Und ewig ist Amore: Die besten Rom-Tipps rund um Design, Kunst & Food

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Mattgelb blätterte die Farbe von der Fassade der Villa Rosa. Rosen gab es auch keine, nur ein schmiedeeisernes Gitter, dessen Tor beim Öffnen quietschte. So sehr, dass wir versuchten, es mit Olivenöl vom Salatbuffet zu besänftigen. Wir, das war die Abiturklasse einer katholischen Klosterschule, weshalb die Abschlussfahrt nach Rom ging, inklusive Privataudienz bei Papst Johannes Paul II. – zusammen mit einigen hundert Leuten. Egal, Schwester Oberin frohlockte, wir Schülerinnen mehr noch über ihre im Überschwang erteilte Erlaubnis, uns an zwei Abenden Ausgang bis 23 Uhr zu gewähren. Dafür musste das Tor geschmiert werden, für alle Fälle. Die Adresse der Villa Rosa? Längst vergessen, aber sehr genau erinnere ich mich, dass wir an beiden Abenden zur Piazza Navona liefen. Rund um Berninis barocken Vierströmebrunnen tobte das junge Leben auf dem vielleicht schönsten Platz Italiens. Große Kunst, Lebensfreude, Musik, Eis von La Romana – und dann war da dieser Gitarrenspieler, der „Bella Ciao“sang, hingebungsvoll antifaschistisch. Ich war verliebt, in ihn und in die Ewige Stadt. Vom Jungen mit den langen Locken habe ich kein genaues Bild mehr, nach Rom fahre ich immer wieder.

Was für eine Erleichterung, wenn man die Höhepunkte aller Rom-Guides schon erledigt hat! Das Kolosseum, die Sixtinische Kapelle und den Petersdom, überwältigt war von der Pantheon-Kuppel und den Parks der Villa Borghese samt Galleria. Nie werde ich Caravaggios „David mit dem Kopf von Goliath“vergessen, das Gesicht des jungen Helden, der das Haupt des alten Philisters am Schopf hält, und beide, so glaubt die neuere Forschung, spiegeln ein Selbstporträt des Künstlers. Es fühlt sich gut an, wenn man den Trevibrunnen nur noch passiert, weil er auf dem Weg liegt, man im Garten vom Hotel de Russie lunchte, Pizza aß auf dem Campo de’ Fiori und im Caffè Greco in der eleganten Via Condotti einen Platz ergattern konnte. Wie schön ist es, nach Rom zu reisen ohne To-do-Liste der Highlights, die sowieso niemand vollständig abhaken kann.

David Gramazio, Kunstvermittler, empfiehlt für alle, die Moderne suchen, die Galerie von Valentina Bonomo (Via del Portico d'Ottavia, 13, galleriabonomo.com) mit Kunst und Schmuck im Stadtviertel Regola.

Reise-Tipps: Unsere Autorin über ihre Neuentdeckungen in Rom

Durch die Gassen am Largo del Nazareno schieben sich die Menschen, sie wollen zur Spanischen Treppe und all den anderen Versprechen im Centro Storico. An der Hausnummer 25 hängt ein kleines Bronzeschild mit der Gravur Palazzo Talìa, darunter fünf Sterne. Wenn die schwere Holztür den Blick durch den Torbogen freigibt, sieht man weit am Ende des Korridors einen wagenradgroßen Lüster aus weißem Muranoglas. Die Ewige Stadt mag über 2000 Jahre alt sein, ihre Hotel-Szenerie bietet ständig Neues. Das Allerneueste war bei dieser Reise gleich ein Glücksfall: zwei Nächte im Palazzo Talìa, der im September 2024 offiziell eröffnet hat und zuvor nur wenige Gäste im Soft Opening begrüßte. Einen Extra-Stern verdient die Einzigartigkeit des Hauses, das mal Sitz eines Erzbischofs, Schule für Bedürftige, anschließend Elite-College war und zuletzt viele Jahre leer stand. Nun gehört der Palazzo zur Gruppe der Small Luxury Hotels, wobei sich „small“ nur auf die Zimmerzahl von 26 beziehen kann, denn Raum, viel Raum, Kunstverstand, Eleganz und die kühle Ruhe hinter jahrhundertealten Mauern in direkter Nachbarschaft zu einem Konservatorium und dem Glockenspiel von Santa Maria in Via berühren. Es ist die Handschrift des Studio Luca Guadagnino, das bei der Transformation des Hauses aus dem 15. Jahrhundert so Erstaunliches bewirkte. Das die langen Flure mit den Marmorbüsten von Cäsar, Cicero & Co. mit einem Runway aus abstrakt gemusterten Teppichen verband, Silentium im Innenhof beließ und moderne Gestaltung für Suiten, Restaurant, Bar und Spa entwarf. Das schöne neue Leben verdankt das Hotel nicht zuletzt auch Angelica Federici, deren Familie weitere Hotels besitzt. Sie leitete die sorgfältige Umgestaltung, überwachte die Restaurierung der kostbaren Fresken, das Design der kunstvoll gekachelten Bäder. Die junge Römerin gehört zum Inner Art Circle der Stadt, sitzt in einigen Kuratorien und Förderkreisen. Wie ihr Mann David Gramazio, Gründer und CEO von The Museum Box, die internationale Ausstellungen vermittelt und Strategien für Museen entwickelt.

