Eineiige Zwillinge: Einer aß mehr Kohlenhydrate, der andere mehr Fette – das änderte sich in 12 Wochen
Ein eineiiges Zwillingspaar, das sich zwölf Wochen lang unterschiedlich ernährte, wurde fitter und schlanker, unabhängig davon, ob sie sich fettreich oder kohlenhydratreich ernährten. Der „kohlenhydratreiche“ Zwilling hatte jedoch mehr Energie.
Das 36-jährige britische Zwillingspaar Ross und Hugo Turner hat bereits viele Zwillingstest gemacht. Zuvor hatten sie getestet, ob ein Zwilling durch 40-minütige Trainingseinheiten doppelt so fit und schlank wurde wie der andere durch 20-minütige Trainingseinheiten. Zudem testeten sie ihre Muskelmasse und Biomarker für chronische Krankheiten, nachdem sie sich vegan und omnivor ernährt hatten.
Sie fragten ihre 25.000 Social-Media-Follower, was sie als Nächstes ausprobieren sollten. Dabei wurde deutlich, dass die Menschen wissen wollten, welche Rolle Kohlenhydrate und Fett in der Ernährung spielen, und welche Ernährungsweise „besser“ für Kraft, Fitness und Ästhetik ist.
Während einige Menschen, wie zum Beispiel die Anhänger der Keto-Diät, auf eine kohlenhydratarme und fettreiche Ernährung schwören, argumentieren andere, dass eine fettarme Ernährung der beste Weg ist.
Um herauszufinden, ob sie während des Experiments ihr bereits hohes Kraft- und Fitnessniveau beibehalten konnten, anstatt Fett zu verlieren oder Muskeln aufzubauen, wurden sie von Sportwissenschaftlern der Universität Loughborough, Großbritannien, beobachtet.
Hugo, der sich an die fettreiche Diät hielt, baute zwar mehr Muskeln auf als sein Bruder, sagte Business Insider (BI) aber, dass er bei intensiven Übungen schlechtere Leistungen erbrachte und sich müder fühlte. Ross, der die kohlenhydratreiche Diät einhielt, bekam nicht so viele Muskeln, verlor aber etwas mehr Fett und schnitt bei Herz-Kreislauf-Tests besser ab. Die Zwillinge planen nun, ihre Ernährung je nach dem Tempo, in dem sie trainieren, anzupassen.
Das Experiment war anekdotisch und nicht groß genug, um zu beweisen, welche Ernährung "besser" ist. Ein Sportphysiologe, der mit den Brüdern gearbeitet hat, sagte BI allerdings, es sei interessant, dass beide insgesamt fitter wurden.
Die Zwillinge fügten ihrer Ernährung je 500 Kilokalorien an Kohlenhydraten oder Fett hinzu
Vor dem Experiment ernährten sich sowohl Hugo als auch Ross ausgewogen mit Kohlenhydraten und Fetten. Für das Experiment nahmen sie täglich etwa 3500 Kalorien zu sich, 2500 davon aus drei Mahlzeiten und zwei Snacks von einem Lebensmittel-Lieferdienst namens Frive.
Sie wollten nicht in die Extreme gehen und unterschieden sich daher in ihrer Ernährung nur um 500 Kalorien pro Tag: Hugo aus Fetten und Ross aus Kohlenhydraten.
Hugo (mit der fettreichen Diät) folgte dem kohlenhydratarmen Speiseplan von Frive und fügte fettreiche Lebensmittel wie Olivenöl, Butter, Nüsse, Eier und Avocado hinzu. Ross hingegen folgte einem "ausgewogenen" Ernährungsplan und nahm Kalorien aus kohlenhydratreichen Lebensmitteln wie Nudeln und Reis zu sich, während er fettreiche Lebensmittel vermied.
Zur Unterstützung ihres Trainings nahmen sie außerdem täglich 350-Kalorien-Eiweißshakes zu sich. Eine hohe Proteinzufuhr ist wichtig für den Muskelaufbau und die Muskelreparatur und war daher nicht verhandelbar.
Die Turners absolvierten ein ähnliches Training mit einer Mischung aus Ausdauer- und Krafttraining, wobei sie Geräte aus dem heimischen Fitnessstudio verwendeten. Alle drei Tage machten sie eine Pause.
"Wir waren nicht perfekt mit unserem Training, aber wir waren zusammen nicht perfekt", sagte Ross.
Die Diäten fühlten sich restriktiv an
Hugo sagte, er habe die fettreiche Ernährung als „unglaublich schwierig“ empfunden. Er fühlte sich weder energiegeladen noch motiviert.
"Ich habe mich einfach nie gut gefühlt", sagte er. "Ich habe mindestens sechsmal am Tag gegessen und fühlte mich nie satt oder zufrieden, also hatte ich ständig Hunger. Aber ich hatte auch nicht die Abstürze, die ich wahrscheinlich mit einer kohlenhydratreichen Ernährung in Verbindung bringen würde."
