Fakten vs. Mythen rund ums Baden und Schwimmen
Was könnte im Sommer schöner sein als ein Sprung ins kalte Wasser? Oder Moment … ist das nicht gefährlich? Und was ist mit Schwimmen auf vollen Magen? Wir klären häufige Bade-Mythen auf.
Für die einen ist der Ausflug an den See, ans Meer oder ins Schwimmbad etwas Besonderes, die anderen verbringen in den warmen Sommermonaten am liebsten ihre gesamte Freizeit am Wasser. Doch vor Ort geht es dann los mit den Regeln: Nicht mit vollem Magen schwimmen gehen, und bloß nicht gleich ins kalte Wasser springen, denn sonst droht Ertrinken – im Übrigen zu erkennen an lautem Schreien und wildem Gestikulieren. Soweit die gängige Annahme – doch stimmt das alles denn auch? Die gängigsten Mythen rund ums Baden und Schwimmen im Check.
Mythos: Schwimmen nach dem Essen ist gefährlich
Stimmt nicht: Es ist eine eiserne Regel, die von Generation zu Generation weitergereicht wird und auch von der Deutsche-Lebensrettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG) weiter aufrechterhalten wird. Deren Baderegeln raten nach wie vor, nicht mit vollem Magen zu schwimmen. Denn, so die Theorie dahinter, der Körper braucht dann viel Energie zum Verdauen, die dann zum Schwimmen fehlt, was ein Sicherheitsrisiko wäre.
Dass Schwimmen auf vollen Magen eine Gefahr darstellt, ist jedoch nicht erwiesen – das Gegenteil allerdings schon. Eine Studie des Manuato State College und Robert der Illinois State University aus dem Jahr 1968 testete Wettkampfschwimmer auf ihre Schwimmleistung mit vollem Magen. Das Ergebnis: Die satte Mahlzeit hatte keinen Einfluss auf die Leistung. Und dem DLRG zufolge sind es vor allem leere Mägen, die zu Notarzteinsätzen führen – denn dann geht den Menschen eher die Energie aus.
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Dass üppige, fettige Mahlzeiten bei sofortiger sportlicher Betätigung zu Trägkeit oder Übelkeit führen können, ist jedoch auch von diversen Studien erwiesen. Wer dies von sich selbst kennt, sollte es nach dem Essen also zumindest ruhig angehen lassen. In jedem Fall gilt: Wer müde ist, gehört an Land – ob voller Magen oder nicht!
Mythos: Vor dem Sprung ins kalte Wasser sollte man sich abkühlen
Stimmt: Was vielen von Kindesbeinen an ebenfalls eingetrichtert wurde, ist der gefährliche Sprung ins kalte Wasser, der vor allem bei heißem Wetter unbedingt vermieden werden sollte. Tatsächlich ist dies eine wichtige Regel – und zwar für Menschen jeden Alters. Ein Temperaturschock kann theoretisch für jeden gefährlich werden.
Ist der Körper erwärmt und wird schlagartig in kälteres Wasser getaucht, löst dies das Alarmsignal für Unterkühlung und damit mehrere Schutzreaktionen aus, wie Michael Förster vom DLRG dem Bayerischen Rundfunk erklärt: Der Blutdruck steigt an und die Gefäße ziehen sich zusammen, was den Kreislauf enorm belastet. Die Folgen können ein – auf offenem Wasser hochgefährlicher – Kreislaufkollaps bis hin zur Bewusstlosigkeit sein, im schlimmsten Fall drohen sogar Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Hierfür genügen unter Umständen bereits Wassertemperaturen von 25 Grad. Besonders gefährdet sind Menschen, die nach dem Sonnenbaden erhitzt sind, Alkohol getrunken haben oder unter Herz-Kreislauf-Problemen leiden. Zu häufigen Vorfällen komme es Förster zufolge auch mit Jugendlichen oder sportlichen Senioren, die sich überschätzen. Für jeden ist es also ratsam, sich vorab nach Möglichkeit kühl abzubrausen und langsam ins Wasser zu gehen.
Mythos: Ertrinkende sind an Schreien und wildem Gestikulieren erkennbar
Stimmt nicht: Ertrinken ist ein überraschend stiller Tod – wer also nach Hilferufen und wedelnden Armen im Wasser Ausschau hält, wie man aus es aus Film und Fernsehen kennt, wird keinen Notfall erkennen. Denn dies ist ein Ausnahmefall – die Regel sieht ganz anders aus: "Die Opfer sind meist so entkräftet, dass sie nur noch schwach mit der Hand winken können. Der Kopf ist bereits unter Wasser", erklärte DLRG-Experte Förster Yahoo Style.
