Warum wir Red Flags lieben – die Psychologie dahinter

Warum wir Red Flags lieben – Die Psychologie dahinter

Die Warnsignale sind eindeutig da – doch wir fallen trotzdem drauf rein ...

Getty Images, David Zaitz

Situationships, Ghosting, Lovebombing – Red Flags, oder? Die Dating-Welt ist mittlerweile alles andere als überschaubar und gefühlt täglich offenbaren sich hinter komplizierten Begriffen neue Phänomene, die Herzschmerz und Chaos mit sich bringen. Sind wir monogam? Exklusiv? Oder doch friends with benefits? Ich bringe Licht ins Dunkle des Dating-Lebens der Gen Z – aus eigener Erfahrung, denn (wie Pitbull) trust me, been there, done that …

Die Liste an negativen Eigenschaften und Verhaltensweisen, die uns im Dating-Alltag immer wieder begegnen ist endlos lang – zumindest, wenn man den zahlreichen Videos auf Social Media rund um das Thema „Red Flags“ glaubt. Da wagt man sich als Single kaum noch in den weiten und gefährlichen Dschungel, der sich Dating nennt, hinaus. Doch auch, wenn uns die Anzeichen zum Teil schon früh in der Kennenlernphase bekannt sind, schauen wir scheinbar doch blind weg – die rosarote Brille eben. Egal, wie oft die besten Freunde auf uns einreden, wir wollen nicht hören und stürzen uns ohne Halt ins Verderben (etwas theatralisch gesprochen). Dabei ist der Grund, warum wir uns von diesen sogenannten Red Flags irgendwie doch so angezogen fühlen, psychologischer Natur.

Lieber nicht: Bei manchen Dates läuten schnell die Alarmglocken

Unsere Freunde sehen es meist bereits am Anfang, so haben sie schließlich einen objektiven Blick auf das Ganze und sind nicht von Gefühlen völlig benebelt. Dennoch werden häufig die (gut gemeinten) Ratschläge ignoriert und die Person der Begierde im roten Flaggen-Gewand weiterhin kontaktiert. Nachts und nur auf Snapchat (Red Flag), lediglich als wiederkehrende Story-Reaktion auf das Gym-Selfie (Red Flag), der betrunkene Anruf nach der Club-Nacht (Red Flag) – wenn die Kommunikation bloß auf diese Weise verläuft, sollte man eigentlich sehen, dass hier keine ernsten Absichten im Spiel sind.

Doch irgendwie snappen wir trotzdem zurück, antworten auf Instagram und nehmen den Anruf an. Die Flagge ist schon nicht mehr hellgefärbt, sie erstrahlt in warnendem Dunkelrot – doch wir sehen durch die Brille alles irgendwie Rosa. Die lieben, aufrichtigen Guys und Girls wollen wir nicht (wieso auch immer) und rennen stattdessen der toxischen Situationship hinterher – monatelang, völlig ohne Selbstrespekt oder Einsicht. Da fragt man sich (zu Recht): WARUM???

Von Red Flags angezogen werden: Das sind die psychologischen Gründe dahinter

Es gibt nicht DIE eine Ursache, die ein solches, oft selbstzerstörerisches Verhalten erklären kann. Vielmehr spielen hier mehrere Faktoren mit rein, und unter anderem ist natürlich auch mal wieder die Kindheit ein zentraler Erklärungsansatz:

  1. Oft sehen wir die Red Flags gerade am Anfang nicht, da sie hier noch unter dem Tarnumhang im Hintergrund schlummern. So beginnen die toxischsten Beziehungen meist sogar mit den romantischsten Liebesbekundungen en masse. Deshalb sehen und spüren wir zu Beginn nur diese Welle aus Komplimenten und Zuneigung, bevor sie uns dann erst später wie ein Tsunami überrollt und mit sich reißt.

  2. Ein unbewusster Mechanismus, der hier im Dating-Leben oft greift, geht auf in der Kindheit entwickelte Schemata zurück. So suchen wir uns auch im Erwachsenenalter Dinge und Verhaltensmuster, die uns vertraut sind und deshalb ein Stück Geborgenheit vermitteln. Wer also von klein auf eine distanzierte Bindung im Elternhaus erfahren hat, findet sich häufig auch später in einer solchen Dynamik wieder. Nicht ohne Grund daten wir oft Personen, die unseren Eltern in bestimmten Zügen ähneln.

  3. In der Psychologie ist zudem oft auch von „self verification" die Rede: Wir mögen es nicht, wenn jemand oder etwas unser Selbstbild aus dem Gleichgewicht bringt. Daher suchen wir uns Personen, die das bestätigen, was wir über uns selbst bereits denken. Wenn hier ein negatives Selbstbild vorliegt, ich mich also für wenig liebenswert halte, kann ich auch schlecht mit aufrichtig entgegengebrachter Liebe umgehen und finde vielmehr Zuflucht in von Unsicherheit geprägten Beziehungen.

Darüber ist sich Social Media (ausnahmsweise mal) einig: Das sind Red Flags beim ersten Date und in der Kennenlernphase:

No-Gos beim ersten Date:

  • Redet ständig nur von der/dem Ex (Run!)

  • Ist unhöflich zu Kellner*innen

  • Ungepflegte Hände

  • Stellt keine Fragen, wirkt allgemein desinteressiert (Warum bist du hier?)

  • Schaut zu tief ins Glas (Nüchtern bin ich dir wohl zu anstrengend?)

  • Nur am Handy, am besten sogar noch auf Dating-Apps (Ich glaub, ich seh nicht richtig!)

  • Macht zu früh Druck (Das ist unser erstes Date, lass uns bitte noch nicht über Hochzeit reden, danke)

No-Gos in der Kennenlernphase:

  • Gibt sich keine Mühe und wartet nur darauf, dass Sie Date-Ideen liefern

  • Hat trotzdem jeden Tag ein neues Date (Willst du MICH kennenlernen oder eine Studie für Durex durchführen)

  • Bleibt nie bis zum Frühstück (Ist das ein wiederkehrender One Night Stand oder warum musst du jedes Mal um 7 Uhr morgens plötzlich los)

  • Will die Freunde nicht kennenlernen und nur Dinge zu Hause unternehmen (Damit uns der/die Ex nicht sieht, oder was?)

  • Unpünktlichkeit

  • Kontrollsüchtig (Ich darf mal 2 Stunden nicht antworten, ohne dass Telefon-Terror ausbricht)