Experten()Wissen: Wie viel Koffein ist zu viel?
Kaffee ist mit Abstand das beliebteste Getränk der Deutschen – und das noch vor Bier und Wasser. Während der Corona-Pandemie ist der Koffeinkonsum sogar noch gestiegen. Doch wie viel Koffein darf Mensch sich gönnen und wie viele Tassen sind eine zu viel? Wir haben mit einem Ernährungsmediziner gesprochen.
Die Deutschen trinken so viel Kaffee wie noch nie zu vor. Der jährliche Verbrauch liegt aktuellen Zahlen aus dem Jahr 2022 zufolge bei stolzen 5 Kilo pro Kopf. Am Tag werden also durchschnittlich vier bis fünf Tassen pro Kaffeetrinker konsumiert. Aufgrund von Homeoffice und mehr Zeit in der Corona-Pandemie ist der Kaffeeverzehr deutlich angestiegen. "Wir wissen natürlich nicht, wie es weitergeht, aber viel mehr Steigerung wünschen wir uns eigentlich nicht“, sagt Prof. Dr. Johannes Wechsler, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner e.V..
"Koffein ist eine Droge. Es hebt den Blutdruck und die Frequenz, es steigert die Vigilanz. Koffein ist Dimethylxanthin, ein kreislauf- und stoffwechselwirksames Mittel, das tatsächlich auch Höchstdosen beinhaltet“, erklärt der Mediziner aus München. "Das heißt herzkranke Patienten können mit vier bis sechs Tassen ein echtes Problem bekommen, Herzrhythmusstörungen oder sonstiges. Das ist nicht zu empfehlen“, warnt er.
Es gebe Studien, die zeigen, dass erhöhter Kaffeekonsum, also alles, was über fünf Tassen am Tag geht, mit vermehrter Herzinfarkthäufigkeit verbunden ist. Das sei vor allem dadurch zu erklären, dass Koffein eine sehr kurze Halbwertszeit hat und damit auf den Kreislauf sehr schnell und stark wirkt. "Wenn Sie den Blutdruck und die Frequenz durch Kaffee um 10 Prozent steigern, dann haben Sie natürlich mehr Belastung für das System. Und wenn das System nicht ganz gesund ist, dann kann das zu Schäden führen“, erläutert der ehemalige Ärztliche Leiter des Zentrums für Ernährungsmedizin und Prävention (ZEP). "Es gibt auch Studien, in denen Cholesterinerhöhungen nach höherem Koffeinkonsum beschrieben wurden. Cholesterin korreliert natürlich mit einem Herzinfarkt.“
Wie viel Koffein ist eigentlich erlaubt?
Zwei, drei, vier, fünf Tassen am Tag – welche Einzeldosis wird eigentlich noch als gesundheitlich unbedenklich erachtet? Für gesunde Erwachsene gilt laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein gesundheitlicher Richtwert von 3 Milligramm (mg) Koffein pro Kilogramm (kg) Körpergewicht. Das bedeutet, dass ein gesunder, etwa 60 bis 70 kg schwerer Erwachsener in einer Dosis bis zu circa 200 mg Koffein zu sich nehmen kann, ohne dass gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten sind. Pro Tag entspricht das etwa zwei Tassen Kaffee.
"Wenn Sie gesund sind, schadet Ihnen der Kaffee in der begrenzten Form von etwa drei Tassen pro Tag nicht“, bestätigt auch Prof. Dr. Wechsler. Bei einer herzkranken Person könne die eine Tasse aber schon zu viel sein. Man könne natürlich nicht festlegen, welche Menge Koffein für den Verbraucher tödlich sei, da man solche Studien nie durchgeführt habe, weil sie ethisch nicht vertretbar sind, doch der Mediziner warnt, dass sich beispielsweise zehn Tassen am Tag negativ auf das Herzkreislaufsystem auswirken und im schlimmsten Fall zu einer Tachykardie führen können. "Wenn Sie gesund sind, können Sie es ausprobieren. Kippen Sie auf die Schnelle fünf Tassen herunter. Dann werden Sie merken, dass Sie ein Herzrasen bekommen, das Sie in dieser Form eigentlich gar nicht haben wollen“, sagt Prof. Dr. Wechsler.