Delfina Delettrez, Designerin aus der vierten Generation der Fendi-Frauen, findet das Viertel Testaccio mit dem Mercato di Testaccio und den House Music Spots gerade besonders aufregend. Ihr Museumstipp: das Centrale Montemartini (Via Ostiense, 106, centralemontemartini.org) mit römischen Statuen in Industrie-Kulisse.

Reise-Tipps: Unsere Autorin über ihre Neuentdeckungen in Rom

Laura Gonzalez, gefragte Interior Designerin aus Paris, sorgte im Casa Monti für einen fröhlichen Farb- und Mustermix, wie hier in der Suite 403

©C Manfredi,

Gold Maurer leitet die Bibliotheca Hertziana (Via Gregoriana, 30, biblhertz.it) des Max-Planck-Instituts für Kunstgeschichte. Biblio- und Fotothek sind allen zugänglich. Lesenswert: Maurers literarische Exkursion „Rom: Stadt fürs Leben“(Rowohlt).

Wahrscheinlich hat jede*r ein bisschen sein eigenes Rom, weshalb es eine gute Idee ist, sehr unterschiedliche Menschen in der Capitale nach ihren Lieblingsplätzen zu fragen. Angelica Federici und ihrem Mann verdanke ich Momente, die in Erinnerung bleiben werden: die Entdeckung der Künstlerin Carla Accardi (1924–2014) zum Beispiel, Vorreiterin der modernen Abstraktion, mit einer grandiosen Ausstellung im Palazzo Esposizioni Roma; den Besuch in der Litografia Bulla, älteste Lithografie-Manufaktur und crossroad für Künstler und Kunstliebhaber auf der Via del Vantaggio, die in siebter Generation von Beatrice und Flaminia Bulla geführt wird; die Tour durch das Archiv der Fotografin Elisabetta Catalano (1941–2015) im jüdischen Ghetto, die Granden aus Kunst und Literatur porträtierte. Es ist neun Uhr morgens, der Himmel zeigt Rom blau und die Luft ist noch frisch. Eine Verabredung mit Katie Parla in Trastevere ist nur zur früheren Stunde möglich, denn anschließend geht sie auf Genuss-Tour, produziert Videos oder arbeitet an einem ihrer Kochbücher wie das jüngste „Food of the Italian Islands“. Die 44-jährige US-Amerikanerin aus New Jersey – „dort haben alle Familien italienische Wurzeln“ – ist 2003 zum Studium nach Rom gekommen, hat einen Master in Geschichte gemacht und sich dann auf die Küche als Hort der Kulturvermittlung verlegt. Ihre Führungen mit maximal sechs Leuten gehen in Stadtviertel wie Flaminio im Norden, das man vielleicht wegen des MAXXI kennt, dem Museum für Gegenwartskunst nach dem Entwurf von Zaha Hadid. Hierher führt die Bloggerin eine Klientel, die sich für Architektur, Galerien mit zeitgenössischer Kunst und moderne Interior-Shops interessiert. Auf keinen Fall sollte man unterwegs die Bottega Mariani verpassen. Das schicke Deli bietet Modern Roman Food, Köstliches wie die Gnocchetto con Crema di Scampi al Latte di Cocco e Caviale di Lime, dazu gute Weine und junges Designvolk. Trastevere, okay, ist ziemlich busy, sagt Parla, und meint damit voller Tourist*innen, besitzt aber eine junge Barszene, zu der das angesagte Freni e Frizioni gehört. Das Caffè Settimiano in derVia della Scala hatte Parla fürs morgendliche Treffen auch mit Bedacht ausgesucht – Espresso und Dolci zum Dahinschmelzen, dazu der Trastevere-Vibe mit Einheimischen, Bohemiens und Studentenvolk, ein guter Mix.

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Die Casa Monti ist jung und neu. Wenn Dekor und Interior Charakter besitzen, dann sind es in diesem 5-Sterne-Hotel ein leichtes Herz, Esprit und ein besonderes Farbgefühl. Dafür steht Laura Gonzalez mit ihrem schicken Maximalismus. In 26 Zimmern und zehn Suiten, in den beiden Bars, im Restaurant und Susanne Kaufmann Spa, überall bringt die französische Designerin ein wenig Paris nach Rom. Mit handbemalten Wänden, dem Muster- und Materialmix und Chill-Ecken. Monti, wonach das Hotel benannt wurde, liegt auf dem, was von den sieben Hügeln übrig blieb. Oft als hippes Dorf in der Stadt beschrieben, trifft sich Roms Jugend hier am Wochenende auf den Treppenstufen, in den Bars und Restaurants, die sich gern Food Labors nennen.

