Welcome to the Hotel California
Ein Vorzug am Jetlag ist, dass man, wenn man um 5:30 Uhr in der Früh plötzlich hellwach ist, dabei zusehen kann, wie die Sonne über Los Angeles aufgeht. Von der Dachterrasse des Downtown L.A. Proper ist das ein beinahe unwirkliches Erlebnis. Um diese Uhrzeit hat man den (beheizten) Pool dort oben ganz für sich allein, wenn die rotgoldenen Strahlen von den San Gabriel Mountains über die irrsinnige Weite der Stadt bis zu den Hochhäusern vor der eigenen Nase wandern.
Das Boutique-Hotel zeigt die Innenstadt der Metropole in einem neuen Licht. Lange Zeit war sie mit ihren Bürotürmen und Lagerhallen ein Niemandsland für Besucher*innen. Entlang des Broadways, auf dem das Downtown L.A. Proper liegt, sieht man auch Monumente einer Zeit, in der die Stadt zum Zentrum der Filmwelt wurde. Im historischen Broadway Theater and Commercial District läuft man noch heute an einigen der alten Leuchtreklamen vorbei, für das Olympic Theater zum Beispiel oder das weiterhin geöffnete Orpheum.
Passend, dass auch das Downtown L.A. Proper mit einem klassisch anmutenden Schild an der Fassade auf sich aufmerksam macht. In dem ehemaligen Commercial Club of Southern California, 1926 vom Architekten-Duo Alexander Curlett und Claud Beelman erbaut, kamen einst Granden wie Filmemacher Cecil B. DeMille und Studioboss Harry Warner zusammen, um, so zumindest die Losung des Clubs, die Entwicklung der Stadt voranzutreiben. In den fast 100 Jahren, die seither vergangen sind, beherbergte das Gebäude im kalifornischen Renaissance Revival Stil zeitweise ein Hotel und Büros der YWCA.
Die jüngste Umwandlung geschah mit einem Gespür für die Geschichte des Hauses – und für das zeitgenössische Los Angeles. Unter der Regie von Innenarchitektin Kelly Wearstler wurden viele Originaldetails bewahrt. Gleichzeitig baute sie eine Bühne für ortsansässige Künstler*innen. Das grandioseste Beispiel dafür ist die Pool Suite, in dem das frühere Schwimmbad des YWCA der Star ist. Beim privaten Paddeln schaut man auf ein opulentes, handgefertigtes Wandgemälde aus Keramik des lokalen Künstlers Ben Medansky.
Doch der besondere Mix aus California Revival und California Modern ist überall im Hotel zu erleben, von dem floralen Deckengemälde, das Abel Macias in der Lobby gemalt hat, bis zu den maßangefertigten Möbelstücken in den insgesamt 147 Zimmern, die typisch für Wearstlers einladendes Design sind: mexikanisch inspiriert, mit Art déco-Elementen und Mid-century Modern-Einflüssen. In Räumen der Stardesignerin bewundert man den eklektischen Mix, ohne sich je von ihm überfordert zu fühlen. Das liegt auch an ihrem Gespür für Farben und Texturen. Im Proper wechselt sich die kühle Oberfläche eines schwarzen Marmortischs mit dem opulent gemusterten Polster eines Loungechairs ab, eingerahmt von einer Palette von Taubenblau, Verdigris oder Ockergelb. Ein Stil, den man als „warmer Glamour“ beschreiben könnte.
Den „melting pot“ Los Angeles würdigt auch die Küche in den zwei Restaurants, die von der mit dem James Beard Award ausgezeichneten Köchin Suzanne Goin und von Sommelier Caroline Styne geleitet werden. Den Morgen beginnt man im Caldo Verde mit Huevos Divorciados oder, es ist schließlich die Stadt der Wellness, einer Frozen Açaí Bowl. Das stimmt ein auf eine Tour durch die Cafés und Restaurants, die in der Nähe des Hotels in den letzten Jahren aus dem Boden geschossen sind. In Downtown hat sich eine lebhafte „foodie scene“ entwickelt. Im Umkreis von knapp 10 Minuten Fahrt vom Downtown L.A. Proper – denn nach wie vor spaziert in L.A. kein Mensch – liegen etwa der Italiener Bestia und, vom gleichen Gründungspaar, Bavel für Küche aus dem Mittleren Osten, der Taiwanese Kato und die Bäckerei Fat & Flour im Central Food Market, der ohnehin einen Besuch wert ist, um von Stand zu Stand zu schlendern.
Wenn man abends zurück ins Hotel kommt, trifft man sich auf der Rooftop Bar Cara Cara, zum Beispiel zur Sunset Hour am Sonntag auf einen Spicy Cucumber Gimlet. Der Sonnenuntergang ist von hier oben nämlich mindestens so schön wie der Sonnenaufgang.