Warum zu viel Niacin gefährlich sein kann

Vitamin-Präparate sind beliebt: Viele Menschen greifen zu den frei verkäuflichen Mitteln, ohne vorher einen Arzt zu konsultieren. Doch das kann machmal auch negative Folgen für die Gesundheit haben. Die Einnahme von zu viel Niacin, auch Vitamin B3 genannt, kann beispielsweise schädliche Nebenwirkungen haben, warnen Experten.

Niacin ist auch unter dem Namen Vitamin B3, Vitamin PP (Pellagra Preventing) oder Nicotinsäure bekannt (Bild: Getty).
Niacin ist auch unter dem Namen Vitamin B3, Vitamin PP (Pellagra Preventing) oder Nicotinsäure bekannt (Bild: Getty).

Hinter dem Vitamin, das medizinisch "Niacin" genannt wird, verbergen sich Verbindungen zweier Substanzen: Nicotinsäure und Nicotinamid. Niacin ist eine Form von Vitamin B3 und ist für viele Stoffwechselvorgänge im menschlichen Körper wichtig.

So unterstützt das Power-Vitamin zum Beispiel die Barrierrefunktion der Haut - Niacinamid wird häufig sogar als Anti-Aging-Mittel bezeichnet. Bei trockener Haut oder Hautrötungen im Gesicht kann es lindernd wirken. Auch unsere Zellen brauchen Niacin, um zu funktionieren. Aber auch das Gehirn, die Bauchspeicheldrüse und die Gelenke benötigen den Nährstoff.

Kurzum: Unser Energiestoffwechsel, das Nervensystem, unsere Stimmungslage, die Haut - sie sind auf das Vitamin angewiesen.

Bei B3 handelt es sich um ein Vitamin, das unser Körper selbst nur in geringen Mengen produzieren und nicht speichern kann. Deswegen müssen wir es über die Nahrung zu uns nehmen.

Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ist es in Industrienationen wie Deutschland sehr selten, dass jemand einen Mangel an Niacin aufweist. Die meisten Menschen müssen hierzulande kaum Defizite fürchten.

Alkoholismus kann jedoch ein Grund für einen Mangel sein. Aber auch chronische Durchfallerkrankungen oder ein erhöhter Bedarf durch eine Schwangerschaft können zu einem Mangel führen. Die Einnahme bestimmter Medikamente, Psychopharmaka oder Krebsmedikamente kann ebenfalls einen Vitamin-B3-Mangel begünstigen. In diesem Fall verschreiben Ärzte das Vitamin oft als synthetisches Nahrungsergänzungsmittel.

Zu den Symptomen eines leichten B3-Mangels gehören laut den Experten von Mount Sinai Krankenhauses in New York unter anderem:

  • Verdauungsstörungen

  • Müdigkeit

  • Wunde Stellen

  • Erbrechen

  • Schlechte Durchblutung

  • Depressionen

Hinweise auf einen leichten Mangel können außerdem Schlaflosigkeit, ein Gefühl der Schwäche oder auch Appetitlosigkeit sein.

Diese Lebensmittel enthalten Niacin (Bild: Getty).
Diese Lebensmittel enthalten Niacin. In der Regel sind keine Nahrungsergänzungspräparate nötig. (Bild: Getty).

Niacin aufzunehmen, ist nicht schwierig, denn es ist in diversen Lebensmitteln enthalten. Es steckt unter anderem in Getreide, Geflügel, Fisch (z.B. Lachs, Thunfisch und Schwertfisch) und Cashewnüssen. Auch Rote Beete, Rinderleber, Rindfleisch, Sonnenblumenkerne und Erdnüsse enthalten Niacin.

Avocados, Pilze, brauner Reis und Vollkornprodukte sollten ebenfalls auf dem Speiseplan stehen, wenn man einem Mangel vorbeugen will.

