Die Sache mit den Frenemies – warum sind wir mit unseren Feind*innen befreundet?
Was wären wir nur ohne unsere Freundschaften? Sie sind immer da, wenn man sie braucht, auch wenn man selbst mal wieder Mist gebaut hat. Sie helfen, Ihnen können wir uns anvertrauen, ohne sie wäre das Leben vermutlich ziemlich langweilig. Also, man kann es nicht oft genug sagen: danke dafür. Aber unser Bekanntenkreis besteht nicht nur aus Menschen, für die wir unser letztes Hemd geben würden. Neben den besten Freund*innen führen wir tatsächlich auch viele ambivalente Beziehungen zu anderen Personen, die uns irgendwie nahestehen, aber irgendwie auch nicht. Menschen, die wir mögen und gleichzeitig nicht leiden können. Was hat es mit den sogenannten Frenemies auf sich? Und wie kommt es, dass wir mit ihnen befreundet UND verfeindet sind?
Frenemies sind unsere befreundeten Feind*innen
Frenemy ist ein Kofferwort aus zwei Wörtern, deren Bedeutung eigentlich nicht widersprüchlicher sein könnte. Es setzt sich zusammen aus "Friend" und "Enemy" und beschreibt eine bestimmte Art von Beziehung, die sowohl freundschaftliche als auch feindselige Elemente enthält. Eigentlich müsste Frenemy als Oxymoron gewertet werden, also als einen Begriff, der aus zwei sich gegenseitig ausschließenden Komponenten gebildet wird. Das Paradoxe daran ist: Freundschaft und Feindschaft tun gerade das eben nicht. Sie existieren, auch im Verbund, als komplexes Beziehungskonstrukt zwischen zwei Personen, das in vielen sozialen Kontexten auftreten kann: im persönlichen Leben, im Büro, wo auch immer. Jetzt mögen Sie vielleicht denken, das passiere Ihnen nicht. Dabei führen wir viele feindselige Freundschaften, ohne, dass wir es überhaupt mitbekommen.
Feind*innen im Freundeskreis: Woran man Frenemies erkennt
Frenemies im Freundeskreis? Passiert mir nicht, vermuten viele. Dabei führen wir unbemerkt viele Freundschaften, die auch irgendwo etwas Feindseliges haben. Vielleicht nicht immer, vielleicht nur in manchen Situationen, vielleicht auch nur ganz subtil. Aber diese Anzeichen sprechen dafür, dass unsere vermeintliche Freundschaft auch gerne mal zur Feindschaft wird:
1. Ständige Konkurrenz
Es gibt manche Bekannte, die wir zwar irgendwo mögen, aber mit denen wir immer auch in Konkurrenz treten, gerade im Arbeitskontext. Ständig vergleicht man sich, ständig steht man im gegenseitigen Wettbewerb und will sich übertreffen, sei es in Bezug auf Karriere, soziale Anerkennung oder andere persönliche Errungenschaften. Dieser Konkurrenzgedanke ist ein klares Indiz dafür, dass es sich bei Freund*innen zumindest teilweise auch um Frenemies handelt.
2. Unterschwellige Feindseligkeit
Auch im Umgang miteinander kann man feststellen, ob es sich um Frenemies oder wahre Freundschaften handelt. So sind passiv-aggressive Kommentare häufig ein erstes Anzeichen für ein feindseliges Verhältnis. Wer häufig abfällige oder sarkastische Bemerkungen macht, die als Witz getarnt sind, aber doch irgendwo einen wahren Kern haben, offenbart, dass man sich nicht wirklich über Ihre persönlichen Erfolge freut.
3. Unzuverlässigkeit
Nur weil jemand vielleicht mal zu spät kommt oder ein Treffen absagt, heißt das nicht, dass die Person auch ein Frenemy ist. Wer aber ständig seine Versprechen bricht, Absprachen nicht einhält und Sie im Stich lässt, wenn es drauf ankommt, leistet keinen guten Freundschaftsdienst. Unvorhersehbares Verhalten, das mal nett, aber auch mal unterkühlt ist, könnte auf Frenemies hindeuten.
4. Manipulation
Frenemies versuchen, Sie zu manipulieren oder zu kontrollieren, um ihre eigenen Ziele zu erreichen. Die Freundschaft wird dahingehend ausgenutzt, um sich eigene Vorteile zu verschaffen, ohne Ihnen im Gegenzug etwas zu bieten.