Die fettreiche Diät habe sich relativ repetitiv angefühlt und er habe das Sättigungsgefühl vermisst. Fett enthält neun Kalorien pro Gramm, während Kohlenhydrate (und Eiweiß) vier Kalorien enthalten. Man kann also mehr Kohlenhydrate essen, um die gleiche Menge an Kalorien zu erhalten wie eine kleinere Portion fettreicher Lebensmittel.
Aus diesem Grund fühlen sich manche Menschen bei einer fettreichen, kohlenhydratarmen Ernährung nicht so satt. Andere wiederum fühlen sich nicht gesättigt, wenn sie nicht eine ordentliche Menge Fett zu sich nehmen.
Ross – der mehr Kohlenhydrate aß – sagte, er hab das Mundgefühl von fettreichen Speisen vermisst, sich aber satt gefühlt. Gelegentlich gönnte er sich ein kleines Stück dunkle Schokolade, was den Heißhunger ein wenig stillte.
"Gestern habe ich mein erstes Stück Käse seit zwölf Wochen gegessen, und es hat wahnsinnig gut geschmeckt", sagte Ross nach dem Experiment. Die Beiden waren sich einig, dass sie sich auf Pizza freuen.
Ausdauertraining war mit der fettreichen Ernährung schwieriger
Vor und nach dem Experiment maßen die Turners ihre Körperzusammensetzung.
Die Folgen Hugos fettreicher Ernährung:
Er nahm ein Kilogramm an Muskeln zu
Er nahm 0,3 Kilogramm an Fett ab
Sein inneres (viszerales) Fett stieg von 11,4 auf 12,6 Prozent
Seine Cholesterinwerte veränderten sich nicht
Die Folgen Ross' kohlenhydratreicher Ernährung:
Er nahm ein ein Kilogramm an Muskeln zu
Er verlor 0,9 Kilogramm an Fett
Sein inneres (viszerales) Fett ging von 11,5 auf 11,1 Prozent zurück
Sein Cholesterinspiegel sank
Die Turners testeten auch ihre Kraft und Fitness und dokumentierten unter anderem Veränderungen beim Bankdrücken, bei der VO2-Maximalleistung (Sauerstoffaufnahme) und bei Kniebeugen.
Bei den Krafttests schnitten beide fast gleich gut ab, aber bei den Tests zur Herz-Kreislauf-Fitness und zur Ausdauer fehlte Hugo (fettreich) die Energie. "Etwa nach 40 Minuten hatte ich das Gefühl, völlig fertig zu sein", sagte er. "Es fühlte sich furchtbar an."
Die von den Forschern gesammelten Daten bestätigten Hugos Gefühl: Indem sie während des Laufs die Laktatschwellen der Zwillinge testeten (dazu mussten sie sich alle zehn Minuten Blut aus dem Ohrläppchen stechen), konnten sie feststellen, dass Hugo zu kämpfen hatte. Der Laktatwert im Blut zeigt an, wie stark der Stoffwechsel einer Person arbeitet.
Ross, der länger laufen konnte, sagte: „Kohlenhydrate sind sehr gut und leicht verfügbar, um den Körper bei höheren Intensitäten mit Energie zu versorgen.“
Es gibt nicht die „beste Ernährung“
Steven Harris, ein Leistungsphysiologe an der Universität Loughborough, der mit den Turners zusammengearbeitet hat, sagte, es sei bemerkenswert, dass sich bei beiden die kardiovaskuläre Fitness und die Stoffwechselgesundheit verbessert hätten.
Allerdings schien die kohlenhydratreiche Ernährung Ross dabei zu helfen, sich etwas mehr anzustrengen, möglicherweise schon während der zwölf Wochen Training und nicht nur bei den letzten Tests.
Detaillierte Aufschlüsselungen für Spitzensportler können hilfreich sein. Harris rät jedoch dem „Durchschnittsmenschen“, eine ausgewogene Mischung aus Kohlenhydraten und Fetten zu sich zu nehmen, mit der er sich am wohlsten fühlt und die seinen Lebensstil unterstützt. Es sei nicht gut, die „beste“ Ernährung von jemand anderem zu kopieren, da jeder Körper unterschiedlich ist.
Wenn ihr wisst, dass ihr eine harte Trainingseinheit absolvieren werdet, werdet ihr laut Harris wahrscheinlich bessere Leistungen erbringen, wenn ihr ein paar Kohlenhydrate im Tank habt. Das deckt sich mit dem, was andere Ernährungs- und Sportexperten BI zuvor erklärten.
Die Turners bevorzugen eine ausgewogene Ernährung mit einem ausgewogenen Verhältnis von Eiweiß, Kohlenhydraten und Fett im Alltag. Sie sagen aber, dass sie ihre Ernährung vor bestimmten Aufgaben in Zukunft anpassen würden.
So würden sie zum Beispiel vor Aktivitäten mit hoher Intensität, die die Herzfrequenz stark erhöhen, wie Radfahren, Laufen oder Kiteskifahren, die Kohlenhydratmenge erhöhen. Umgekehrt würden sie sich bei einer Wanderexpedition oder einer langsameren Aktivität für eine fettreichere Ernährung entscheiden, sagten sie.
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