Experten()Wissen: Besser schlafen? Was es mit Melatonin auf sich hat
Schlafexperte Dr. Michael Feld im exklusiven Interview
Fast die Hälfte aller Deutschen klagt laut einer aktuellen Umfrage über Schlafprobleme. Kein Wunder, dass Präparate mit dem sogenannten Schlafhormon in Apotheken stark gefragt sind. Doch wie wirkt Melatonin überhaupt? Was taugen Nahrungsergänzungsmittel mit dem Hormon? Wir haben mit dem Schlafexperten Dr. Michael Feld gesprochen.
Yahoo Life: Was genau ist Melatonin?
Dr. Michael Feld: Melatonin ist ein evolutionär altes Hormon, das in der Zirbeldrüse unseres Gehirns produziert wird. Es spielt unter anderem eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Melatonin wird fast ausschließlich bei Nacht produziert und signalisiert allen unseren Körperzellen, dass es nun Zeit ist, Regenerations- und Reparaturprozesse einzuleiten; sich auszuruhen und einzuschlafen.
Was kann den Melatoninspiegel negativ beeinflussen?
Alles, was den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus stört, kann zu einer hormonellen Veränderung in unserem Organismus führen. Schichtarbeit oder künstliches Licht am Abend sorgen zum Beispiel dafür, dass unser Melatoninhaushalt aus dem Gleichgewicht gerät. Auch Blaulichtquellen wie Fernsehen und Handys hemmen die natürliche Melatoninproduktion.
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In welchen Lebensmitteln ist Melatonin natürlich enthalten?
Melatonin ist ein Hormon, das natürlicherweise in einigen Lebensmitteln vorkommt, jedoch in relativ geringen Mengen. Kirschen, insbesondere Sauerkirschen, gelten als eine der besten natürlichen Quellen für Melatonin. Haferflocken enthalten ebenfalls geringe Mengen. Bananen enthalten zwar keine signifikanten Mengen an dem Melatonin, sind aber reich an Vitamin B6, das bei der Produktion des Schlafhormons im Körper hilft. Einige Nüsse wie Mandeln, Walnüsse und Erdnüsse enthalten ebenfalls geringe Mengen an Melatonin, ebenso Pistazien.
Es gibt einen Hype von Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel. Was halten Sie davon?
Durch die Einnahme von Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel kann der Körper bei Schlafstörungen oder Jetlag unterstützt werden, indem es den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus anpasst. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass Melatonin keine Wunderpille ist und nicht bei allen, zum Beispiel starken, Schlafproblemen helfen kann.
Welche Art von Darreichungsformen gibt es?
In Deutschland sind aktuell Präparate bis 1 Milligramm Melatoninzugabe in Apotheken und Drogerien erhältlich. Dosierungen bis 2 Milligramm sind im Einzelfall bereits verfügbar, aber noch nicht rechtlich abgesichert. Es gibt sie als Tabletten, Mundsprays, Pulver oder Flüssiggetränk. Melatonin künstlich zugeführt kann einen Mangel an körpereigenem Melatonin ausgleichen und ein schnelleres Einschlafen und manchmal auch besseres Durchschlafen ermöglichen. Diese Schlafmittel sind mild dosiert, nicht verschreibungspflichtig und stellen für den Verbraucher keine Gefahr dar.
Wie wirkt Melatonin als Zugabe?
Melatonin wirkt nicht wie ein direktes Schlafmittel, sondern ist ein sogenanntes Chronobiotikum. Das bedeutet, dass es den Organismus im zirkadianen Takt der Nacht hält und wie ein Dirigent die zahlreichen Mitspieler des Organismus steuert. Es synchronisiert verschiedene nächtliche Geweberhythmen und fördert damit die Regeneration und Reparatur unserer Zellen. Melatonin sorgt für die Erweiterung der peripheren Blutgefäße und ermöglicht dem Körper, seine Kerntemperatur abzusenken. Es signalisiert den Körperzellen die bevorstehende Nachtruhe, ist zugleich ein hochwirksames Antioxidans und schützt den Körper somit vor degenerativen Erkrankungen.
Zu welcher Uhrzeit sollte man es am besten einnehmen?
Am besten nehmen Sie das Produkt 30 Minuten vor dem Zubettgehen.
Was sind Nebenwirkungen? Ist man am nächsten Tag müde?
Wenn Sie das Produkt wie empfohlen einnehmen, hat es so gut wie keine Nebenwirkungen und Sie sind am kommenden Tag davon nicht müde. In seltenen Fällen kann Melatonin Kopfschmerzen auslösen oder die nächtliche Traumaktivität verstärken. Frei verkäufliche Produkte können Sie also in aller Regel bedenkenlos eine Zeit lang (4-8 Wochen) testen. Im Zweifel mit dem Arzt eventuelle Wechselwirkungen absprechen.
Welche Personengruppen sollten Melatonin nicht einnehmen?
Die Verlockung ist groß, einem aufgeweckten oder gar hyperaktiven Kind mit einem Melatoningummibärchen in den Schlaf zu helfen. Trotzdem gebe ich zu bedenken, dass die Langzeitstudien hier noch viel zu wenig Aussagekraft haben und es oft sehr viele andere Ursachen für das schlechte Einschlafen bei Kindern gibt. Wenn Ihr Kind länger als 4 Wochen lang Schlafstörungen hat oder erkennbar hyperaktiv ist, gehen Sie zunächst zum Kinderarzt.
Unser Experte: Dr. Michael Feld
Dr. Michael Feld ist Facharzt für Allgemeinmedizin, Somnologe und Schlafmediziner aus Köln. Er absolvierte Ausbildungsabschnitte in innerer Medizin, Pneumologie, Schlafmedizin, Chirurgie, Allgemeinmedizin, Notfallmedizin und Sportmedizin. Auf seiner Homepage gibt er Tipps für einen besseren Schlaf, im Fernsehen, Radio und im Fernsehen ist er als Schlafexperte präsent.
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