Wenn Entspannung zur Pflicht wird, droht ein Wellbeing Burnout

Wellbeing Burnout
Wellbeing Burnout ist die Schattenseite von Meditation & Co.Getty Images/nadia_bormotova,

Zum Glück leben wir im Jahr 2024, in dem Wellbeing und Selfcare endlich mal so priorisiert werden, wie sie eigentlich sollten. Sich selbst etwas Gutes tun, auf die innere Stimme hören, sich bewusst Zeit zum Durchatmen nehmen, all das sind Taktiken, mit denen wir unsere eigene Mental Health stärken. Wer mit sich im Gleichgewicht sein will, kommt um Meditation und Achtsamkeitsübungen nicht herum. Blöd nur, wenn die Entspannungsübungen genau das Gegenteil in uns auslösen und wir statt Ruhe und Gelassenheit plötzlich mit Stress, Unruhe und schlechter Laune zu kämpfen haben. In diesem Fall spricht man von Wellbeing Burnout, ein Phänomen, bei der Entspannung ungewollt zu krampfhafter Anspannung wird. Wir klären, was es damit auf sich hat und wie man aus einem Wellbeing Burnout ganz easy wieder herauskommt.

Es ist nicht immer leicht, den Alltag zu meistern und mit emotionalen und zwischenmenschlichen Herausforderungen umzugehen. Wenn es ein Mittel gegen Stress, schlechte Laune und Moodswings gäbe, hätten wir uns das längst patentieren lassen und im Dauer-Abo bestellt. Aber Probleme und Challenges gehören einfach zum Leben dazu und lassen sich leider nicht einfach so ausschalten. Das einzige, was wir dagegen tun können, ist, einen richtigen Umgang zu finden. Verschiedene Taktiken wie Achtsamkeitsübungen oder andere Selfcare-Praktiken lösen Probleme nicht in Luft auf, helfen aber dabei, uns psychisch stärker zu machen. So können wir besser mit den Herausforderungen des Alltags umgehen. Journaling hilft beispielsweise bei der Selbstreflexion, Meditation sorgt für innere Ruhe und Ausgeglichenheit, ausreichend Schlaf für allgemeines Wohlbefinden. Zu Selfcare zählt eigentlich alles, was unserer Mental Health guttut, whatever you like. Dabei muss man nur aufpassen, dass man es mit der Entspannung nicht zu gut meint. Denn sobald die zum Pflichtprogramm wird, droht die Gefahr eines Wellbeing Burnouts – und dann bewirkt man so ziemlich das Gegenteil von dem, was man mit Selfcare eigentlich erreichen wollte.

Das mit Selfcare, Meditation und allen anderen Dingen, die wir für unseren Geist und unseren Körper tun, ist so eine Sache. Eigentlich ja wichtig und richtig, dass wir endlich gelernt haben, uns um uns selbst kümmern. Diese Erkenntnis sind wir älteren Generationen voraus. Wir haben gelernt, dass es wichtig ist, auf die innere Stimme zu hören und uns selbst Gutes zu tun. Und für diesen Akt der Selbstliebe feiern wir uns – persönlich und in den sozialen Medien. Auf TikTok boomen Achtsamkeitsübungen, zahlreiche User*innen erzählen von ihren persönlichen Selfcare-Routinen und lassen ein Millionenpublikum an ihrem gesunden Lebensstil teilhaben. Auf der einen Seite richtig, immerhin gibt es ja immer noch Menschen, die glauben, Mental Health sei nicht wichtig und psychische Erkrankungen nur eine Einstellungssache. Hinsichtlich Awareness leistet der Selfcare-Trend also einen wichtigen Beitrag. Auf der anderen Seite kann er aber auch zu einem Overkill führen. Überall hören wir nur noch, wir müssen uns entspannen und meditieren sowie ständig was für unsere Gesundheit tun. Tun wir das nicht, dann können wir das mit unserem mentalen Wohlbefinden gleich vergessen. So zumindest der Eindruck, den der Hype um Selfcare schnell mal erwecken kann. Nehmen wir das so wahr, stecken wir mitten in einem Wellbeing Burnout.

Wir schreiben schon die ganze Zeit über das ominöse Wellbeing Burnout, ohne überhaupt zu erklären, was es damit auf sich hat. Ändern wir das: Ein Wellbeing Burnout tritt auf, wenn wir Druck verspüren, ständig an der eigenen Gesundheit und dem Wohlbefinden zu arbeiten. Eigentlich wollen wir Stress abbauen, sorgen durch die krampfhafte Absicht, uns zu entspannen, aber genau für das Gegenteil. Der ständige Drang nach Selbstoptimierung und Achtsamkeit, die uns von außen als Pflichtprogramm suggeriert werden, ist ermüdend und anstrengend, schlechte Laune die Folge. Wenn wir an den 5AM-Club denken, bei dem Menschen auf Social Media zeigen, wie sie superfrüh aufstehen und an ihrer Selfcare arbeiten, kriegen wir jetzt schon die Motten. Bestenfalls sind wir davon nur genervt, schlimmstenfalls gehen solch vermeintliche Selfcare-Vorbilder an die eigene Mental Health. Wir fühlen uns unter Druck gesetzt, ebenfalls und ständig was für unser Wohlbefinden zu tun und bekommen dann ein Wellbeing Burnout. Und dann geht in Sachen Entspannung und Meditation, die in gesundem Rahmen ja so wahnsinnig wichtig für uns sind, gar nichts mehr. Deshalb sollte man schauen, so schnell wie möglich aus einem Wellbeing Burnout herauszukommen – oder es eben gar nicht erst so weit kommen lassen.

Normalerweise raten wir bei vielen psychischen Problemen oder Phänomenen, sich an Meditation zu versuchen. Doch im Falle eines Wellbeing Burnouts ist der Druck, eben zu meditieren, ja genau der Auslöser des Problems. Deshalb ist es in diesem Falle auch gar nicht so leicht, sich selbst aus dieser besonderen Form des Burnouts wieder herauszuarbeiten. Auf Selfcare zu verzichten ist nämlich auch nicht die Lösung. Es geht darum, eine Selfcare-Routine zu entwickeln, die weder stressig ist, noch von äußeren Erwartungen getrieben wird. Im ersten Schritt kann es helfen, sich in Selbstmitgefühl zu üben. Es ist in Ordnung, nicht immer alles perfekt zu machen. Perfekt ist nämlich nicht, was einem von außen eingetrichtert wird, sondern was der eigenen Mental Health guttut. Dafür muss man nicht immer früh aufstehen und jeden Morgen meditieren. Es geht darum, Übungen zu finden, die einem helfen – und dann einen Rhythmus zu finden, der einem auch passt. Schließlich sollte man nicht vergessen, dass man Selfcare und Wellbeing für niemanden anderen als sich selbst macht. Prioritäten setzen (welche Art von Selfcare brauche ich?), Pausen einlegen und Flexibilität bewahren, sind hier die drei goldenen Regeln. Außerdem: Grenzen ziehen, vielleicht mal ein bisschen Digital Detox machen und einen Gang zurückschalten. Dann bekommt man das Problem mit dem Wellbeing Burnout auch schnell wieder in den Griff und kann Meditation und Selfcare endlich wieder so einsetzen, wie es gedacht ist: nämlich um andere Probleme zu lösen.