Die elektronische Patientenakte kommt: 73 Millionen Bürger sind bald betroffen
Rund 73 Millionen Bürger in Deutschland erhalten 2025 automatisch eine elektronische Patientenakte, wenn sie nicht widersprechen. Wir zeigen, was jeder zur E-Akte wissen sollte.
2025 erhält jeder Kassenpatient, immerhin rund 90 Prozent der Bürger in Deutschland, eine ePA – es sei denn, er widerspricht. In der E-Akte sollen alle Gesundheitsdaten wie Röntgenbilder, Arztbriefe und Laborbefunde gespeichert werden.
Weil die Technik noch hakt, wurde der Schalter nicht am 1. Januar 2025 umgelegt. Die elektronische Patientenakte wird ab dem 15. Januar in Modellregionen getestet und soll ein paar Wochen später, angedacht ist Mitte Februar 2025, bundesweit genutzt werden.
Alle Infos zur elektronischen Patientenakte
Die gesetzlichen Krankenkassen sind dazu verpflichtet, ihren Versicherten eine ePA anzulegen. Wer das nicht möchte, muss explizit widersprechen. Doch die Vor- und Nachteile werden aber nicht wirklich klar kommuniziert.
Die aktuell laufende Werbekampagne zeigt nur den Blick durch die rosarote Brille auf die ePA. Auf dem Kongress Freier Ärzte haben jetzt einige Experten die ePA als "Bananen-Software" verspottet und vor der "Abschaffung der ärztlichen Schweigepflicht" gewarnt.
Doch was soll man jetzt tun? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Sicherheit & Datenschutz
Diplominformatiker Prof. Ulrich Kelber äußerte als ehemaliger Bundesdatenschutzbeauftragter kürzlich auf dem Ärztekongress schwere Bedenken gegen die "ePA für alle" in der jetzt vorgestellten Form:
Die ePA sei unvollständig getestet
Sie enthalte Sicherheitslücken
Sie enthalte veraltete Technikkomponenten
Ein Fehler sei außerdem die zentrale Datenspeicherung
Einschätzung: Zentrale Datenspeicherung ist nie risikofrei. Gesundheitsdaten sind heute mindestens genauso wertvoll wie Finanzdaten. Auch hier sieht man, dass digitale Systeme funktionieren können, aber eben nicht 100 Prozent wasserdicht sind. Die Gematik verweist auf hohe Sicherheitsstandards, Speicherung in deutschen Rechenzentren und dass nur Patienten und behandelndes Personal auf die Daten zugreifen dürfen. Das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie hat nach einer Überprüfung auf jeden Fall grünes Licht gegeben.
Was wichtig ist und viele Menschen bisher nicht wissen: Hat man eine ePA und steckt die Gesundheitskarte in der Arztpraxis ins Lesegerät, öffnet sich für 90 Tage ein sogenannter Behandlungskontext.
In diesem Zeitraum hat die Praxis vollen Zugriff auf die ePA. Für Apotheken gilt ein Behandlungskontext von drei Tagen. Wer das nicht will, muss einzelne Informationen vorher sperren. Übrigens kann der Behandlungskontext per App verlängert oder verkürzt werden.
Was sich zeigen muss, ist, ob die Bedienung der einzelnen Apps, es gibt keine zentrale ePA-App, einfach genug für Nutzer ist, um gezielt die eigenen Daten wie gewollt zu schützen. Hier könnte es also sein, dass es zu einem ungewollten Kontrollverlust kommt. Man kann nur jedem raten, sich mit der eigenen ePA-App zu beschäftigen.
Daten für die Forschung
Digitale Gesundheitsdaten sind ein großer Schatz. Laut Gesundheitsministerium soll dieser Schatz für die Forschung genutzt werden. Das bedeutet, die Daten aus der ePA sollen pseudonymisiert an ein Forschungsdatenzentrum wandern. Dort können dann Externe einen Antrag stellen, um die Daten zu nutzen.
Einschätzung: Grundsätzlich kann man die Idee schon nachvollziehen, Gesundheitsdaten zum Wohle aller zu verwenden. Doch auch hier muss Kontrolle sein und wer das nicht möchte, kann der Datennutzung für Forschende in der ePA-App oder über die Ombudsstellen der Krankenkassen widersprechen.
Mehr zum E-Rezept
Opt-Out-Regel für die ePA
Jeder gesetzliche Versicherte, der nicht widerspricht, sitzt bei der ePA automatisch im Boot. Aus der Ärzteschaft wurde über neue juristische Fallstricke referiert, weil die "ePA für alle" die berufsrechtlich und strafrechtlich fixierte Schweigepflicht für Ärzte und Psychotherapeuten unter den Bedingungen der Opt-out-Regelung faktisch abschaffe.
Einschätzung: Wir sind auch keine Fans von Opt-out-Regeln, weil diese natürlich darauf abzielen, dass die meisten Bürger keinen aktiven Widerspruch einlegen und dann eben eine ePA haben. Ein Opt-in wäre besser, weil man dann tatsächlich nur die Versicherten dabei hätte, die sich mit dem Thema auseinandergesetzt haben.
Was aber wichtig ist: Nutzer können jederzeit widersprechen, also, auch wenn eine ePA angelegt wurde. Ist man damit nicht zufrieden oder hat den Verdacht, dass man die Kontrolle verloren hat, beantragt man einfach die Löschung. Nachteile dürfen daraus keine für die Behandlung entstehen. Und wenn Sie sich dann doch eines Tages für die ePA entscheiden, können Sie auch wieder einsteigen.
App statt rosa Zettel
Das E-Rezept - Android App 1.19.1
Mit der E-Rezept-App können Nutzer ihre Medikamente per digitalem Rezept in der Apotheke abholen.
CHIP Bewertung: Befriedigend zum Download
Das E-Rezept iPhone- / iPad-App 1.19.0
Die iOS-App "Das E-Rezept" ermöglicht es Ihnen, Rezepte vom Arzt komplett digital zu verwalten.
CHIP Bewertung: Gut zum Download
ePA ohne Handy
Anders als beim E-Rezept ist man bei der ePA viel stärker auf Smartphone-Apps angewiesen. Die möchte vielleicht nicht jeder nutzen und es gibt auch Bürger, für die eine App eine zu hohe technische Hürde ist.
Grundsätzlich braucht man die ePA-App nicht, jedoch hat man durch eine passive Nutzung eben keine Kontrollmöglichkeiten darüber, wer welche Daten sehen kann. Alle Behandler sehen dann eben alles. Zwei Möglichkeiten bleiben:
Sie können einen Vertreter bestimmen, zum Beispiel Tocher oder Sohn die Verwaltung Ihrer ePA überlassen.
In ausgewählten Apotheken soll eine Einsichtnahme in die ePA möglich sein, wenn man kein Smartphone nutzt.
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