Experten( )Wissen: Was taugen gesunde Nudelalternativen wirklich?
Dr. Matthias Riedl im exklusiven Interview
Nudeln aus Gemüse, Hülsenfrüchten, Soja oder aus Pseudogetreide wie Quinoa und Amaranth: Alternativen zur klassischen Pasta aus Getreide werden immer beliebter. Doch warum sind sie gesünder als die berüchtigten Teigwaren aus Hartweizengrieß? Und taugen wirklich alle gehypten Produkte etwas? Das erklärt uns der Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl im Interview.
Yahoo Life: Warum sind Nudeln aus Getreide in Verruf geraten?
Dr. Matthias Riedl: Vermutlich sind die klassischen Nudeln, wie wir sie kennen, aufgrund ihres Hauptbestandteils in Verruf geraten, dem Hartweizengrieß. Das ist ein grob gemahlenes Getreideprodukt, das aus geschältem Hartweizen entsteht.
Was ist das Ungesunde am Hartweizengrieß, was passiert genau im Körper?
Hartweizen enthält wertvolle Anteile von Eiweiß, Fett und Wasser sowie Mineralstoffe wie Natrium, Magnesium und Calcium. Es besteht aber auch zu einem Großteil aus Kohlenhydraten. Diese Kohlenhydrate sind im Weizen in Form von Stärke enthalten, einem pflanzlichen Polysaccharid. Bereits in der Mundhöhle spaltet ein Verdauungsenzym diesen Mehrfachzucker auf, wodurch im weiteren Verdauungstrakt die Umwandlung in Glucose erfolgen kann. Diese kann von den Zellen aufgenommen werden. Somit gelangt der Zucker in den Blutkreislauf, wodurch der Blutzuckerspiegel erhöht wird.
Und was ist das Problem dabei?
Da Hartweizengrieß als ein raffiniertes Kohlenhydrat sehr schnell im Darm verdaut und aufgenommen werden kann, steigt auch der Blutzuckerspiegel sehr schnell an. Ein schneller Anstieg des Blutzuckerspiegels führt wiederum zu einem schnellen Abfall und somit zu dem nächsten Hunger, da die Sättigung nicht lange anhält.
Gemüsenudeln, Pasta aus Hülsenfrüchten oder aus Pseudogetreide? Was sind für Sie die besten Alternativen?
Bei Nudelalternativen ist stets auf die Zusammensetzung zu achten. So stellt sich bei Gemüsenudeln die Frage, wie hoch der Gemüseanteil wirklich ist. Werden die Nudeln hingegen beispielsweise aus Zucchini selbst gemacht, benötigen wir auf dem Teller noch eine geeignete Proteinquelle.
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Anders bei den Nudelalternativen aus Hülsenfrüchten, beispielsweise aus Erbsen oder Linsen. Denn Hülsenfrüchte sind von Natur aus sehr proteinreich, beinhalten viele Ballaststoffe, sind kohlenhydratarm und sorgen somit für eine langanhaltende Sättigung. Jedoch nur, wenn diese Hülsenfrüchte auch die Hauptbestandteile ausmachen. Gleiches gilt für Nudeln aus Soja oder aus Pseudogetreide wie Buchweizen, die sich auch als gute Protein- und Ballaststoffquelle eignen.
Was ist der Unterschied zu klassischen Nudeln?
Wie bereits erwähnt haben Nudeln, bei denen der Hauptbestandteil aus Gemüse, Hülsenfrüchten oder Pseudogetreide besteht, einen sehr viel geringeren Kohlenhydratanteil. Hingegen ist der Anteil an Ballaststoffen oder teils auch an Proteinen sehr viel höher. Das führt zu einer längeren Passagezeit im Magen-Darm-Trakt. Die Verdauung wird verlangsamt, der Blutzuckerspiegel steigt langsamer und gleichmäßiger an und die Sättigung hält länger an.
Welche gehypten Produkte machen keinen großen Unterschied?
Wenn der Blick auf die Zutatenliste zeigt, dass es sich bei der gehypten Alternative doch um ein Produkt aus Hartweizengrieß mit einer Zugabe von einer weiteren Zutat handelt oder eventuell sogar als Hauptbestandteil Wasser angegeben ist, kann der Geldbeutel durchaus geschont werden.
Für wen sind Nudelalternativen vor allem geeignet? Sollten Sportler auf sie verzichten?
Geeignete Nudelalternativen sind für alle geeignet, insbesondere natürlich, wenn der Kohlenhydratanteil in der Ernährung reduziert werden soll oder auf eine gesunde Ernährung wert gelegt wird. Wenn ein höherer Bedarf an Kohlenhydraten beispielsweise durch viel Sport besteht, kann ich, wie aber auch im generellen, sehr die Vollkornnudeln als Alternative empfehlen, da zu den Nudeln aus Hartweizengrieß jeder nur in Maßen greifen sollte.
Unser Experte Dr. Matthias Riedl
Dr. Matthias Riedl ist Internist, Ernährungsmediziner und Diabetologe. Der ärztliche Leiter des Medicum Hamburg ist regelmäßig in der NDR-Sendung "Die Ernährungs-Docs" zu sehen. Er ist Co-Chefredakteur der Ernährungszeitschrift "Dr. Riedls Iss Dich gesund" und entwickelte die Ernährungs-App MyFoodDoctor.
Im Video: Sollte man Nudeln wirklich abschrecken?
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