Schatten legen und Stirn sowie Nacken kühlen. Verbessert sich das Wohlbefinden nicht, sollte eine Ärztin oder ein Arzt zurate gezogen werden.

Langfristig sorgen regelmäßiges Bräunen und Sonnenbrand nicht für nur eine beschleunigte Hautalterung. Sie begünstigen vor allem auch die Entstehung von Hautkrebs um ein Vielfaches.

Wie lauten Ihre wichtigsten Tipps, um alle genannten Risiken zu minimieren?

Vorbeugen ist und bleibt das Wichtigste! Ob jung oder alt, wer sich unter freiem Himmel aufhält, sollte – das ganze Jahr über – auf Sonnenschutz achten. Am besten ist es, Hautschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor zu verwenden, alle ungeschützten Hautbereiche mit langer Kleidung, den Kopf mit einer Bedeckung sowie die Augen mit einer Sonnenbrille zu schützen. Für Menschen mit wenig Haar oder Glatze sollte ausreichender Kopfschutz zum Alltagsoutfit gehören.

Außerdem sollten Sonnenbäder die Ausnahme bleiben, auch wenn viele Menschen gerade im Sommer nach einem gebräunten Teint streben. Vom Besuch von Solarien ist zudem komplett abzuraten. Regelmäßige Hautkrebs-Screenings bei einer Dermatologin oder einem Dermatologen runden die Hautkrebsvorsorge ab.

Unser Experte: Dr. med. Gerd Herold

Dr. Gerd Herold ist Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin, dazu verfügt er über die Zusatzbezeichnung Umweltmedizin. Nach Tätigkeiten in verschiedenen Krankenhäusern und als Leiter des Gesundheitsdienstes bei der Ford-Werke AG ist er seit 2003 als freiberuflicher Gesundheitsberater aktiv. Bei der gesetzlichen Krankenkasse Pronova BKK ist er als Beratungsarzt tätig.

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