Neuroathletiktraining: Wie eine 9-Volt-Batterie leistungssteigernd wirken kann

Die deutsche Leichtathletin Gina Lückenkemper hat ihre ganz eigene Technik zur Leistungssteigerung. (Bild: Getty Images)
Die deutsche Leichtathletin Gina Lückenkemper hat ihre ganz eigene Technik zur Leistungssteigerung. (Bild: Getty Images)

Vor einem Jahr überraschte die erfolgreiche Leichtathletin Gina Lückenkemper mit der Aussage, dass es Teil ihres Trainings sei, kurz vor dem Sprint eine 9-Volt-Batterie an ihre Zunge zu halten. Ihr Coach und Sportwissenschaftler Lars Lienhard ist Vorreiter auf dem Gebiet des Neuroathletiktrainings. Nun hat er ein Buch dazu veröffentlicht.

Was für Laien gefährlich oder zumindest sehr merkwürdig klingen mag, ist tatsächlich Teil eines wissenschaftlich begründeten Trainingsprogramms: Das „Lecken“ an einer 9-Volt-Batterie kann laut Lars Lienhard bestimmte Hirnareale stimulieren, um zu sportlichen Höchstleistungen zu gelangen. Der Sportwissenschaftler ist überzeugt: Athleten können neben ihrem Körper auch ihr Gehirn trainieren.

„Neuroathletiktraining ist sportliches Training unter Einbeziehung der neuronalen Gesetzmäßigkeiten. Im Gegensatz zu eher biomechanisch geprägten Ansätzen liegt der Fokus hier auf der zentralen Stellung des Gehirns und Nervensystems und den bewegungssteuernden Systemen“, erklärt Trainingsexperte Lienhard dem Online-Portal „Fitbook“.

Bisher hat Lückenkemper gute Erfolge mit ihrem Trainingsprogramm erzielt. (Bild: Getty Images)
Bisher hat Lückenkemper gute Erfolge mit ihrem Trainingsprogramm erzielt. (Bild: Getty Images)

Der kleine elektrische Schock, den eine 9-Volt-Batterie bei der Berührung mit der Zunge abgibt, soll demnach „gewisse Hirnareale hochfahren, sodass der darauf folgende Reiz – also das eigentliche Training – besser integriert werden kann“, führt Ulla Schmid-Fetzer aus. Die Trainerin hat gemeinsam mit dem Sportwissenschaftler Lienhard das erste Buch zum Thema verfasst („Neuroathletiktraining: Grundlagen und Praxis des neurozentrierten Trainings“, Richard Pflaum Verlag, 2018).

Die Zunge eigne sich dabei besonders gut für die Stimulanz der für motorische Bewegung wichtigen Hirnarale, erklärt Lienhard: „Stimuliert man die Zunge, kommt es zu einer sehr großen neuronalen Aktivität. Ihre Repräsentation im Gehirn liegt […] neben einem für das motorische Lernen sehr wichtigen Hirnareal. Strukturen, die nebeneinander liegen, aktivieren sich auch gegenseitig. Das heißt, wenn ein Areal sehr aktiv ist, so führt dies auch zu neuronaler Aktivität der daneben liegenden Areale.“

Ein Wundermittel ist der Zungen-Schock jedoch nicht. Er kann aber nach Überzeugung der beiden Sportexperten als Teil eines umfassenden Trainingsprogramms bei der Optimierung von Bewegungs- und Lernabläufen helfen.