Wer durch Zufall bemerkt, wie jemand untergeht, solle Hilfe rufen und den Notruf betätigen. Die hilfsbedürftige Person selbst retten solle nur, wer sich dies auch zutraut – sonst bestünde die Gefahr, selbst in Not zu geraten. Wer eine eigene Gefährdung realistisch ausschließen kann, solle die Person von hinten unter den Schultern greifen und so durch das Wasser an Land ziehen.
Mythos: Immer weniger Kinder in Deutschland können schwimmen
Stimmt: Die vom DLRG veröffentlichte Forsa-Umfrage von 2022 bestätigt diesen Eindruck leider. Demnach hat sich die Zahl der Grundschulkinder zwischen sechs und zehn Jahren, die nicht schwimmen können, seit der vorherigen Umfrage im Jahr 2017 von 10 auf 20 Prozent verdoppelt. Weitere 23 Prozent der Kinder in dieser Altersgruppe sind nach Einschätzung der Eltern keine sicheren Schwimmer.
Diese jüngsten Zahlen führt die Organisation auf fehlende Schulungsmöglichkeiten während der Corona-Pandemie zurück. Doch bereits vor dieser waren die Zahlen bedenklich: 2017 waren 59 Prozent der Zehnjährigen in Deutschland keine sicheren Schwimmer. Damals führte die DLRG dies auf die vielen Bäderschließungen in Deutschland zurück, richtete jedoch auch einen dringenden Appell an die Grundschulen, ihrer gesetzlichen Pflicht des Schwimmunterrichts nachzukommen. Wie Yahoo Nachrichten von einem Grundschullehrer erfuhr, melden sich jedoch immer mehr Kinder von eben jenem Schwimmunterricht krank – "vermutlich, weil viele Kinder es nicht können, keine Lust haben, es zu lernen, und dabei fatalerweise von ihren Eltern unterstützt werden".
Während die Verantwortung hin- und hergeschoben wird, bleibt die Tatsache, dass Schwimmfähigkeit für Kinder (lebens-)wichtig ist. Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 355 Menschen ertrunken – 56 mehr als noch im Vorjahr.
Mythos: Schwimmen ist immer gesund
Stimmt nicht: Einerseits ist Schwimmen die Sportart, die nahezu jedem empfohlen wird – sowohl Kindern als auch Schwangeren und Menschen mit Arthritis, Schmerzen oder Nervenerkrankungen. Erst vor Kurzem hat eine Studie der Harvard Medical School die gesündesten Sportarten ermittelt und Schwimmen auf dem ersten Rang platziert. Kein Wunder: Es stärkt Muskeln (im Idealfall sogar alle), Kondition und Stoffwechsel und schont dank dem Auftrieb und der Gleichmäßigkeit der Bewegungen die Gelenke.
Abhärtend oder ungesund: Wie gefährlich ist Schwimmen in eiskaltem Wasser?
Das heißt jedoch nicht, dass Schwimmen stets und automatisch gesund ist. Wie Sporttherapeut Stephan Müller dem National Geographic erklärte, ist auch diese gesündeste aller Sportarten nicht für jeden geeignet. Für Menschen mit Bluthochdruck würde das Wasser wie eine Kompression wirken, was den Blutdruck weiter erhöhen kann. Menschen mit Herzerkrankungen könnten ebenfalls Komplikationen erleiden, da beim Schwimmen das Blut vermehrt zum Herzen geschoben wird. Und auch bei Rückenproblemen sei Vorsicht geboten. Mit der richtigen Technik könne man seinen Rücken zwar stärken und auf Dauer unter Umständen gesunden – mit der falschen Technik würde jedoch alles nur noch schlimmer.
Brustschwimmen, bei dem permanent der Kopf über Wasser gehalten würde – eine unnatürliche Position – sei Gift für den Rücken. Besser sei es, den Kopf bei jedem Zug unter Wasser zu tauchen, wie Sportschwimmer es tun – oder gleich zu kraulen, sofern der Körper auch hier gerade und der Kopf auf Wasserebene gehalten wird. Zudem sollten Menschen ab einem gewissen Alter Herz und Blutdruck regelmäßig überprüfen lassen – dann steht dem Hobby-Schwimmen nichts im Wege.
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