Algen statt Fisch - das steckt in den grünen Alternativen
Nährstoffreiches Superfood aus dem Wasser
In der Europäischen Union (EU) dürfen inzwischen mehr als 20 Algenarten als Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden. Doch wie gesund ist die beliebte Fischalternative wirklich - und worauf sollte man beim Konsum von Algen achten?
In vielen Kulturen, zum Beispiel in Asien, sind Algen bereits seit Jahrhunderten fester Bestandteil der Küche. Hierzulande galten sie lange als exotisch - doch viele Algenarten erobern zunehmend auch den europäischen und deutschen Markt - ob als Zutat für Sushi, als Salat oder im Wok. Verkauft werden sie meist in getrockneter Form - ob in Supermärkten, Bioläden und über das Internet.
Mehr als 20 Algenarten wurden kürzlich in den EU-Katalog der neuartigen Lebensmittel aufgenommen - und können nun als Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel auf den Markt gebracht werden, wie die EU mitteilte. Mit ihrem intensiven Geschmack nach Meer verleihen Algen vielen Gerichten eine besondere Note und sind daher beliebt als Fischersatz: In vielen Gerichten machen Seetang, Nori oder Wakame den Fisch überflüssig. Die Aufnahme der neuen Spezies in den Novel Food Status Catalogue bezeichnet die Tierschutzorganisation "Peta" deshalb als wahren Game-Change für Europa.
Algen: Umweltfreundlicher Ersatz für Fisch
Während Teile der Weltmeere bereits jetzt überfischt sind und auch Speisefische aus der Zucht als ökologisch umstritten gelten, sind Algen einfach zu kultivieren, wachsen nachhaltig im Meer und benötigen keine Ackerflächen - eine Ressource, die ebenfalls immer mehr zur Mangelware wird. Gleichzeitig kann die Algenbiomasse vollständig verwertet werden Algen wachsen zudem schneller als landwirtschaftliche Nutzpflanzen. Auf einem Hektar Ackerfläche können nach Angaben des Fraunhofer-Instituts, das seit 25 Jahren an Mikroalgen forscht, rund 30 Tonnen Maisbiomasse erzeugt werden, während eine Algenproduktion auf der gleichen Fläche stolze 150 Tonnen liefert (also 5 Mal so viel!).
Welche Algen gibt es?
Alge ist nicht gleich Alge, man unterscheidet allgemein zwischen Mikro- und Makroalgen, wobei Speisealgen sind in der Regel Makroalgen sind. Dazu gehören:
Rotalgen: z.B. Nori-Algen, die für Sushi verwendet werden
Braunalgen: die Braunalge Wakame wird etwa in der japanischen Misosuppe verwendet und schmeckt stark nach Meer, während der Zuckertang leicht süßlich schmeckt. Auch die Alge Echter Kombu (Blatttang) gehört zu den Braunalgen. Die Braunalge Hijiki dient häufig als Beilage zu Gemüse- oder Fischgerichten.
Grünalgen: z.B. Ulva-Algen, auch Meersalat genannt, erinnert optisch ein wenig an Blattsalat
Mikroalgen werden meist in Form von Tabletten, Presslingen, Pulver oder Flocken als Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Die bekanntesten Mikroalgen sind Spirulina (Eiweiß-, Eisen- und Vitamin-A-Quelle), die chlorophyllreiche Chlorella und Aphanizomenon flos-aquae (AFA-Algen): letztere gelten als reichhaltige Quelle für Vitamin B12 - jedoch in einer für Menschen nicht nutzbaren Form.
Algen - nährstoffreiches und kalorienarmes Superfood
Algen sind nicht nur nachhaltiger als Fisch, sondern auch reich an Nährstoffen. Laut dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) beinhalten sie viele Kohlenhydrate, vor allem Ballaststoffe, aber auch hochwertiges Eiweiß. Da Fett nur in geringen Mengen enthalten ist, sind Algen kalorienarm. Einige Meerespflanzen enthalten sogar die lebensnotwendigen Omega-3-Fettsäuren. Algenöl stellt daher laut dem Verbraucherservice Bayern besonders für Vegetarier und Veganer eine gute Alternative zu Fisch und Fischöl dar.
