Eine Expertin im Interview: Der Longevity-Trend und wie Smart Tracking zu einem gesünderen Lifestyle verhilft

Longevity Trend Interview

Supermodel Gisele Bündchen setzt im Alltag auf einen ausgewogenen Lifestyle – das Grundkonzept von Longevity

Instagram/@gisele,

Longevity – ein Buzz-Wort, bei dem zuallererst US-Milliardäre in den Kopf schießen, die sich dank neuester Technologie nahezu unsterblich machen wollen. Dabei ist das Grundkonzept viel simpler: Ein ausgewogen gesunder Alltag, bestehend aus der richtigen Ernährung, genug Bewegung, mentaler Gesundheit und ausreichend Schlaf. Klingt einfach, ist es im Alltag aber so gar nicht. „Denn dann kommt das Leben dazwischen“, erklärt Dr. Simone Koch.

Die Medizinerin, Biohacking- und Epigenetik-Expertin setzt sich intensiv mit dem Trendthema Longevity auseinander. Und mit der Frage, wie sich ein ganzheitlich gesunder Lifestyle wirklich umsetzen lässt. Für viele Menschen sind Tracking Tools wie Smart Watches oder Smart Ringe die Lösung. Ein Trend, den auch Samsung erkannt hat. Dr. Simone Koch hat die intelligenten Produkte der Marke getestet und InStyle von ihren Erfahrungen berichtet.

Worum es bei Longevity wirklich geht, wie Smart Watches und Co. bei einem gesünderen Lifestyle helfen können und wieso man trotzdem nicht jede Zahl zu ernst nehmen sollte, verrätsie im Interview.

„Es nützt wenig, wenn ich einen tollen Plan aufschreibe, der dann aber nicht umgesetzt wird“  – Longevity-Expertin Dr. Simone Koch im Interview

InStyle: Das Trendthema Longevity ist derzeit überall. Wie wurde es so groß? 

Dr. Simone Koch: Ich selbst habe bereits vor drei Jahren angefangen, mich mit dem Thema Longevity auseinander zu setzen. Damals interessierte es noch kaum jemanden. Aber natürlich wurde es nicht plötzlich zum Trend, das Thema Longevity stammt aus den USA. Im Prinzip dreht es sich um eine verlängerte Gesundheitsspanne. Also den Zeitraum, in dem man wirklich gesund und leistungsfähig ist und all das tun kann, was man gerne tun will. Das Interesse kommt meiner Meinung nach daher, dass die Medizin bei diesem Thema stark versagt hat. Mit moderner Medizin ist es uns gelungen, die Lebensspanne um etwa fünf Jahre zu verlängern – allerdings nicht die Gesundheitsspanne. Bei den meisten Menschen sinkt in den letzten fünf bis zehn Jahren ihres Lebens die Leistungsfähigkeit auf etwa zehn Prozent.

Die Frage ist: Wer möchte so leben? Daraus entwickelte sich eine Bewegung, die darauf abzielt, die Gesundheitsspanne so lange wie möglich zu verlängern. Viele Mediziner*innen stellten fest: Wir agieren nur symptombasiert, indem wir diese behandeln. Wir sollten aber auch schauen, was die Probleme im Alter verursacht und diese so früh wie möglich angehen.

An welchen Beispielen zeigt sich, dass sich die Gesundheitsspanne nicht verlängert?

Das zeigt sich zum Beispiel an chronischen Erkrankungen. 65 Prozent aller Menschen haben mindestens eine chronische Erkrankung, meistens zwei oder drei, die bedingen, dass man Medikamente dauerhaft einnehmen muss. Dazu kommen Medikamente gegen die Nebenwirkungen der Medikamente, was insgesamt die Lebensqualität einschränkt. Optimalerweise sollten wir aber bis kurz vor unserem Lebensende die gleiche Leistungsfähigkeit besitzen. Fähigkeiten, wie spazieren gehen, im Garten zu arbeiten, Enkel vom Kindergarten abholen – simple Dinge, die aber für die meisten Menschen in den letzten fünf bis zehn Jahren ihres Lebens nicht mehr gegeben sind. Bis hin zu Bettlägerigkeit und massiven Einschränkungen der Lebensqualität. Wir können die Lebensspanne mithilfe bestimmter Medikamente verlängern. Wir können das Herz dazu bringen, dass es noch deutlich länger schlägt. Aber das ändert nichts daran, dass die Person kaum noch in der Lage ist, irgendetwas zu tun, was das Leben freudvoll macht.

