Genderneutrale Namen auf dem Vormarsch
Nicht jeder Name verrät sofort das Geschlecht: Genderneutrale Namen trenden seit Jahren bei der Vergabe für Babys. Die Entwicklung ist dabei keine neue.
Häufig empfehlen Standesämter bei der Namensvergabe für Neugeborene einen geschlechtlich eindeutigen Zweitnamen – wie beispielsweise Julia oder Rainer. Der Erstname aber darf heute genderneutral sein.
Er verrät also nicht beim ersten Hinhören, welches biologische Geschlecht bei der Geburt zugewiesen wurde. Einen solchen Namen wählen nicht nur hierzulande immer mehr Eltern für ihre Kinder.
Geschlechterrollen werden weitergegeben
Warum? Eine Antwort darauf kann sein: wegen der Chancengleichheit. Namen zeigen Geschlechter an. Und Geschlechter erfüllen Rollen, verhalten sich typisch, haben Vorlieben. Das zeigen etwa sogenannte Gender-Reveal-Partys. Dabei wird das bislang geheime Geschlecht eines Neugeborenen mit blau, für einen Jungen, oder rosa, für ein Mädchen, bekannt gegeben.
Kaum ist das Kind auf der Welt, wird seine Welt eingefärbt in ein Farbklischee. Und das ist oft nur der Anfang. Geschenke, Kleidung, Dekoration, der Umgang mit den Kleinen prägt sie: Ein Mädchen ist zart und „oh wie süß“ oder „ach, so hübsch“, ihr Zimmer vollgestopft mit Einhörnern und Blumen, ein Junge ist cool und „schon so stark“, er muss erstmal toben, dafür besitzt er allerhand Bälle und Superhelden-Figuren. So werden alte Geschlechterrollen und Denkweisen von Beginn an antrainiert und weitergegeben – das macht Lebenswege wahrscheinlicher, andere weniger wahrscheinlich.
Wer aber der Meinung ist, dass Verhalten nie typisch weiblich oder typisch männlich ist oder alle Farben von Jungs und Mädchen gleichermaßen getragen werden können, wählt vielleicht auch einen Kindernamen, der nichts über das Geschlecht aussagt. Auch wenn das allein sicher nicht mit einem Schlag Chancengleichheit herstellt. Aber ein genderneutraler Name kann helfen, dass beim Anblick eines Babys nicht jeder und jede sofort in ein stereotypisches männliches oder weibliches Denken verfällt.
Namen im Trend
Genderneutrale Namen sind im Trend. In Deutschland erfreuen sich unter anderen diese Namen wachsender Beliebtheit:
Yuki, Andrea, Bente, Chris, Dominique, Andy, Cameron, Kai, Noa(h), Maria, Eike, Luka, Gerrit, Yuma, Thjorven, Noel, Devin, Jonah, Adrian, Alex, Alexis, Benja, Dana, Elia, Erin, Finn, Florin, Harper, Ira, Jamie, Janis, Julin, Kelly, Lovis, Luca, Marian, Maxi, Merle, Nicola, Quinn, Sam, Sidney, Yannie, Kim, Mika, Sascha, Ulli, Charlie.
Was dabei auffällt: Oft handelt es sich um Namen, die es früher so nicht oder nur selten in Deutschland gegeben hat. Weitere Namen haben ihre Entwicklung anderen Ländern und Regionen zu verdanken. Dazu schreibt Vorname.com: „Kim zum Beispiel ist in Deutschland eher als Mädchenname bekannt, im asiatischen Raum dagegen einer der häufigsten männlichen Vornamen.“ Ähnliches gelte für die italienischen Männernamen Andrea und Simone, die nicht nur im deutschsprachigen Raum eindeutig Frauen zuzuordnen seien. Weniger bekannt sei, dass die Kurzform von Elisabeth, Lisa, in manchen Teilen Afrikas ein Männername sei.
Entwicklung seit Jahrtausendwende
Auch die Sprachforschung spürt dem Trend hinterher. Damaris Nübling schreibt dazu, dass die Entwicklung noch recht neu ist und vor allem seit der Jahrtausendwende Jungennamen „degendert“ werden. So erhalten „zunehmend Jungennamen auf offenes -a – bislang exklusivster Weiblichkeitsmarker“, wie Luca und Noah.
Diese Namen seien ungefähr bis zum Jahr 2000 noch „konsonantisch gedeckt“ gewesen: Danach wurde aus Lukas dann Luca. Die Sprachforscherin kommt zu dem Ergebnis, dass dadurch eine „beträchtliche Enthärtung phonologischer Strukturen“ passiert sei. Das zeige ihr, dass „nichts an Frauen- und Männernamen 'an sich' weiblich oder männlich“ sei.
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