Rom ist ein Dorf, wenn es um die Kreise geht, in denen sich die Einheimischen bewegen, die Museums- und Galerieleute, die Hoteliers und Gastronomen, die Menschen aus dem Parlament, den Kanzleien und Unternehmen. Es ist sicher keine Übertreibung zu sagen, dass die Amoricos überall ihre Kreise ziehen. Die Geschichte der Travel-Manufaktur ähnelt der Legende vom Tellerwäscher zum Millionär: Angelo Amorico unterhielt einen Fahrservice, der gern von den großen Hotels für besondere Gäste gebucht wurde. Vor 30 Jahren fuhr er Oprah Winfrey durch die Stadt, die von da an nur noch ihn wollte, weil er mit eloquenter Pazienza durch Rom kurvte und dabei eine Leidenschaft für die Schönheit seiner Stadt an die Gäste brachte. Mit den Söhnen Marco und Simone, die in Boston und an der American University of Rome studierten, gründete er 2009 Access Italy als exklusive Maßschneiderei für Italienreisen, befeuert weiterhin durch Oprahs Mundpropaganda in ihren Talkshows und auf Hollywood-Partys.

Costantino D’orazio, Kunstkritiker mit eigener TV-Sendung, hat einen emotionalen Rom-Guide zu den Highlights der Hauptstadt verfasst, die den Schmuck von Bulgari inspiriert haben. Besonders hinreißend sind die Karten verschiedener Illustrator*innen zum Rausreißen.

Reise-Tipps: Unsere Autorin über ihre Neuentdeckungen in Rom

Kleines Juwel: Die Antica Spezieria di Santa Maria della Scala von 1611 im ersten Stock des Klosters in Trastevere. Sie gilt als älteste Apotheke Roms und Europas

©Piergiorgio Pirrone,

Angelica Federici, Hotelierin, liebt die Galerien in der aus „Ein Herz und eine Krone“bekannten Via Margutta, wie Il Marmoraro von Sandro Fiorentini. Gleich gegenüber: die lauschige Osteria La Segreta (Via Margutta, 82, osteriasegretaroma.com).

Beim exquisiten Lunch im Restaurant Adelaide des Hotel Vilòn entwerfen Angelo und Marco schnell mal ein Probe-Programm für die Bazaar-Leserin (Mode-, Kunst- und Designaffin, schon mal in Rom gewesen und mit dem Wunsch: Surprise me!). Da wären der Besuch kleiner Handwerksmanufakturen und Wunderkammern, in einem Haute Couture- oder Schmuck-Atelier (zum Beispiel Fendi und Bulgari), zwischendurch Lunch in einem feinen Original wie dem Ristorante Piperno am Rande des jüdischen Ghettos und die Gelegenheit die Cappella Paolina im Apostolischen Palast mit Gemälden von Michelangelo zu besuchen, normalerweise nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Apropos Exklusivität im Über-Tourismus der Ewigen Stadt: Marina Verkhotina, Hausdame im Palazzo Shedir, nur wenige Schritte von der stets überlaufenen Spanischen Treppe entfernt, erzählt: „Viele unserer Gäste verlassen das Haus gar nicht.“ Warum auch? Wo der Palast allein schon ein großartiges Beispiel der römischen Barock-Ära ist – mit Malereien, Fresken, Statuen, Artefakten in den vier Suiten, den Wandelhallen, dem Spiegelsaal und im verborgenen Borghese-Garten. Auf der Amorico-Liste steht noch ein Dinner bei Da Cesare. Wovon es gleich zwei gibt, einmal in der Via del Casaletto, einmal in der Via del Pellegrino, beide geführt von Maria Pia Cicconi und ihrem Mann Leonardo Vignoli. Das Gourmet-Versprechen: In ihrer Trattoria ist die römische Tradition nicht nur eine Koch-Philosophie, sondern auch eine ständige Suche nach den besten Lebensmitteln: von Guanciale (Schweinebacken, sehr römisch) bis zum Evo-Öl, dem wertvollsten Olivenöl.

Reise-Tipps: Unsere Autorin über ihre Neuentdeckungen in Rom

Rom-Insider empfehlen weiter die Basilica Santa Maria in Trastevere als eine der berührendsten Kirchen; die Pizzeria Ai Marmi in der Viale di Trastevere 53; die Villa Laetitia im eleganten Wohnviertel Prati mit Apartments und Zimmer im Gartenhaus; Gammarelli, die Schneiderei der Päpste und Bischöfe, mit den angeblich besten Seidensocken ...

Was das Schönste war an vier Tagen in Rom? Vielleicht der lange Heimweg zum Hotel, nachts im warmen Dunkel der Stadt nach Pasta, Vino und Dolci, ohne Google Maps durch die mittelalterlichen Gassen und am Tiber-Ufer entlang, vorbei an Palästen und Kirchen ... Und dann dieser Moment an der Piazza Navona mit den Jungen, die wieder „Bella Ciao“ singen.