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"Der Kaffee ist gesünder, wenn man das Koffein weglässt, weil die gleichen Substanzen wie Spurenelemente, Antioxidantien usw. drinbleiben, aber diese Wirkung ausbleibt“, erklärt der Facharzt für Innere Medizin. "Der Kaffee schmeckt nicht viel anders, doch die Lebenserwartung ist besser.“ Bei Erkrankungen wie einer koronaren Herzerkrankung, Bluthochdruck oder einer Fettstoffwechselstörung, ebenso nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, sollte man laut dem Ernährungsmediziner besonders aufpassen. Ein Koffeinkonsum sei hier nicht zu empfehlen.
"Kaffee ist Doping. Doping braucht der Mensch manchmal. So wie der Körper bei manchen Menschen nach Alkohol schreit, so schreit er bei anderen nach Koffein oder nach Nikotin. Es ist letztendlich eine Droge, an die Menschen sich leicht gewöhnen“, sagt Prof. Dr. Wechsler.
Ist Koffein gleich Koffein?
"Es ist nicht das gleiche. Im Tee ist Trimethylxanthin. Das hat eine wesentlich geringere Wirkung, aber eine längere Halbwertszeit. Tee hat also positive Kreislaufeffekte, aber wirkt viel länger“, erklärt der Mediziner aus München.
Trimethylxanthin vom Tein sei wesentlich weniger aktiv und deswegen gesünder. Einen Nachteil gibt es beim Grünen Tee, der aus China kommt, dennoch, wie Prof. Dr. Wechsler verrät: "Er hat nach allen Untersuchungen, die ich kenne, eine höhere Schadstoffbelastung als Koffeinkaffee, der gebrannt wird.“
Die gesündeste Alternative zum Kaffee?
Wer nun aber kein Teetrinker ist und auf seine tägliche Dosis Koffein nicht verzichten möchte, könnte dem Ernährungsmediziner zufolge auf einen Espresso umsteigen. "Der macht auch wach, enthält aber nur wenig Koffein“, so Prof. Dr. Wechsler. Und auch der koffeinfreie Kaffee habe ein wenig Koffein in sich. "Wir verbieten in der Ernährungsmedizin Kaffee, Koffein oder Dimethylxanthin nicht. In Dosen genossen ist es, so wie alles andere, nicht schädlich, da es keine wesentlichen Nebenwirkungen hat. Wie Hypokrates schon sagte: Die Menge macht das Gift. Beim Koffein sind drei bis vier Tassen ok, alles was drüber ist, ist eher schädlich.“
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Das gelte in der Medizin für alle Substanzen. "Wenn Sie zu viel Zucker essen, kriegen Sie Diabetes. Wenn Sie zu viel Salz essen, kriegen Sie Hypertonie. Wenn Sie zu viel Fett essen, kriegen Sie einen Herzinfarkt und wenn Sie zu viel Koffein trinken, dann ist das auch nicht gut“, erläutert der Mediziner. "Wenn man Koffein oder Röstprodukte nicht verträgt, dann lässt man es weg oder verdünnt es mit Milch, das bindet die Röstprodukte. Oder man steigt gleich auf Tein im Tee um.“ Prof. Dr. Wechsler empfiehlt eine Regel, die bei allem gelten sollte: "Von allem weniger. Von allem, wenn es geht, die Hälfte.“
Unser Experte: Prof. Dr. Johannes Wechsler
Professor Wechsler ist Präsident des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner e.V., ehemaliger Chefarzt der Internen Abteilung des Krankenhauses Barmherzige Brüder in München und ehemaliger Ärztlicher Leiter des Zentrums für Ernährungsmedizin und Prävention (ZEP). Professor Wechsler ist außerdem Hochschullehrer an der Technischen Universität München. Als Wissenschaftsjournalist hat er zahlreiche Fachpublikationen, Buchbeiträge und Bücher veröffentlicht.
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