5. Mangelnde Empathie
In einer wahren Freundschaft leidet man mit, wenn es der anderen Person schlecht geht. Frenemies hingegen sind in schwierigen Zeiten nicht füreinander da und können nur wenig Mitgefühl zeigen. Das kann man übrigens auch an sich selbst feststellen: Sie freuen sich insgeheim, wenn der Kollege eine Beförderung nicht bekommen oder die Freundin mit ihrem Typen Schluss gemacht hat? Und können es der Person im Gegenzug nicht gönnen, wenn sie mal Erfolg hat? Dann haben Sie Ihre Antwort.
6. Gerüchte und Lästereien
Frenemies neigen dazu, sich vor anderen schlecht zu machen, obwohl man ja eigentlich befreundet ist. Sie lästern und teilen persönliche Informationen über einander, die man sich anvertraut hat, nur um die andere Person schlecht dastehen zu lassen. Uncool und ein klares Zeichen für Feindseligkeit.
Warum sind wir dann mit Frenemies befreundet?
Die einzig logische Erklärung, mit der man jetzt nachvollziehen könnte, warum wir mit Frenemies befreundet sind, ist, dass wir uns der feindseligen Freundschaft nicht bewusst sind. Das mag in manchen Fällen auch stimmen. Aber man sollte nicht vergessen, dass wir ja nicht nur unter Frenemies leiden, sondern auch selbst mal zum Frenemy werden, ob es uns bewusst ist oder nicht. Aber wie kommt das? Und warum kicken wir Frenemies nicht einfach aus unserem Freundeskreis? Dafür gibt es verschiedene Gründe. Vielleicht ist es uns nicht bewusst, vielleicht pflegen wir mit unseren Frenemies aber auch schon so eine lange Beziehung, dass man an der vermeintlichen Freundschaft aus nostalgischen Gründen festhalten will. Vielleicht zwingen uns unsere sozialen Kreise aber auch dazu, mit unseren Frenemies befreundet zu bleiben, weil man zusammen arbeitet oder sich dadurch sogar einen persönlichen Vorteil erhofft. Der Konkurrenzgedanke spornt uns an und motiviert, viele Menschen brauchen das (unterbewusst). Hinzu kommen emotionale Abhängigkeiten, das klassische "Nicht-Wahrhaben-Wollen", die Hoffnung auf Veränderung, Selbstwertprobleme und der Drang nach Bestätigung, die feindselige Freundschaften erklären können. Einen positiven Impact haben Frenemies selten.
Wie man am besten mit Frenemies umgehen kann
Der Umgang mit Frenemies erfordert ein hohes Maß an Selbstbewusstsein, wenn man eine gesunde Beziehung zu ihnen führen will. Und genau darüber sollte man sich im ersten Moment klar werden: Will ich mit der Person überhaupt noch befreundet bleiben? Feindselige Freundschaften sind nämlich oft emotional belastend, stressig und führen zu Vertrauensproblemen. Sie können aber auch ein Ansporn sein, sich selbst zu verbessern und Ziele zu erreichen. Man sollte sich genau überlegen, ob und warum man in der Beziehung bleibt und welche Rolle sie im eigenen Leben spielt. Man muss die Dynamik erkennen und reflektieren, wie sie sich auf das eigene Wohlbefinden auswirkt. Frenemies kann man nur kontrollieren, wenn man klare Grenzen definiert und sie auch konsequent umsetzt, indem man beispielsweise negativ gemeinte Komplimente (Negging) unterbindet. Eine offene Kommunikation mit Frenemies hilft, nicht nur ein gesundes Miteinander zu schaffen, sondern der Freundschaft die etwaige Feindseligkeit auch auszutreiben. Wenn Sie Ihre Frenemies ständig nur runterziehen und sich andauernd über Ihre Fehltritte freuen, ist das nichts, womit man sich dauerhaft im Leben konfrontieren sollte. Da hilft nur Kontakt reduzieren, abbrechen und sich auf die positiven Beziehungen zu konzentrieren, die man im Leben führt. Weil genau dafür ist eine Freundschaft ja auch da: nicht nur, um zu nehmen, sondern auch, um zu geben.