Kamala Harris: Warum das Schicksal dieser Frau die USA-Wahlen entscheiden könnte

Kamala Harris

Kamala Harris im US-Wahlkampf: Amber Thurman ist die erste Frau in den USA, die laut Propublica nach einer Abtreibung gestorben ist, obwohl ihr hätte geholfen werden können

EVELYN HOCKSTEIN/POOL/AFP via Getty Images,

Die Autonomie der Frau, darüber zu entscheiden, ob sie Kinder haben will, muss zwingend garantiert sein. Dieser Satz stammt nicht von einer Frauenrechtsaktivistin und auch nicht von Kamala Harris. Sondern von einer Frau, von der man es wohl als letztes erwartet hätte: Melania Trump. Der Staat dürfe sich hier nicht einmischen, schreibt sie. „Seit ich erwachsen bin, ist dies meine Überzeugung.“

Spätestens nach diesem Statement ist das Thema Abtreibung zu dem zentralen Wahlkampfthema in den USA geworden. Doch auch die tragische Geschichte einer jungen Frau könnte entscheidend für den Ausgang der Wahlen sein.

Amber Thurmans Tod war „vermeidbar“

Amber Nicole Thurman ist 28 Jahre alt und alleinerziehende Mutter, als sie erfährt, dass sie wieder schwanger ist – mit Zwillingen. Sie beschließt, dass sie sich nicht um zwei weitere Kinder kümmern kann und, dass sie die Schwangerschaft beenden will. Doch so einfach ist das nicht. Denn in ihrem Bundesstaat Georgia sind Abtreibungen nach der sechsten Schwangerschaftswoche verboten. Also fährt Amber Thurman ins 600 Meilen entfernte North Carolina und nimmt dort eine Abtreibungspille ein.

Zurück in Georgia geht es ihr schlechter. In einem Krankenhaus wird festgestellt, dass sich das Gewebe in ihrer Gebärmutter entzündet hat und dringend entfernt werden muss. Obwohl sich der Zustand der jungen Mutter rasant verschlechtert, zögern die Ärzt*innen 17 Stunden, bevor sie etwas unternehmen. Der Grund: In Georgia wurde kurz zuvor ein Gesetz verabschiedet, das die Ausschabung der Gebärmutter unter Strafe stellt – mit nur wenigen, schwer interpretierbaren Ausnahmen.

Als sich die Ärzt*innen schließlich doch für eine Notoperation entscheiden, ist es zu spät. Am 19. August 2022 stirbt Amber Nicole Thurman auf dem OP-Tisch. „Sie starb im Krankenhaus, umgeben von medizinischem Personal, das ihr Leben hätte retten können“, schreibt die feministische Autorin Jessica Valenti auf X.

Darum geben viele Trump die Schuld

Die Geschichte von Amber Thurman ist kein Einzelfall. Überall, wo reproduktive Rechte eingeschränkt werden, sterben Frauen, denen nicht geholfen werden kann. Und doch könnte dieser Fall im November die US-Wahlen entscheiden. Denn ein Ausschuss des US-Staates hat jetzt untersucht, was Amber Thurman passiert ist. Und ist laut der US-Rechercheplattform Propublica zu dem Schluss gekommen, dass sie zu spät medizinische Hilfe bekommen habe. Damit handle es sich um den ersten Todesfall im Zusammenhang mit einer Abtreibung in den USA, der offiziell als „vermeidbar“ eingestuft wird.

Eigentlich wurde Amber Thurmans Todesurteil schon zwei Jahre vorher gefällt, als der Supreme Court im Juni 2022 das seit fast 50 Jahren geltende landesweite Recht auf Abtreibung abgeschafft hat. Mit der Aufhebung von Roe vs. Wade traten in Georgia und 21 weiteren US-Bundesstaaten restriktive Abtreibungsregelungen in Kraft. Viele sehen darin das wahre Vermächtnis von Donald Trump.

Indem er zu seinen Amtszeiten drei erzkonservative Richter*innen am Obersten Gerichtshof einsetzte, sorgte er dafür, dass die Abtreibungsgegner*innen dort die Mehrheit erhielten. Die Aktivistin Mini Timmaraju von der NGO Reproductive Freedom for All bringt daher auf den Punkt, was jetzt viele in den USA denken: „Amber wäre noch am Leben, wenn (Ex-Präsident) Donald Trump und (Georgias Gouverneur) Brian Kemp das Abtreibungsverbot nicht durchgesetzt hätten. Sie haben Blut an ihren Händen.“

Warum könnte das die Wahl beeinflussen?

Auch Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris macht Donald Trump für den Tod von Amber Thurman und vielen anderen Frauen verantwortlich. Bei einer Wahlkampfrede in Georgia sagte sie, dass eine von drei Frauen in den USA in einem Bundesstaat mit „Trumps Abtreibungsverbot“ lebe. Man wisse von mindestens zwei Frauen, die deswegen gestorben seien – und das allein in Georgia. Bei einem späteren Auftritt stellte sie fest: „Dies ist eine Krise im Gesundheitswesen und Donald Trump ist der Architekt.“

Nach jüngsten Umfragen ist in den wichtigen Swing States die Mehrheit der Befragten dafür, Abtreibungen grundsätzlich zu erlauben. Georgia ist einer dieser umkämpften Swing States und dort ist Abtreibung zu einem der wichtigsten Themen für die Wähler*innen geworden. Trump selbst hat sich nicht direkt zu dem Fall Amber Thurman geäußert. Sein Team macht das Krankenhaus für den Tod der Frau verantwortlich.