Wie Dapper Dan ab 1982 zum ersten Mal Hip-Hop und High Fashion zusammenbrachte

Designer Dapper Dan

Designer Dapper Dan hat Hip-Hop und High-Fashion zusammengebracht. Eine Verbindung, die bis heute hält.

Getty Images, Roy Rochlin

Mode und Hip-Hop sind heutzutage so eng miteinander verknüpft wie Esquire und gute Typen, Jackson Pollock und Action-Painting, Pommes und Ketchup. Rap-Tracks tragen heute Titel wie My Adidas (Run DMC), Nikes (Frank Ocean) oder Avirex (Rin), wodurch die enge Verbindung zwischen Musik und Mode deutlich wird. Insbesondere ein Pionier hat maßgeblich dazu beigetragen, High Fashion in die Hip-Hop-Kultur zu integrieren: Dapper Dan.

Die Anfänge des Hip-Hop

Um die Bedeutung dieser Fusion zu verstehen und richtig einordnen zu können, müssen wir einen Blick auf die Anfänge der Hip-Hop-Kultur werfen, die in den 1970er Jahren in den armen Vierteln New Yorks entstand. Diese Bewegung entstand als kreative Ausdrucksform für Jugendliche, die durch die vier Säulen des Hip-Hops – Rapping, DJing, Writing und Breaking – ihrem schwierigen Alltag entfliehen, sich kreativ auszutoben und Anerkennung bei ihrer Peer Group bekommen konnten. Während viele der ersten Hip-Hopper*innen von Luxusmarken träumten, schien diese Welt für sie jedoch unerreichbar, und das Tragen von Designeroutfits in ihrer Hood war damals unvorstellbar. Doch das änderte sich in den 1980er Jahren.

Dapper Dan mit A$AP Rocky

Dapper Dan mit Hip-Hop-Superstar A$AP Rocky bei Terminal 5.

Getty Images, Johnny Nunez

Hip-Hop ist eine Sampling-Kultur

Um zu begreifen, wie es dazu kommen konnte, muss man verstehen, dass es sich beim Hip-Hop um eine Sampling-Kultur handelt. Das heißt: Anhänger*innen der Hip-Hop-Kultur haben stets bestehende Dinge genommen und daraus etwas Neues, Eigenes erschaffen. Am anschaulichsten ist das bei der Musik: Weil sich damals kaum jemand ein Schlagzeug leihen konnte, wurden die Drums für die Rap-Tracks nicht selbst eingespielt, sondern eben von Funk- und Soul-Künstler*innen gesampelt – beispielsweise von Songs wie James Browns Funky Drummer oder dem Stück Apache der Incredible Bongo Band. So sind Teile von Funky Drummer unter anderem in bekannten Rapsongs wie Let Me Ride von Dr. Dre feat. Snoop Dogg, Jewell and RC, Mama Said Knock You Out von LL Cool J und Fight The Power von Public Enemy zu hören. Apache-Samples wiederum gibt es beispielsweise in Made You Look von Nas, Protect Ya Neck vom Wu-Tang Clan und Assassins von den Geto Boys. Und genau diese Form der Aneignung von etwas Bestehendem, um es dann in etwas Neues zu verwandeln, hat ein gewisser Dapper Dan Anfang der Achtziger auf den Bereich High-Fashion-Mode angewandt.

Follow The Leader Album Cover

Das legendäre Cover des ebenso legendären Albums Follow The Leader von Eric B. & Rakim. Die Klamotten darauf stammen von Dapper Dan.

MCA Records,

Wer war dieser Dapper Dan?

Dapper Dan wurde als Daniel R. Day 1944 in Harlem in New York City geboren. Er hatte bereits als Jugendlicher ein Faible sowie ein Händchen fürs Glücksspiel, wodurch er sich das Geld zusammenspielte, um seine ersten Geschäfte zu finanzieren. Anfangs verkaufte er, das war Mitte der Siebzigerjahre, vor allem gestohlene Kleidung aus seinem Auto heraus, bis er 1982 seinen ersten eigenen Klamottenladen eröffnete: Dapper Dan’s Boutique, gelegen in der 125. Straße zwischen Madison und Fifth Avenue. Dan wollte schnell das große Geld verdienen, sodass sein Laden rund um die Uhr geöffnet hatte: 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Ursprünglich wollte er eigentlich Großhändler werden, doch er hatte mit Vorurteilen zu kämpfen – viele Geschäftsleute wollten aufgrund seiner Hautfarbe und seines Wohnortes kein Business mit ihm machen. Also begann er stattdessen, nicht nur „fertige“ Kleidung in seinem Laden zu verkaufen, sondern auch damit, eigene Entwürfe zu erstellen und neue, einzigartige Kleidungsstücke zu kreieren – meist inspiriert von seinem eigenen Leben und den Erfahrungen, die er in diesem bisher gemacht hatte. Durchs Glücksspiel hatte er bereits gelernt, dass Mode eine Wirkung auf andere hat – und diesen Umstand nähte er buchstäblich in seine Kleidungsstücke ein. Zudem studierte er Mode regelrecht, indem er Bibliotheken besuchte und sich dort über Designs und Logos und deren Wirkung schlau machte.