Doch es geht noch weiter: Algen enthalten meist Vitamin A bzw. Beta-Carotin und die Vitamine C, E und B12. Ob Vitamin B12 aus Algen allerdings zur Versorgung des Menschen beitragen kann, ist jedoch laut dem Bundeszentrum für Ernährung unklar.
Speisealgen sind außerdem ideale Quelle für die Mineralstoffe Kalzium, Magnesium, Natrium, Eisen, Zink, Selen und Jod. Im Großen und Ganzen hängt der Gehalt an Nährstoffen jedoch sehr stark von der Qualität des Wassers ab, in dem die Algen wachsen - das gilt für wild wachsende Meerespflanzen genauso wie für Zucht-Algen. Daher ist es für Verbraucher oftmals nicht so leicht abzuschätzen, welcher Nährstoffbedarf über Algen tatsächlich gedeckt wird.
Können Sushit & Co. auch der Gesundheit schaden?
Viele denken bei Algen auch an die Stichworte "Schadstoffe" und "hoher Jodgehalte". Ob Algen auch schädlich sein können, wird tatsächlich unterschiedlich beurteilt. Verschiedene Algenarten liefern jedoch ganz unterschiedlich viel Jod: Nori und Uva enthalten beispielsweise nur wenig Jod, während Wakame, Dulse und Hijiki mittlere Jodgehalte und Echter Kombu (Japanischer Blatttang), Süßer Kombu (Zuckertang), Arame und Meeresspaghetti (Riementang) einen hohen Jodgehalt aufweisen.
Grundsätzlich empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, wegen des hohen Jodgehalts höchstens ein Gramm Algen täglich. Ab und zu mal eine Portion Sushi zu verspeisen, stellt also kein Problem dar.
Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung warnt jeodch davor, von getrockneten Meeresalgen mehr als 0,5 mg Jod pro Tag aufzunehmen. Für getrocknete Algenprodukte empfiehlt das Institut einen Höchstwert von 20 Milligramm Jod pro Kilogramm. Die Verbraucherzentrale fordert deshalb, dass Algenprodukte, die mehr als diese empfohlene Menge enthalten, europaweit mit Warnhinweisen auf der Verpackung gekennzeichnet werden. Bislang gibt es diese Kennzeichnungspflicht noch nicht. Verschiedene Hersteller in Deutschland geben jedoch den durchschnittlichen Jodgehalt trotzdem bereits auf den Verpackungen an.
Gefahr durch Giftstoffe in Algen?
Algen filtern neben wertvollen Meeresstoffen auch Schadstoffe und Schwermetalle aus dem Wasser: Blei, Cadmium, Quecksilber und Arsen können sich dabei anreichern. Bei einer Untersuchung getrockneter Meeresalgen im Jahr 2018 wiesen mehr als 75 Prozent aller Proben einen Gehalt an Jod von mehr als 20 Milligramm pro Kilogramm auf, wie die Verbraucherzentrale Thüringen berichtet. Die Giftstoffe Blei, Cadmium, Aluminium und Arsen wurden in erheblichen Mengen gefunden - dennoch enthielten 8 Prozent der untersuchten Algen keine Warnhinweise für Konsumenten. Laut der Verbraucherzentrale hätten die Produkte also gar nicht in den Handel kommen dürfen.
Doch auch die Verbraucherzentrale beruhigt gleichzeitig: „Das gelegentliche Sushi ist kein Problem. Wer aber regelmäßig größere Portionen Algen in Form von Salat, Gemüse oder Nahrungsergänzungsmitteln zu sich nimmt, sollte unbedingt die Warnhinweise und Verzehrempfehlungen auf der Verpackung beachten“. Die Experten der Verbraucherzentrale empfehlen außerdem, nur Algenprodukte zu kaufen, die klare Angaben zum Jodgehalt und zur maximalen Verzehrmenge enthalten.