Kinderlähmung: Polio-Viren in sieben deutschen Städten gefunden

Bei Abwasserproben sind in sieben deutschen Städten Polio-Viren gefunden worden. Für Geimpfte besteht keine Erkrankungsgefahr. (Bild: iStock/selvanegra)
Bei Abwasserproben sind in sieben deutschen Städten Polio-Viren gefunden worden. Für Geimpfte besteht keine Erkrankungsgefahr. (Bild: iStock/selvanegra)

In Deutschland sowie in vier weiteren EU-Ländern sind im Zuge von routinemäßigen Abwasseruntersuchungen Polio-Viren gefunden worden. In seltenen Fällen können Erkrankungen bei ungeschützten Personen nicht ausgeschlossen werden.

Kinderlähmung (Poliomyelitis) galt in vielen westlichen Ländern dank Impfungen bereits als ausgerottet. Im Herbst letzten Jahres sind nun jedoch in Abwasserproben in Deutschland, Großbritannien, Spanien, Polen und Finnland Polio-Viren aufgetaucht, wie "Bild" unter Berufung auf die Gesundheitsbehörde der Europäischen Union (ECDC) berichtet.

Demnach stellte das Robert Koch-Institut (RKI) im November bei routinemäßigen Abwasserproben-Messungen in sieben deutschen Städten (München, Bonn, Hamburg, Köln, Dresden, Mainz und Düsseldorf) Polio-Viren fest.

Bei den gefundenen Polio-Viren handelt es sich laut "Bild" um Wildtypen des Polio-Erregers, genauer gesagt um Polio-Viren Typ 2. Diese seien auf Schluckimpfungen gegen die Krankheit zurückzuführen. In Deutschland werden jedoch schon seit 1998 keine Schluckimpfungen mit abgeschwächten, vermehrungsfähigen Impfviren durchgeführt. Diese werden einige Zeit lang mit dem Stuhl wieder ausgeschieden und geraten so ins Abwasser.

Auch die anderen betroffenen EU-Länder nutzen nicht mehr Schluckimpfungen gegen Kinderlähmung. Daher wird von den Forschenden der EDEC vermutet, dass die Viren von Menschen eingeschleppt und ausgeschieden werden, die aus Regionen stammen, in denen Schluckimpfungen noch angewendet werden - wie etwa in Afrika oder Asien.

Ausbreitung möglich, aber keine Gefahr für Geimpfte

Da sämtliche, bei Abwasserproben gefunden Polio-Viren den gleichen Stamm aufwiesen, gehe man laut "Bild" davon aus, dass eine Ausbreitung weit über die betroffenen Messstellen in Betracht gezogen werden müsse. Die Forschenden sprechen von einem "Weckruf". Eine unmittelbare Gefahr gehe von den Viren jedoch nicht aus.

Aufgrund der recht hohen Impfquoten in Deutschland ist es hierzulande unwahrscheinlich, dass Polio-Erkrankungen auftreten. Dass es in seltenen Fällen zu Erkrankungen bei ungeschützten Personen kommt, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Kinder sollten daher vollständig gegen Polio geimpft werden. Eine Polio-Impfung wird von der Ständigen Impfkommission empfohlen und in der Regel im Zuge einer Sechsfach-Impfung gegen weitere Krankheiten von Kinderärztinnen und -ärzten durchgeführt.