Grafik: Vitamine sind beliebt - 58 Prozent der hierzulande befragten Menschen gaben bei einer Umfrage an, in den letzten zwölf Monaten Vitaminpräparate eingenommen zu haben. (Stand: November 2022)

Infografik: Polen ist Europas Vitaminchampion | Statista
Infografik: Polen ist Europas Vitaminchampion | Statista

Das Mount Sinai Krankenhaus warnt auf seiner Website jedoch, dass Niacin in zu hohen Dosen auch giftig sein kann. Als Nahrungsergänzungs-Präparat sollte man es deshalb nur in Absprache mit einem Arzt und in korrekter Dosierung einnehmen.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) weist darauf hin, dass man das Vitamin B3 auch überdosieren kann, und zwar vor allem durch Nährstoffpräparate. Bei Menschen, die sehr hohe Mengen an Niacin aufnehmen könne es zu unerwünschten Nebenwirkungen kommen, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung auf ihrer Website warnt.

Beliebte Nahrungsergänzungsmittel enthalten nämlich oft bis zu 500 mg in einer einzigen Dosis. Die DGE empfiehlt jedoch täglich nur 13 Milligramm für Frauen, Männer sollten 16 Milligramm täglich zu sich nehmen. Schwangere und Stillende haben einen gesteigerten Bedarf.

New York Eye and Ear Infirmary Mount Sinai, Außenansicht (Bild: Getty).
New York Eye and Ear Infirmary Mount Sinai, Außenansicht (Bild: Getty).

In einem klinischen Bericht haben Netzhautspezialisten der New York Eye and Ear Infirmary of Mount Sinai (NYEE) gezeigt, dass zu viel Niacin unter Umständen mit einem schweren Sehverlust einhergehen kann.

Wie die Experten berichten, klagte ein 61-jähriger Patient, der über mehrere Monate täglich drei bis sechs Gramm Niacin eingenommen hatte, über einen plötzlichen Sehverlust - und wäre fast erblindet. Glücklicherweise führte das Absetzen des Vitamins zur Wiederherstellung seiner Sehkraft.

Die oben beschriebene Nebenwirkung ist jedoch eher selten. Die häufigste Nebenwirkung, die bei der Einnahme von Niacin auftreten kann, ist laut den Experten des Mount Sinai der so genannte "Niacin-Flush". Gemeint ist damit eine plötzliche Rötung und Reizung der Haut, wie einem brennenden, kribbelnden Gefühl im Gesicht und in der Brust. Die Einnahme eines Aspirins 30 Minuten vor der Einnahme von Niacin kann laut Experten helfen, dieses Symptom zu verringern.

Bei sehr hohen Dosen, die zum Beispiel von Ärzten zur Senkung des Cholesterinspiegels und zur Behandlung anderer Erkrankungen verschrieben werden, können auch Leberschäden und Magengeschwüre auftreten. Höhere Dosen können außerdem Muskelschäden verursachen.

Niacin und Niacinamid können außerdem Allergien verschlimmern, indem sie den Histamingehalt erhöhen.

Menschen mit einer Lebererkrankung, einer Nierenerkrankung oder einem Magengeschwür sollten laut Mount Sinai besser auf Niacinpräparate verzichten. Menschen mit Diabetes, Gicht oder einer Gallenblasenerkrankung sollten das Vitamin hingegen nur unter strenger Aufsicht ihres Arztes einnehmen.

Menschen mit niedrigem Blutdruck sollten kein Niacin oder Niacinamid einnehmen, da sie einen gefährlichen Blutdruckabfall verursachen könnten.

Wer B-Vitamine über einen längeren Zeitraum einnimmt, kann dadurch ein Ungleichgewicht der anderen B-Vitaminen verursachen, die ebenfalls wichtig sind, warnen die Experten. Aus diesem Grund empfiehlt das Mount Sinai, wenn nötig ein Präparat einzunehmen, das alle B-Vitamine enthält.

Fazit: In Deutschland ist es für gesunde Menschen in der Regel nicht notwendig, ein Vitamin-B3-Präparat einzunehmen, da Niacin in vielen Lebensmitteln vorkommt. Wer ein Präparat einnimmt, sollte dies in Absprache mit einem Arzt tun, der auch im Detail über Wechsel- und Nebenwirkungen aufklären kann.

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