Schwanger! Was sollte ich nun nicht mehr essen?
Berlin (dpa/tmn) - Käse aus Rohmilch? Bloß nicht. Und Vorsicht bei Fisch und so manchem Fleisch? Schwangere fühlen sich schnell verunsichert, wenn es um das Thema Ernährung geht.
Auch der ein oder Mythos hält sich recht hartnäckig, wie Kathrin Herold sagt. Sie ist Hebamme und kommissarische Beauftragte für Stillen und Ernährung des Deutschen Hebammenverbandes. Im Interview gibt sie werdenden Müttern einen Überblick zum Thema Essen in der Schwangerschaft.
Frage: Sind Rohmilchprodukte in der Schwangerschaft tatsächlich strikt tabu? Wenn ja, warum?
Kathrin Herold: Ich finde es schwierig, strikte Tabus auszusprechen. Als Hebamme möchte ich Frauen in die Eigenverantwortung bringen.
Es besteht jedoch bei solchen Produkten ein Infektionsrisiko mit Listerien. Listeriose wird durch das Bakterium Listeria monocytogenes verursacht und meist über kontaminierte Lebensmittel übertragen. Die Symptome reichen von grippeähnlichen Beschwerden bis hin zu schweren Komplikationen wie einer Hirnhautentzündung, in der Medizin Meningitis genannt.
Das heißt allerdings nicht, dass jedes Rohmilchprodukt diesen Erreger enthält. Die Frau muss für sich entscheiden, ob sie das Risiko eingehen möchte. Sie muss auch nachher ganz viele Entscheidungen für sich und ihr Baby treffen. Ich halte es für wichtig, keine Verbote auszusprechen. Empfehlen würde ich den Verzehr von solchen Produkten aber nicht.
Frage: Wie sieht es mit Fisch und Fleisch aus? Lauern hier Gefahren für Schwangere?
Herold: Fisch in der Schwangerschaft zu konsumieren, kann eine Herausforderung sein. Wir wissen, dass viele Fischarten eine sehr hohe Belastung mit Schwermetallen aufweisen. Allerdings brauchen wir die Omega-3-Fettsäuren und das Jod, das der Fisch enthält. Diese Inhaltsstoffe könnte man aber aus meiner Sicht supplementieren, etwa mit einem Öl oder Tabletten.
Bei rohem Fisch, zum Beispiel durch den Verzehr von Sushi, besteht unter anderem die Gefahr einer Infektion mit Salmonellen. Auch hier geht es also um Erreger, die enthalten und potenziell gefährlich sein könnten.
Bei Fleisch ist es vor allem der Toxoplasmose-Erreger, der Schaden anrichten kann. Toxoplasmose wird durch den Parasiten Toxoplasma gondii ausgelöst, dessen Hauptwirt Katzen sind. Menschen können sich durch den Verzehr von rohem Fleisch, verunreinigten Lebensmitteln oder den Kontakt mit Katzenkot infizieren. Während Toxoplasmose für gesunde Erwachsene oft harmlos verläuft, kann eine Erstinfektion während der Schwangerschaft schwerwiegende Folgen für den Fötus haben.
Wichtig zu wissen ist dabei: Dieser Erreger kann in allen Fleischsorten vorkommen, außer bei Rind. Isst man also zum Beispiel eine Rindersalami, kann man dem Toxoplasmose-Erreger aus dem Weg gehen.
Der Verzehr von rohen Produkten - wie etwa getrocknete Wurst - sollte jedoch immer gut abgewogen werden. Denn wir wissen nicht, ob ein Erreger enthalten sein könnte. Erhitzt man das Fleisch ausreichend, werden die Erreger in der Regel aber abgetötet.
Frage: Was sollten Schwangere in Sachen Ernährung noch beachten?
Kathrin Herold: Die wichtigste Grundlage unserer Ernährung ist aus meiner Sicht Gemüse, denn das liefert uns wichtige Vitamine und Ballaststoffe - vor allem in der Schwangerschaft. Auch ein wenig Obst dazu ist gut, ich würde aber immer Gemüse den Vorzug geben, weil es schlichtweg nicht so viel Zucker enthält.
Als Leitfaden kann die Ernährungspyramide dienen. Ganz unten steht dabei Gemüse und danach kommen die Getreideprodukte. Ein Stück weiter oben finden wir tierische Eiweiße, dann Fette. An der Spitze stehen hoch verarbeitete Lebensmittel mit viel Zucker. Man muss solche Produkte in der Schwangerschaft nicht per se ausschließen, sollte aber nur ganz wenig davon konsumieren.
Ähnlich verhält es sich mit Kaffee. Das Koffein hat Auswirkungen auf das Kind, denn die kindliche Leber kann dies nur langsam verstoffwechseln. Es dauert mitunter bis zu drei Tage, bis das Koffein abgebaut ist. Ich rate daher zu koffeinfreien Alternativen in Bioqualität.
Strikt tabu ist aus meiner Sicht Alkohol. In dieser Hinsicht bin ich als Hebamme in der Beratung auch sehr deutlich: Jeder Tropfen kann das Kind schädigen. Immer noch hält sich der Mythos, dass ab und zu ein Gläschen Wein kein Problem ist oder Cocktails die Geburt einleiten können. Selbst bei Kindern, bei denen die Mütter in der Schwangerschaft nur ganz wenig Alkohol getrunken haben, ist eine fetale Alkoholspektrumstörung (FASD) bereits aufgetreten.