Viel Hype, wenig dahinter: Verbraucherzentrale kritisiert dieses beliebte Superfood
Immer mehr Lebensmittel werden als Superfood bezeichnet. Aktuell wird ein Pulver als solches gehypt, die Verbraucherzentrale übt Kritik. Was steckt tatsächlich hinter dem grünen Pulver? Wir haben Antworten.
Spirulina ist eine Mikroalge, die in getrockneter Form als Nahrungsergänzungsmittel in Tabletten, Presslingen, Pulver oder Flocken erhältlich ist. Das Cyanobakterium Arthrospira platensis, früher als Spirulina platensis bekannt, wächst in flachen, salzreichen Gewässern subtropischer und tropischer Regionen, besonders in Mittelamerika, Südostasien, Afrika und Australien. In diesen Regionen wird Spirulina seit langem als Nahrungsmittel genutzt. Die WHO erkennt es deshalb weiterhin als wertvolle Quelle für Eiweiß, Eisen und Vitamin A an, insbesondere in Ländern wie Indien und Burkina Faso.
Im Jahr 2017 wurden weltweit über 70.000 Tonnen Spirulina in spezialisierten Aquakulturanlagen kultiviert, und die Produktion wächst weiterhin. Ein großer Teil davon wird getrocknet und zu Nahrungsergänzungsmitteln verarbeitet, doch die Alge findet auch Anwendung in Tierfutter und Kosmetikprodukten. Trotz ihrer Beliebtheit sind viele der kursierenden Gesundheitsversprechen über Spirulina unbewiesen. Viele Aussagen sind so ungenau, dass sie wissenschaftlich kaum überprüft werden können.
Spirulina: Welche Nährstoffe sind das besondere an der Alge?
Spirulina hat keine Zellulosewände, was die Bioverfügbarkeit ihrer Nährstoffe verbessert, besonders im Vergleich zu Hefen und anderen einzelligen Algen. Laut dem Bundeslebensmittelschlüssel enthalten 100 Gramm getrocknete Spirulina rund 60 Gramm Eiweiß, 19,8 Milligramm Eisen, 3,6 Milligramm Beta-Carotin und 1.820 Mikrogramm Folat. Das stärkt den Glauben an eine gesundheitsfördernde Wirkung.
Aber Achtung: Das in Spirulina enthaltene Vitamin B12 ist nach Angaben des Max-Rubner-Instituts zu etwa 80 Prozent für den menschlichen Körper unbrauchbar, weshalb Spirulina keine geeignete Vitamin B12-Quelle für Veganer darstellt. Zudem zeigen Analysen der Lebensmittelüberwachung, dass die tatsächlichen Vitamin B12-Gehalte oft deutlich niedriger sind als angegeben. Ein ähnliches Problem könnte auch beim Beta-Carotin bestehen, da Untersuchungen gezeigt haben, dass Spirulina den Serumspiegel kaum beeinflusst.
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Woher kommt der Hype um das grüne Pulver?
Spirulina wird als Nahrungsergänzung besonders in Bioläden, Reformhäusern, im Online-Handel und im Internet angeboten, wo sie als "Mikroalge" oder "Süßwasseralge" bezeichnet wird. Die Werbung preist diese Produkte als "einzigartige Energiequelle" mit "beachtlichem Vitamin- und Mineralstoffgehalt", "viel Vitamin B12 – wichtig für Vegetarier" oder "dreimal mehr Chlorophyll als Weizengras, gibt gespeicherte Sonnenenergie an den Menschen weiter" – kurz "das wertvollste Nahrungsmittel auf diesem Planeten" an. Spirulina ist auch als "Superfood" in grünen Smoothies zu finden.
Laut Online-Quellen und Mundpropaganda soll Spirulina außerdem bei einer Vielzahl von Gesundheitsproblemen wie Fibromyalgie, erhöhten Blutfettwerten, Krebs, HIV- und Herpes-Infektionen, geschwächter Immunabwehr, Allergien und Leberschäden vorbeugen oder sie behandeln und beim Abnehmen helfen.
Was ist dran am "Superfood"?
Es gibt jedoch keine fundierten Studien, die diese gesundheitsfördernden Effekte eindeutig nachweisen. Denn Ergebnisse aus Zellkultur- und Tierversuchen lassen sich nicht ohne Weiteres auf den Menschen übertragen. Einige kleine Humanstudien über einen Zeitraum von 12 Wochen, die unterschiedliche Spirulina-Sorten untersuchten, teilweise in Kombination mit Diät oder Sport, wurden durchgeführt. Vier davon berichteten von einer Gewichtsreduktion und verbesserten Blutfettwerten, jedoch bleibt der direkte Einfluss von Spirulina unklar.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat bislang keinen wissenschaftlich belegten Zusammenhang zwischen Spirulina und der Regulierung des Blutzuckerspiegels, einem Einfluss auf den glykämischen Index oder einem Schutz vor oxidativen Schäden bzw. antioxidativen Eigenschaften bei gesunden Menschen bestätigt.
Theoretisch könnte der Eiweißgehalt von Spirulina leicht sättigend wirken – doch zehn Tabletten enthalten lediglich 2,4 Gramm Protein, vergleichbar mit einem Esslöffel Magerquark oder 65 Millilitern Milch, was die Sättigungswirkung in Frage stellt.
Supplement Spirulina: Hilfreich oder nicht?
Es gibt einige Aspekte, die man bei dem Kauf von Spirulinahaltigen Nahrungsergänzungsmitteln beachten sollte.
Ob relevante Nährstoffmengen in Spirulina-Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sind, können Sie der jeweiligen Nährwertkennzeichnung entnehmen. Vor allem die vorne angegebene Menge an Protein sollte in der Zutatenliste überprüft werden.
Werbeaussagen wie "proteinreich" oder "reich an Vitamin B12" sind nicht erlaubt , wenn mit der Tagesdosis nicht mindestens 30 Prozent der Referenzwerte erreicht werden. Werbung für den hohen Chlorophyll-Gehalt (kein Nährstoff) ist erlaubt, sofern exakte Mengenangaben gemacht werden.
Es gibt keine Qualitätsstandards für Spirulina-Produkte, was das Risiko von Verunreinigungen mit Schwermetallen, PAKs und Toxinen mit sich bringt. Beim Kauf sollte man auf rückstandskontrollierte Ware aus heimischen Geschäften achten und sich nicht auf ausländische Online-Anbieter verlassen.
Tipp: Wer reichlich Chlorophyll zu sich nehmen möchte, sollte auf grünes Blattgemüse, roh oder gekocht, zurückgreifen.
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