Better Life: So gesund sind meist ungenutzte Bestandteile von Obst und Gemüse

Papayakerne, Kartoffelschalen oder Kohlrabiblätter – in deutschen Küchen landen diese Bestandteile meist auf dem Kompost. Dabei stecken darin viele wertvolle Inhaltsstoffe und eine Menge Geschmack. Durch die Verwendung der sonst verschmähten Pflanzenteile hilft jeder von uns außerdem dabei, die Lebensmittelverschwendung in Deutschland zu bekämpfen.

Mann bereitet Suppe aus Gemüseresten zu.
Eine kräftige Brühe aus Gemüseresten ist schnell zubereitet und voller gesunder Inhaltsstoffe.

Lebensmittelverschwendung in Deutschland

Rund zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jährlich im Müll. Eine Menge, die man sich kaum vorstellen kann. Ein Versuch: 12 Millionen Tonnen entsprechen dem Gewicht von 48.000 Blauwalen. Blauwale sind die größten Bewohner der Erde. Sie werden bis zu 30 Meter lang und wiegen im Durchschnitt 250 Tonnen. Wir sind uns also einig: 12 Millionen Tonnen ist eine absurd hohe Menge. Mehr als die Hälfte dieser 12 Millionen Tonnen Lebensmittel wird bereits bei den Produzent*innen, während des Transports und in den Supermärkten entsorgt. Der Rest dann bei uns zu Hause.

Beste Reste: Das steckt hinter der Küchen-Philosophie "Leaf-to-Root"

Die gute Nachricht: Es ist überraschend einfach, dieser immensen Verschwendung entgegenzuwirken - zum Beispiel, indem wir die oft ungenutzten Bestandteile von Obst und Gemüse verwerten. Denn diese sind nicht nur überraschend lecker, sondern auch gesund. Der Ernährungstrend "Leaf-to-Root" (analog zum Konzept "Nose-to-Tail") verfolgt genau diese Idee. Ziel der "Leaf-to-Root"-Küche ist es, eine Pflanze komplett zu verarbeiten - von den Blättern bis zur Wurzel. So vermeidet man Lebensmittelverschwendung, bereichert sich kulinarisch und profitiert von wertvollen Inhaltsstoffen, die sonst im Müll landen würden.

Wie sieht es bei Apfelkernen aus? (Bild: Getty)
Wie sieht es bei Apfelkernen aus? (Bild: Getty)

Kerne: eine Bereicherung auf dem Teller

Ein oft verschmähter Bestandteil von Obst und Gemüse sind die Kerne. Dabei sind wir es gewohnt, Kerne zu essen: Wir kaufen Traubenkernöl im Supermarkt, streuen geröstete Kürbiskerne über den Salat. Auch andere Obst- und Gemüsekerne essen wir täglich unbewusst - sie sind nur so klein und weich, dass wir sie gar nicht als solche wahrnehmen. Das ist zum Beispiel der Fall bei Kiwi, Himbeere, Heidelbeere, Feige, Gurke, Tomate oder Zucchini. Trotzdem finden Kerne in der heimischen Küche oft nicht den Weg auf den Teller. Hier eine Auswahl von Kernen, die nicht nur gut schmecken, sondern auch mit ihren Inhaltsstoffen punkten können:

  • Kürbiskerne: Kürbiskerne sind, genauso wie Sonnenblumenkerne, keine Kerne, sondern eine Ölsaat. Ölsaaten sind Pflanzen oder Pflanzenteile, die einen hohen Ölgehalt haben und zur Ölgewinnung verwendet werden können. Kürbiskerne enthalten eine beträchtliche Menge Proteine, Ballaststoffe und Mineralstoffe, wie Magnesium, Eisen und Zink. Es lohnt sich also, bei der Verarbeitung eines Kürbisses, die Kerne zu sammeln. Einfach gesäubert auf ein Backblech geben und bei niedrigen Temperaturen trocknen. Alternativ in der Pfanne anrösten. So werden sie besonders aromatisch.

  • Wassermelonenkerne: Auch wenn man sie gewöhnlich ausspuckt – Wassermelonenkerne können problemlos mitgegessen werden. Sie enthalten Vitamin A, B und C und zudem viele Ballaststoffe, unterstützen also eine gesunde Verdauung. Wichtig ist jedoch, die Kerne gründlich zu zerkauen. Ansonsten werden die wertvollen Inhaltsstoffe nicht freigesetzt.

  • Traubenkerne: Greifst du im Supermarkt auch immer zu kernlosen Trauben? Dabei stecken Traubenkerne voller ungesättigter Fettsäuren und sekundärer Pflanzenstoffe. Das medizinische Potenzial von Weintraubenkern-Extrakt ist Gegenstand vieler wissenschaftlicher Studien.Traubenkerne enthalten sogenannte Oligomere Proanthocyanidine (OPCs). OPCs gehören zu den stärksten natürlichen Antioxidantien, die freie Radikale bekämpfen und Zellschäden reduzieren können. Unser Tipp: In einem süßen Smoothie werden die harten und meist auch bitteren Kerne aufgebrochen und fallen nicht mehr auf. Zusätzlich kann der Körper die Inhaltsstoffe so optimal aufnehmen.