Ist das Ziel, die Gesundheitsspanne zu verlängern, Aufgabe der Medizin oder können das Menschen bereits selbst im Alltag umsetzen?

Auf Forschungsseite liegt die Aufgabe darin, zu gucken, was überhaupt etwas bringt. Aber am Ende liegt die Verantwortung bei jedem einzelnen. Die Verantwortung zurückzugeben und Eigenverantwortung zu fordern, ist auch Teil der Longevity-Bewegung. Hier geht es darum, präventiv etwas für die eigene Gesundheit zu tun, und zwar so früh wie möglich – Lebensstilmaßnahmen wie Ernährung, Schlaf oder Sport. Es nützt wenig, wenn ich einen tollen Plan aufschreibe, der dann aber nicht umgesetzt wird.

Wie lässt sich das im Alltag umsetzen?

Zum Beispiel, jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen. Der Begriff Social Jetlag benennt, dass man unter einer Art Jetlag leidet, wenn man am Wochenende deutlich länger wach bleibt und versucht, Schlaf nachzuholen, indem man in den Tag reinschläft. Das bringt den Biorhythmus durcheinander und führt zu Funktionseinschränkungen. Die Insulinsensitivität wird schon von einer Nacht schlechtem Schlaf um 30 Prozent eingeschränkt und kann Entzündungen erhöhen. Das klingt zwar einfach, ist es aber in der Umsetzung nicht. Denn dann kommt das Leben dazwischen.

Auch wichtig ist, rund vier Stunden vor dem Schlafengehen nichts mehr zu essen. Das verbessert die Schlafqualität massiv. Auch hier klingt es so einfach, ist in der Umsetzung aber oft gar nicht so leicht. Der Rhythmus korreliert vielleicht nicht mit den Familienmitgliedern oder man hat eine Abendeinladung. Hier kann es total hilfreich sein, Tracking Tools wie eine Smartwatch zu nutzen. Die Galaxy Watch arbeitet zum Beispiel mit Künstlicher Intelligenz und zeigt an, welcher Chronotyp man ist. Da kann ich schwarz auf weiß sehen, dass es schlecht war, gestern Abend so spät noch gegessen zu haben und zu einem massiven Abfall meines Energy Scores geführt hat. Das ist massiv motivierend.

Wie steht es um Bewegung?

Wichtig ist, mindestens einmal am Tag rauszugehen und 20 bis 30 Minuten zu spazieren. Man sollte dabei in irgendeiner Form die Sonne sehen. Einige Longevity-Autor*innen empfehlen sogar zwei Stunden Sonnenlicht am Tag. Das ist in unseren Breitengraden fast nicht möglich. Sollte man es zwischenzeitlich nicht rausschaffen, kann man auch das Fenster aufmachen und in den Himmel gucken. Und sollte nicht einmal das gehen, helfen eine Tageslicht- oder UV-Lampe weiter. Richtiges Tageslicht ist allerdings immer am besten. Selbst durch die Wolken hat die Sonne eine bessere Wirkung als die Lampen. Diese Punkte hören sich so simpel an, sind aber in der Umsetzung gar nicht so einfach, wie gedacht.

Longevity Interview Expertin

Dr. Simone Koch setzt sich schon länger mit Longevity auseinander – nicht erst, seit es ein Trend ist

privat,

Sind Smart Tracker denn für alle Menschen hilfreich oder kann die Datenmessung auch zu innerem Druck führen? 

Es kann definitiv in Druck umschlagen. In einer Studie hat man geschaut, wie sie sich auf das Wohlbefinden auswirken. Einige Menschen, die an der Studie teilnahmen, versuchten auf 10.000 Schritte am Tag zu kommen – egal wie. Sie haben das aber nur gemacht, um diese Zahl zu erreichen. Ich kenne sogar Menschen, die stehen nachts auf und gehen vor ihrem Bett auf und ab, um auf die Schritte zu kommen. Das ist natürlich kontraproduktiv. Man darf sich durch das Tracking nicht massiv unter Druck setzen und muss sich klarmachen, dass die Zahlen, die hier vorgegeben sind, weitestgehend relativ willkürlich sind, aber motivieren sollen. Ob man jetzt 9.995 oder 10.000 Schritte macht, ist völlig egal. Ganz selten gibt es Persönlichkeitstypen, die das alles stresst. Zum Beispiel, weil sie nicht gut schlafen und dann auch noch sehen, wie schlecht. Die sollten keine Tracking Tools nutzen. Das ist aber ziemlich selten, die meisten Menschen motivieren die Tools und es hilft ihnen, neue Erkenntnisse zu erlangen.