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Dapper Dan "sampelte" Kleidungsstücke

Ein Material, mit dem Dan schon früh arbeitete, war Leder. Weil ihm auffiel, dass die großen Modehäuser wie Louis Vuitton und Gucci damals lediglich Taschen, Portemonnaies und Reisegepäck aus Leder entwarfen, aber keine Kleidung, änderte Dapper Dan diesen Umstand kuerzerhand. Was tat er? Er entfernte deren Logos aus anderen Kleidungsstücken und ließ sie auf seine neuen Designs aufnähen, viele davon aus Leder (er selbst nähte übrigens nie selbst, sondern hatte ein Team, dass das für ihn tat). Um es auf den Punkt zu bringen: Dapper Dan ließ extravagante Fälschungen erstellen und verkaufte diese an seine Kundschaft, die immer größer wurde – und zunehmend fasziniert war vom Tragen dieser erlesenen Brands. Dapper Dan selbst bezeichnete seine Fälschungen jedoch lieber als Knock-ups, als Aufwertungen, in denen viel Kreativität steckte.

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Dapper Dans Kundschaft: erst Gangster, dann Rapper

Anfangs bestand Dapper Dans Kundschaft vor allem aus Gangstern und Pimps, die auf der Straße nach was aussehen wollten und die nötige Kohle hatten – darunter auch der bekannte Drogenboss Alpo Martinez. Doch weil die Eröffnung seines Ladens mit dem Aufblühen der Hip-Hop-Kultur zusammenfiel, stießen bald auch Rapper auf seine Fashion. Der erste von ihnen was LL Cool J – und als der durch seine Klamotten allen auffiel, folgten auch alle anderen großen Hip-Hop-Künstler*innen der damaligen Zeit: Eric B. & Rakim (sie tragen Dapper Dans Klamotten auch auf ihren Klassikeralben Paid In Full und Follow The Leader), KRS-One, Salt-N-Pepa, The Fat Boys und Big Daddy Kane. Später zählten auch Sportler*innen wie Mike Tyson und Floyd Mayweather zu seinem Kundenkreis. Sie alle trugen plötzlich freshe Klamotten mit den Logos von Luxusmarken. Allerdings: Auch wenn Dapper Dan diese Kleidungsstücke als Knock-Ups bezeichnete, so waren es doch Fälschungen. Das führte immer wieder zu Razzien und Rechtsstreitigkeiten, die letztlich auch dazu führten, dass Dan seinen Laden nach einer juristischen Auseinandersetzung mit dem Modehaus Fendi 1992 schließen musste. Doch da hatten die großen High Fashion Brands längst Einzug in die Hip-Hop-Kultur erhalten.

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Dapper Dan: Don't Call It A Comeback

Von da an arbeitete Dapper Dan einige Jahre vorwiegend abseits des Rampenlichts weiter – bis er 2017 wieder auf der Bildfläche und im Rampenlicht auftauchte. Der Auslöser war, dass Guccis Creative Director Alessandro Michele für die Leichtathletin Diane Dixon eine Jacke nach einem alten Design von Dapper Dan aus dem Jahr 1989 anfertigte – eine pelzgefütterte Jacke mit Ballonärmeln, die ursprünglich mit dem Louis-Vuitton-Logo bedeckt waren, das Michele durch das Gucci-Logo mit dem Doppel-G ersetzt hatte. Das führte letztlich zu einer Zusammenarbeit zwischen Dapper Dan und Gucci, die bis heute anhält. Genauso wie das ungebrochene Interesse von Hip-Hop-Künstler*innen zu High-Fashion-Brands. Davon zeugen Songs wie Gucci Bandana von Soulja Boy feat. Gucci Maine and Shawty Lo, Versace von Migos, Dior von Pop Smoke oder Chanel (Go Get It) von Young Thug feat. Gunna and Lil Baby. Hip-Hop und High Fashion ist und bleibt eine Verbindung fürs Leben!