  • Apfelkerne: Zugegeben, Apfelkerne sind kein kulinarisches Highlight und sie enthalten kleine Mengen an Amygdalin, ein Stoff, der im Darm zu giftiger Blausäure umgewandelt wird. Wirklich gefährlich wird das aber erst ab rund 200 Kernen. Wer beim Verzehr eines Apfels das Kerngehäuse und die Kerne mitessen will, kann das problemlos tun. Zerkaut man die Kerne, kann der Körper die gesunden Inhaltsstoffe, wie die Mineralstoffe Kalzium und Kalium oder verschiedene Antioxidantien, aufnehmen.

  • Papayakerne: In Deutschland werden die schwarzen Kerne in der Mitte der Papaya meist entsorgt. In vielen tropischen Ländern ist es dagegen üblich, diese Kerne mitzuessen, um Parasiten im Darm vorzubeugen oder zu bekämpfen. Der Grund dafür heißt Papain. Das Enzym greift Parasiten-Eier an, indem es ihre Proteine umwandelt. In einer Pilotstudie wurde dies wissenschaftlich nachgewiesen. Da die Kerne eher scharf schmecken, bietet es sich an, sie entweder in einem Smoothie gänzlich zu pürieren oder sie zu trocknen. Sie können dann gemahlen als eine Art Pfeffer verwendet werden.

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Nicht alle Kerne sind genießbar

Als Faustregel gilt: Kleine, relativ weiche Kerne können in moderaten Mengen problemlos verzehrt werden. Harte, große Kerne wie die von Pfirsichen oder Pflaumen sind nicht zum Verzehr geeignet. Der Grund: Die Kerne von Steinobst enthalten Amygdalin. Bei der Verdauung entsteht daraus im Körper giftige Blausäure. Schon der Verzehr weniger bitterer Aprikosen- oder Mandelkerne kann laut Verbraucherzentrale zu Vergiftungserscheinungen führen.

Ebenfalls mit Vorsicht zu genießen sind Avocadokerne. Auch wenn Wellness- und Fitness-Influencer*innen oft behaupten, es sei sehr gesund, einen ganzen Avocadokern in seinen Smoothie zu mixen, raten Ernährungswissenschaftler*innen und Ärzt*innen zur Vorsicht. Die antioxidative Wirkung des Kerns ist zwar wissenschaftlich belegt. Doch es fehlt an Beweisen und weiteren Studien am Menschen. Bisher weiß man nur, wie sich reiner Avocadokernextrakt auf den Körper auswirken kann. Studien zum Verzehr des ganzen Kerns fehlen.

Der Kern enthält viele Nährstoffe, Ballaststoffe und ungesättigte Fettsäuren, aber auch den Bitterstoff Persin. Dieser wirkt in größeren Mengen tödlich. Wer den Kern trotzdem essen möchte, sollte ihn sehr sparsam verwenden (fein raspeln oder Stück für Stück im Smoothie pürieren) und auf keinen Fall einen ganzen Kern auf einmal verzehren.

Übrigens: Aus dem Kern der Avocado lässt sich auch ganz einfach ein Baum ziehen:

Zu gut für die Tonne: Das kann man aus Blättern, Stielen und Co. machen

Viele pflanzliche Bestandteile, die normalerweise im Kompost landen, lassen sich hervorragend verarbeiten. Grundsätzlich sollte man die verwendeten Bestandteile vor der Zubereitung gründlich waschen und trocknen. Außerdem sollten Schalen, Stiele und Blätter nur von biologisch angebautem Obst und Gemüse verwendet werden.

1. Stängel von Petersilie oder Koriander

Viele Hobbyköch*innen zupfen die Blätter von Kräutern wie Koriander und Petersilie ab und verwerten nur die Blätter. Dabei steckt auch in den Stängeln jede Menge Geschmack und dieselben wertvollen Inhaltsstoffe wie in den Blättern. Sowohl Petersilie als auch Koriander enthalten Flavonoide, also Antioxidantien, die dazu beitragen können, Zellschäden durch freie Radikale zu reduzieren. Beide Kräuter sind reich an Vitamin C, A, K, Eisen und Kalzium. Sie lassen sich wunderbar zum Aromatisieren in Brühen und Suppen mitkochen oder zu schmackhaften Pestos und Suppen verarbeiten.

2. Blattgrün von Sellerie und Karotten

Fein gehackt ist das Blattgrün von Sellerie und Karotten ein tolles Würzkraut für Suppen oder Eintöpfe. Selleriegrün verliert auch getrocknet oder gefroren nicht seinen würzigen Geschmack. Unser Tipp: selbstgemachtes Selleriesalz. Möhrengrün schmeckt besonders gut als Pesto oder fein gehackt als Würzkraut für Kräuterquarks oder Salate.