Optimalerweise würden wir das alles in uns spüren und so mit uns vernetzt sein, dass wir überhaupt keine Tracking Tools bräuchten. Sind wir aber nicht. Die meisten von uns haben gar nicht die zeitliche Kapazität, um solch eine intensive Introspektion zu machen. Tracking Tools wie die von Samsung können dabei helfen, diese Introspektion zu erlernen. In sich hinein zu spüren und zu schauen, wie es einem wirklich geht.

Es gibt mittlerweile viele verschiedene Tracking Tools – von Uhren bis Ringen. Welche sind denn für welche Menschen geeignet?

Wenn man zum Beispiel die Galaxy Geräte von Samsung vergleicht, sieht man, dass die Watch mehr Messwerte erheben kann als der Ring – vor allem auf sportlicher Seite. Will man bestimmte Sportleistungen tracken, ist die Watch besser geeignet. Dadurch, dass die Uhr am Handgelenk sitzt, ist auch die Messung im Pulsbereich deutlich präziser. Prinzipiell sind die Produkte aber relativ ähnlich. Manche Menschen tragen allerdings nicht so gerne Uhren und dann ist es toll, wenn man die Möglichkeit eines Ringes hat, der sich unauffällig in den Alltag integrieren und angenehm während des Schlafs tragen lässt.

Gibt es neben der Motivation noch andere Vorteile von Tracking Tools für Longevity?

Ein großer Vorteil ist die Früherkennung. Heute hatte ich zum Beispiel ein Gespräch mit einer Patientin, deren Ruhepuls merklich gestiegen ist. Das hätte sie ohne ihre Smartwatch nicht bemerkt. So hatten wir einen Anhaltspunkt dafür, dass etwas nicht stimmt. Wir konnten ermitteln, woran das lag und beheben. Von Tracking Tools kann mittlerweile sogar schon ein EKG abgeleitet werden, was vor allem für ältere Menschen relevant ist. So kann man zum Beispiel vorflimmern ablesen. Da schließt sich der Kreis zu Longevity, wo es darum geht, Dinge frühzeitig zu erkennen. Eigentlich könnten die Produkte auch schon viel mehr, sind diese Fähigkeiten noch nicht medizinisch validiert und zugelassen.

Gesundheit ist sehr individuell: Wie hilfreich sind die Tipps, die durch eine AI beim Tracking erstellt werden am Ende wirklich? 

Die Programmierung ist darauf ausgelegt, dass keine Tipps gegeben werden, die einen gesundheitlichen Schaden hinterlassen könnten. Natürlich stoßen die Produkte noch an ihre Grenzen, insbesondere bei der komplexen Auswertung. Aber die Vorschläge sind schon recht individuell. Außerdem haben Tracking Tools einen wahnsinnigen Sprung gegenüber dem gemacht, was noch vor zwei Jahren möglich war. Die Samsung Galaxy Watch erkennt, was für ein Chronotyp man ist, stellt ein Schlafcoaching zur Verfügung und hat dazu noch einen gewissen Spaßfaktor, der Menschen auf ihrer Gesundheitsreise mehr mit nimmt.

Gibt es Themen, die im öffentlichen Diskurs rund um Tracking Tools noch zu wenig besprochen werden?

Das Thema Mentale Gesundheit findet wenig im Diskurs statt, wahrscheinlich weil sich das noch nicht gut messen lässt. In der Longevity-Forschung ist bekannt, dass das Gefühl, einen Einfluss und einen Sinn im Leben zu haben, sich auch daraus auswirkt, wie lange wir gesund leben. Das wird oft vergessen. Hier steckt auch wieder die Frage drin, ob man sich deswegen sehr stressen sollte, überall das das Optimum zu erreichen: den optimalen Schlaf Score, den optimalen Stress Score, die optimalen Schritte am Tag. Positiv ist, dass die Tools helfen, sich in Communitys wiederzufinden, sich mit anderen Menschen auszutauschen und Dinge gemeinsam zu machen. Wir haben einen großen Einfluss darauf, wie lange wir leben und ob das Spaß und Freude macht, so alt zu werden.

Quellennachweis: Milkman, K. L., Minson, J. A., & Volpp, K. G. (2022). Holding the hunger games hostage at the gym: An evaluation of temptation bundling. Management Science, 68(1), 98-112.