Wissenschaft zeigt: Gendergerechte Sprache ist einfach und gut verständlich

Gendergerechte Sprache

Laut Studie: Gendergerechte Sprache ist weder kompliziert noch macht sie Texte unverständlich. Gegner liegen also falsch

Gene Lester/Getty Images,

Studentinnen und Studenten, Studierende oder Student*innen – all das sind verschiedene Formen von genderinklusiver Sprache. Sie sorgen dafür, dass sich nicht nur die Männer im Hörsaal, sondern möglichst alle angesprochen fühlen. Gar nicht so kompliziert – könnte man meinen. Und trotzdem wird immer noch in vielen Texten nur die männliche Form verwendet. Medien entscheiden sich bewusst gegen das Gendern, weil es angeblich Texte unleserlich macht. Aber auch, weil kaum ein Thema so emotional diskutiert wird wie das Gendern. Laut Meinungsumfragen lehnen rund zwei Drittel der wahlberechtigten Deutschen eine gendergerechte Sprache ab.

Damit trennt das Gendersternchen nicht nur die weibliche von der männlichen Endung, sondern auch die „woke Bubble“ von den „Boomern“. Während die einen eine Chance sehen, Geschlechterverhältnisse korrekt darzustellen, halten andere es für unnötig und sogar schädlich. Denn eines ihrer Lieblingsargumente lautet: Gendern ist so kompliziert und macht unsere Sprache unverständlich. Aber stimmt das überhaupt? Nein, sagt jetzt eine neue Studie des Leibniz-Instituts für deutsche Sprache in Mannheim.

Gendern ändert nur jedes hundertste Wort

Die Forschenden haben eine große Anzahl an Pressetexten aus Magazinen, Zeitungen und von Nachrichtenagenturen untersucht. Dabei haben sie sich angeschaut, an welchen Stellen die Texte geändert werden müssten, um sie genderinklusiv zu machen.

Das Fazit der Expert*innen: Man kann mit wenig Aufwand genderinklusiv und verständlich formulieren – zumindest in Pressetexten. Demnach müsse im Durchschnitt weniger als jedes hundertste Wort geändert werden. Ein großer Teil dieser Änderungen mache die Texte nichtmal länger, denn statt Lehrer oder Forscher kann man ganz einfach geschlechtsneutrale Begriffe wie Lehrkraft oder Forschende verwenden.

„Dieser geringe Anteil wirft die Frage auf, ob genderinklusive Sprache ein wesentliches Hindernis für das Verstehen und Erlernen der deutschen Sprache darstellen kann“, erklärt Carolin Müller-Spitzer, Leiterin des Leibniz-Instituts. „Insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die Interpretation von generischen Maskulina auch nicht immer eindeutig ist.“

Gendern macht bei Verständlichkeit keinen Unterschied

Es ist nicht das erste Mal, dass eine Studie beweist, dass genderinklusive Sprache gut verständlich ist. Auch wurden schon Schulbücher, Reiseführer und Packungsbeilagen untersucht – all diese Untersuchungen kommen zu einem ähnlichen Ergebnis.

Forschende der Technischen Uni in Braunschweig haben sich außerdem mit der Verständlichkeit genderinklusiver Texte beschäftigt. Sie haben 350 Studierende in zwei Gruppen geteilt und ihnen einen Vertrag eines deutschen Stromanbieters vorgelegt – in zwei unterschiedlichen Versionen. Die eine Gruppe sollte den Vertrag lesen, der nur in der männlichen Form formuliert war und die Lesenden als „Kunden“ und „Kontoinhaber“ ansprach. Die andere Gruppe bekam den Text als genderinklusive Version. Das Ergebnis: Die Texte waren für beide Gruppen gleich verständlich.

Sprachdebatten werden oft sehr emotional geführt. Doch Studien wie diese helfen, sich das Ganze auf einer sachlicheren Ebene anzuschauen. Auch die Effekte von Sprache sind mittlerweile sehr gut erforscht. So gilt es als erwiesen, dass Sprachen, die geschlechterneutraler sind, dafür sorgen können, dass Menschen offener über Geschlechterrollen denken.

Sprachforschende und Expert*innen sprechen sich daher klar für das Gendern aus. Die Forschung zeigt aber auch, dass Sprachwandel von Menschen erst einmal negativ wahrgenommen wird. Mit der Zeit wird es besser, denn zunächst unbekannte und daher anstrengende Wörter werden für das Gehirn leichter, je häufiger man sie verwendet. Ob man das Gendern am Ende auch in den Sprachgebrauch aufnehmen will, kann ja immer noch jede*r für sich selbst entscheiden.