Die Blätter der Kohlrabipflanze enthalten viele wertvolle Inhaltsstoffe. (Bild: Getty)
Die Blätter der Kohlrabipflanze enthalten viele wertvolle Inhaltsstoffe. (Bild: Getty)

3. Kohlrabiblätter

Die Blätter der Kohlrabipflanze enthalten viele wertvolle Inhaltsstoffe, wie etwa Kalium, das wichtig für die Aufrechterhaltung eines gesunden Blutdrucks und einer normalen Herzfunktion ist. Die Blätter lassen sich beispielsweise beim Grillen als ein Alufolien-Ersatz verwenden. Sie können am Ende einfach mitgegessen werden. Eine weitere Möglichkeit ist beispielsweise die Verwendung in Smoothies. Kohlrabiblätter lassen sich im Prinzip genauso wie Spinat oder Mangold einsetzen – etwa als Suppe oder kurz gedünstet.

4. Rote-Beete-Blätter

Ein richtiger Leckerbissen sind auch die oft verschmähten Blätter der Roten Beete. Geschmacklich ähneln sie Mangold. Sie können auch ähnlich zubereitet werden: Fein geschnitten als Beigabe zu Rührei, Suppen oder Eintöpfen oder als Ergänzung in Salaten. Rote-Beete-Grün enthält Ballaststoffe, Folsäure, die eine wichtige Rolle bei der Zellteilung und der Bildung von DNA spielt, verschiedene Vitamine und Mineralstoffe, darunter Vitamin C, A und K sowie Kalzium und Eisen.

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5. Brokkoli-, Blumenkohl- und Romanesco-Strunk

Es mag auf den ersten Blick seltsam erscheinen, aber auch die Stiele von Brokkoli, Blumenkohl und Romanesco können verwendet werden. Wichtig: Zuerst muss die holzige Außenhaut entfernt werden. Das schmackhafte Innere kann man roh knabbern. Gedünstet oder gekocht sind die Strünke eine gesunde Beilage.

Blumenkohl, Brokkoli und Romanesco gehören zur Familie der Kreuzblütler. Kreuzblütler zeichnen sich durch ihren hohen Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen, wie etwa Sulforaphan, aus. Sulforaphan ist ein starkes Antioxidans mit vielen gesundheitlichen Vorteilen. Es schützt den Körper vor Schäden durch freie Radikale, die durch Umweltverschmutzung, Stress und andere Faktoren verursacht werden. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass Sulforaphan bei der Vorbeugung und Behandlung verschiedener Krankheiten wie Krebs, Diabetes und Asthma hilfreich sein könnte.

6. Blätter von Blumenkohl, Brokkoli oder Romanesco

Anstatt die Blätter wegzuwerfen, bietet sich die Verarbeitung zu gesunden und leckeren Chips oder einer wärmenden Suppe an.

Kartoffelschalen-Chips
Zusammen mit würziger Teriyaki-Sauce sind Kartoffelschalen-Chips ein herzhafter Snack.

7. Kartoffelschalen

Die ballaststoffreichen Kartoffelschalen geben wunderbar knusprige Chips ab. Unser Tipp: Mit etwas Teriyaki-Sauce werden sie besonders herzhaft. Kartoffelschalen sind eine Quelle für verschiedene Mineralien wie Kalium, Eisen und Magnesium, die für die Muskelfunktion, den Sauerstofftransport und einen gesunden Blutdruck wichtig sind.

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8. Bananenschalen

Die Bananenschale hat im Vergleich zum süßen Fruchtfleisch einen leicht bitteren Geschmack, aber sie ist dennoch essbar. Du kannst die Banane entweder mit Schale essen oder die Bananenschale separat verzehren. Deutlich schmackhafter ist die Schale aber, wenn man sie in ein Gericht integriert, beispielsweise in ein Bananenschalen-Curry oder einen Bananenschalen-Kuchen. So wird nichts von den wertvollen Inhaltsstoffen der Bananenschale, wie etwa Ballaststoffe, Vitamin B1, B2, B6 und Zink, vergeudet. Tipp: Legt man eine Bananenschale beim Braten unter das Fleisch, bleibt es schön saftig.

9. Schalen von Zitrusfrüchten

Anstatt sie wegzuwerfen, lassen sich die Schalen von Zitronen, Orangen, Limetten und Co. auch trocknen und als fruchtiger Tee genießen. Die Schalen von Zitrusfrüchten enthalten viel Vitamin C, verdauungsförderndes Pektin sowie Limonen. Diese Verbindung ist für den charakteristischen Zitrusduft verantwortlich und hat potenzielle gesundheitliche Vorteile, wie etwa entzündungshemmende und antioxidative Wirkungen. Um davon zu profitieren, kann die Schale etwa in einem Smoothie mitpüriert werden. Es lässt sich auch Zitronat und Orangeat daraus herstellen.

10. Spargelschalen und Spargelenden

Hast du Spargelschalen und -enden bisher immer weggeworfen? Aus dem vermeintlichen Abfall lässt sich mit wenig Aufwand noch eine feine Spargelsuppe oder ein kräftiger Fond, der sich als Basis für Suppen und Saucen eignet, zubereiten. Die wertvollen Inhaltsstoffe der Schale, wie Asparaginsäure, Ballaststoffe und verschiedene Vitamine, landen so nicht auf dem Kompost.

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