Beauty weltweit: Ein afghanisches Frauenmagazin erhitzt die Gemüter

Auf der ersten Ausgabe ziert die Sängerin Moschda Jamalzada das Cover. Foto: deine-korrespondentin.de
Auf der ersten Ausgabe ziert die Sängerin Moschda Jamalzada das Cover. Foto: deine-korrespondentin.de

Afghanische Frauen haben seit kurzem ein Magazin, das mit Konventionen bricht. Es heißt “Gellarah” und ist anders, als alle herkömmlichen Zeitschriften, die es bislang für Afghaninnen gab. Im Magazin wird nicht nur europäische Mode von unverschleierten Models gezeigt, sondern es werden auch Themen wie Brustkrebsvorsorge und Menstruation besprochen. Für viele Einheimische eine Provokation.

Hierzulande sprießen mehrmals pro Jahr neue Fashion-, Lifestyle-, Fitness- oder Frauenmagazine aus dem Boden. Barbara, Brigitte, Tina, Freundin und wie sie alle heißen. Immer geht es in ihnen Schminktipps, Menstruationsbeschwerden, Sexstellungen, Dessoustrends und vieles mehr, was Frauen interessiert oder zumindest interessieren soll.

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In Afghanistan gab es sowas bis vergangenes Jahr nicht. Geschichten über Frauen, das waren bislang Geschichten über Mädchen, die das Haus nicht verlassen durften, die zu jung verheiratet werden oder die Opfer von “bad dadan” wurden. “Bad dadan” bedeutet so viel wie “für das Schlechte geben”. Nach dieser Tradition dürfen Familien, die ein Kind wegen einer anderen Familie verlieren, weil zum Beispiel der Sohn getötet wird oder die Tochter entführt, ersatzweise ein Kind aus der “Täter”-Familie einfordern. Bisher gab es nur ein Frauenmagazin in Afghanistan – “Malalai”. Es wird vom Frauenministerium herausgegeben und berichtet über die Aktivitäten von Staat und Ministerium.

Fatana Hassansada ist die Chefredakteurin des Magazins “Gellarah”. Angestellt sind nur zwei männliche Layouter auf freiberuflicher Basis. Foto: Screenshot / <a href="https://www.facebook.com/gellara.magazine/videos/1361740817234862/" rel="nofollow noopener" target="_blank" data-ylk="slk:Al Jazeera;elm:context_link;itc:0;sec:content-canvas" class="link ">Al Jazeera</a>

Die Interessengebiete junger afghanischer Frauen liegen allerdings woanders, weiß Fatana Hassansada. Davon zeugen viele geheime Facebookgruppen, in denen sich schon seit mehreren Jahren Frauen über ihre Probleme und Wünsche austauschen. Das soziale Netzwerk ermöglichte es darüber zu kommunizieren, später trugen die Frauen solche Gespräche auch in ihren Freundes- und Familienkreis.

Um ganz offiziell darüber zu schreiben, statt geheim auf Facebook, hat Fatana Hassansada im vergangenen Jahr das Magazin “Gellarah” gegründet, was so viel heißt wie “sehr schöne Frau”. Gemeinsam mit ihren zwei engsten Freundinnen und einem Dutzend Helferinnen haben sie eine Zeitschrift kreiert, in der es in der ersten Ausgabe bereits um Tabu-Themen wie Verhütung und Brustkrebsvorsorge ging.

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Entstanden ist die Idee aus einem Buchclub. Die jungen Frauen lasen Virginia Woolf und Simone de Beauvoir. Aus den interessierten Leserinnen wurden Feministinnen. Fünf Monate haben sie an ihrer Idee gearbeitet, bis sie das Magazin auf den Markt brachten. Für umgerechnet 1,30 Euro soll es vorerst alle zwei Monate, später monatlich erscheinen. Auch auf dem zweiten Cover war eine Frau ohne Kopftuch zu sehen.

Auch auf dem zweiten Cover aus dem August 2017 ist eine Frau zu sehen, die kein Kopftuch und europäische Kleidung trägt. Foto:<a href="https://www.facebook.com/gellara.magazine/" rel="nofollow noopener" target="_blank" data-ylk="slk:Facebook;elm:context_link;itc:0;sec:content-canvas" class="link "> Facebook</a>
Auch auf dem zweiten Cover aus dem August 2017 ist eine Frau zu sehen, die kein Kopftuch und europäische Kleidung trägt. Foto: Facebook

In Metropolen wie Kabul dürfen Mädchen wie Hassansada schon seit mehreren Jahren zur Schule und sogar zur Universität gehen. So konnten sie sich nicht nur bilden, sondern auch ihren Horizont erweitern und sich derart emanzipieren, dass sie sich schließlich trauten so etwas wie “Gellarah” zu gründen.

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Nicht jedem gefällt das. Besonders bei konservativen Männern stößt das Magazin auf Abwehr. In einem Interview mit dem Blog “deine-korrespondentin.de” spricht Mitgründerin Nargis Azaryun über ihre Kritiker: “Uns war klar, dass die Mullahs „Gellarah“ nicht mögen werden. Aber wir müssen beginnen, über die Körper von Frauen zu sprechen, sonst brauchen wir noch 100 Jahre bis sich etwas ändert. Unsere Zielgruppe sind auch jene, die diese Themen ablehnen. Wir wollen ihnen klar machen, dass es wichtig ist, über Frauenkörper zu sprechen, wir wollen sie diesen Themen aussetzen.”

Die Webseite und die Seiten auf den sozialen Netzwerken Twitter und Facebook von Gellara greifen ebenfalls Themen auf, über die sonst nur wenig gesprochen wird. Foto: Screenshot / Webseite

Unter vielen, besonders jüngeren, Frauen ist das Feedback jedoch hervorragend. Nur Models zu finden für die Modestrecken im Heft fällt den Mitarbeiterinnen immer noch schwer. Azaryun sagt dazu: “Wir kommen aus allen Gesellschaftsschichten und deshalb glaube ich, dass wir mit unserem großen Netzwerk sehr wohl bald auch Models finden können. Wir haben keine Anruferinnen, die sagen, ich möchte unbedingt mitmachen. Im Gegenteil, wir müssen ihnen nachlaufen.”

Auch finanziell muss sich das Magazin erstmal auf sichere Beine stellen, die erste Ausgabe hatte eine Auflage von 5000 Stück. Doch damit allein oder mit den Anzeigen lassen sich noch keine Mitarbeiter finanzieren. Doch für das Ziel Frauen in ganz Afghanistan die für sie wichtigen, spezifisch weiblichen, Informationen zu liefern, kämpfen Azaryun und Hassansada weiter.

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Fotos: Facebook, Screenshot / AlJazeera, Screenshot / Webseite Gellarah