Ist Schwimmen direkt nach dem Essen wirklich gefährlich?
Bei warmen Wetter verbringen viele am liebsten den ganzen Tag am Wasser. Nach dem Essen ist Schwimmen jedoch erstmal streng verboten. Schließlich ist das gefährlich - oder etwas nicht? Was an dem Mythos dran ist.
Es ist eine Regel, die den meisten in der eigenen Kindheit bereits eingetrichtert wurde und welche die neue Generation Eltern nun selbst aufrecht erhält: Nach dem Essen ist Schwimmen streng verboten. Eine halbe Stunde müsse danach gewartet werden, bevor man wieder ins Wasser darf - ganz arme Kinder müssen gar eine volle Stunde ausharren, bevor sie wieder ins kühle Nass dürfen. Selbst die Deutsche-Lebensrettungs-Gesellschaft e.V. (DLRG) rät in ihren Baderegeln, nicht mit vollem Magen zu schwimmen, und das US-amerikanische Rote Kreuz plädiert gar für anderthalb Stunden Wartezeit.
Der Gedanke dahinter: Nach dem Essen braucht der Magen viel Energie zum Verdauen. Die fehlt dann beim Schwimmen und kann zu einem Sicherheitsproblem werden. "Das Blut wird vermehrt in den Verdauungstrakt geleitet, zulasten von Muskulatur und Gehirn. Oft spüren wir das durch eine gewisse Trägheit", zitiert der Stern den DLRG-Sprecher Martin Holzhause. Doch ist Schwimmen nach dem Essen dadurch tatsächlich gefährlich oder ist die allseits praktizierte Wartezeit eigentlich unnötig?
Ein uralter, unbelegter Mythos?
Dass Schwimmen nach dem Essen eine akute Gefahr darstellt, ist wissenschaftlich nicht belegt. Tatsächlich ist unklar, wo die Regel ihren Ursprung hat. Der US-Sportphysiologe Arthur Steinhaus, der sich indes über die unbewiesene Vorhabe des Roten Kreuzes ereiferte, führte sie in einer Analyse aus den frühen 60er Jahren auf eine Praktik der Ureinwohner seines Landes zurück, die sich nach einer Mahlzeit die Bäuche massiert haben sollen, um beim Schwimmen nicht unterzugehen.
Gesund oder riskant: Wie gefährlich ist Schwimmen in eiskaltem Wasser?
Mittlerweile weiß man freilich um die physiologischen Prozesse der Verdauung und welche Auswirkungen sie auf körperliche Betätigung haben können. So betont Holzhause im Stern-Gespräch, dass körperliche Verausgabung nach dem Essen zu Übelkeit oder auch Erbrechen führen kann.
Schwimmen erlaubt, verausgaben nicht
Was mittlerweile jedoch auch erwiesen ist: Eine allgemeine Gefahr geht durch das Schwimmen nach dem Essen nicht aus. Das ergab eine Studie des Manuato State College und Robert der Illinois State University aus dem Jahr 1968, bei der Wettkampfschwimmer auf vollen Magen auf ihre Schwimmleistung getestet wurden. Das Ergebnis: Sie hatte keinen Einfluss auf die Leistung.
Wer sich nach dem Essen also eher träge fühlt, kann ruhig eine Pause eingelegen. Wer sich gleich wieder in die Fluten stürzen will, kann dies jedoch tun. Ob voller oder leerer Magen: Wer müde ist, gehört an Land.
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